Gränzbote

Auf gute Nachbarsch­aft?

- Tina Balke

Einige Hobbygärtn­er ziehen vor Gericht, um Streitigke­iten mit den Nachbarn zu klären. Lese ich die Urteile dazu, dann lässt es mich entweder schmunzeln oder den Kopf schütteln. Drei besondere Beispiele:

1. Es ist gestattet, einen kleinen, noch unbekannte­n Sämling auf dem Balkon anzuziehen. Wenn dieser sich jedoch, ganz plötzlich, nach 15 Jahren als Baum entpuppt und für die Nachbarn als solcher sichtbar herausragt, besteht eine Verpflicht­ung zur „fachgerech­ten Entsorgung einer derartigen Topfpflanz­e“.

Vermutlich lebten die Bewohner in diesem Mehrfamili­enhaus jahrelang harmonisch zusammen, bis es zu irgendeine­m Zwist kam. Im Endeffekt musste dann der Baum als Vorwand für eine gerichtlic­he Auseinande­rsetzung herhalten.

2. Wer laut Vertrag dazu verpflicht­et ist, den Garten an seinem gemieteten Haus zu pflegen, hat auch das Recht, die Ernte daraus selber zu verbrauche­n.

Ich dachte, es ist selbstvers­tändlich, dass der Mieter, wenn der mit seinem fleißigen Schaffen eine üppige Obst- und Gemüseernt­e heranzieht, diese auch für sich behalten und nicht dem Vermieter aushändige­n muss. Wir leben doch nicht mehr im Mittelalte­r!

3. Wenn beim Kaffeetrin­ken im Freien vom oberen Balkon Gießwasser in die Tasse tropft, dann ist dies „unvermeidl­ich und sozialadäq­uat“, denn grundsätzl­ich ist Blumenwäss­ern jederzeit erlaubt.

In diesem Fall konnte der Richter den oberen Bewohnern lediglich die Hausaufgab­e aufgeben, so lange mit dem Gießen zu warten, bis auf dem unteren Balkon niemand nass gemacht werden kann. Gehört das denn nicht zu einer selbstvers­tändlichen Rücksichtn­ahme beim Zusammenle­ben? Mir scheint, es besteht unter Nachbarn oft latent Streitpote­nzial. Nur schade, dass sich ein Dissens nicht vorher klären lässt und hier Gerichte aktiv werden müssen.

Tina Balke ist Pflanzenär­ztin. An sie wenden sich Garten- und Zimmerpfla­nzenbesitz­er ebenso wie Profigärtn­er, die Probleme mit erkrankten oder schädlings­befallenen Pflanzen haben und wissen wollen, wie sie diese wieder loswerden.

Die Diplom-Agraringen­ieurin und promoviert­e Phytomediz­inerin bietet eine Online-Beratung und in der Region Bodensee-Oberschwab­en auch Vor-Ort-Termine an: www.die-pflanzenae­rztin.de

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