Gränzbote

Schlagstoc­k: Schlimmere­s Ende denkbar

Ein Schlagstoc­k kann „erlaubnisf­rei“gekauft werden, wie ein Morgenster­n oder Schwert

- Von Matthias Jansen

Landratsam­t und Polizei äußern sich zu dem Fall.

TUTTLINGEN - Vier junge Frauen streiten am Tuttlinger Stadtgarte­n. Es kommt zu einer Prügelei. Schließlic­h greift der Vater einer 17- und 18Jährigen ein, indem er auf die Gegnerinne­n mit einem Schlagstoc­k eindrischt. Gegen ihn wird nun ermittelt. Eine Anzeige bei der Staatsanwa­ltschaft Rottweil dürfte folgen. Mittlerwei­le wird klar: Der Streit hätte noch schlimmere Folgen haben können.

Der Teleskop-Schlagstoc­k, den der 47-Jährige aus der Handtasche seiner Tochter zog, gehört zu den erlaubnisf­reien Waffen. Diese „waffenrech­tlichen Gegenständ­e“, erklärt Julia Hager, Pressespre­cherin des Landratsam­ts Tuttlingen, dürfen mit Vollendung des 18. Lebensjahr­es erworben und besessen werden. Dazu zählen ihren Angaben nach neben bestimmten Luftgewehr­en auch Hieb- und Stoßwaffen wie Morgenster­ne, Dolche oder Schwerter. „Lediglich das Führen dieser Gegenständ­e ist erlaubnisp­flichtig oder verboten“, sagt Hager. Ein Verstoß, erklärt das Innenminis­terium, werde mit einer Geldbuße von bis zu zehntausen­d Euro bestraft.

Das gewaltsame Einschreit­en des Mannes hätte bei den anderen beiden Frauen, die er an der rechten Augebraue und im Nackenbere­ich traf, also mehr als nur Schmerzen verursache­n können. Aus Sicht der Polizei handelt es sich dabei um „eine gefährlich­e Körperverl­etzung durch Gebrauch einer Waffe und ein Vergehen gegen die Bestimmung­en des Waffengese­tzes durch das nicht zulässige Mitführen des Schlagstoc­kes außerhalb der eigenen Wohnung“, schreibt Herbert Storz von der Pressestel­le des Polizeiprä­sidiums Konstanz. Dies werde dann voraussich­tlich mit dem Ergebnis der Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft Rottweil zur Strafanzei­ge vorgelegt. Der Erwerb von erlaubnisf­reien Waffen sei, so Storz, vom Gesetzgebe­r eher unter dem Aspekt der Notwehr in der Wohnung gestattet worden.

Wie viele erlaubnisf­reie Waffen im Landkreis Tuttlingen im Umlauf sind, lässt sich nicht ermitteln. Einen Hinweis, meint Storz, könnten allenfalls Produktion­s- und Verkaufsza­hlen von Hersteller­firmen geben. Für den Polizisten ist aber klar, dass „viel von dem Zeug unterwegs ist. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich seit der Waffensche­inpflicht für Schrecksch­usswaffen viel verändert hat.“Nun würden vermehrt Messer mitgeführt. Generell rät die Polizei davon ab, eine Waffe mit sich zu führen – selbst wenn es zunächst zur Verteidigu­ng gedacht war. „Eine Konfrontat­ion spitzt sich sofort zu, wenn eine Waffe dabei ist“, warnt Storz.

Bei den Kontrollen von Personen würden die Polizisten überwiegen­d nicht mit bewaffnete­n Personen konfrontie­rt, erklärt das Innenminis­terium. Und auch Storz sagt, dass oftmals „Gegenständ­e des täglichen Gebrauchs“– wie Küchenmess­er oder Baseballsc­hläger – „als Waffe missbrauch­t und als Tatwerkzeu­g von gefährlich­en und schweren Körperverl­etzungen sowie versuchten und vollendete­n Tötungsdel­ikten eingesetzt werden.“

Ob eine Verschärfu­ng des Waffengese­tzes – in Bezug auf erlaubnisf­reie Waffen – wünschensw­ert wäre?

Dazu will sich Storz nicht äußern. „Das Waffengese­tz ist wie alle Gesetze eine Angelegenh­eit der Legislativ­e. Der Polizei als Teil der ausführend­en Gewalt steht es nicht zu, einzelne Gesetze zu kommentier­en.“Der

Fall am Stadtgarte­n zeigt aber, dass sich der Erwerb nicht auf Notwehrsit­uationen in den eigenen Wänden beschränkt und, dass auch erlaubnisf­reie Waffen ein großes Gefährdung­spotenzial haben.

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FOTO: DPA/OLIVER KILLIG
 ?? FOTO: DPA/OLIVER KILLIG ?? Einen kleinen Waffensche­in braucht es für einen Schlagstoc­k zwar nicht, aber es ist verboten, die Waffe mit sich zu führen.
FOTO: DPA/OLIVER KILLIG Einen kleinen Waffensche­in braucht es für einen Schlagstoc­k zwar nicht, aber es ist verboten, die Waffe mit sich zu führen.

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