Schlagstock: Schlimmeres Ende denkbar
Ein Schlagstock kann „erlaubnisfrei“gekauft werden, wie ein Morgenstern oder Schwert
Landratsamt und Polizei äußern sich zu dem Fall.
TUTTLINGEN - Vier junge Frauen streiten am Tuttlinger Stadtgarten. Es kommt zu einer Prügelei. Schließlich greift der Vater einer 17- und 18Jährigen ein, indem er auf die Gegnerinnen mit einem Schlagstock eindrischt. Gegen ihn wird nun ermittelt. Eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Rottweil dürfte folgen. Mittlerweile wird klar: Der Streit hätte noch schlimmere Folgen haben können.
Der Teleskop-Schlagstock, den der 47-Jährige aus der Handtasche seiner Tochter zog, gehört zu den erlaubnisfreien Waffen. Diese „waffenrechtlichen Gegenstände“, erklärt Julia Hager, Pressesprecherin des Landratsamts Tuttlingen, dürfen mit Vollendung des 18. Lebensjahres erworben und besessen werden. Dazu zählen ihren Angaben nach neben bestimmten Luftgewehren auch Hieb- und Stoßwaffen wie Morgensterne, Dolche oder Schwerter. „Lediglich das Führen dieser Gegenstände ist erlaubnispflichtig oder verboten“, sagt Hager. Ein Verstoß, erklärt das Innenministerium, werde mit einer Geldbuße von bis zu zehntausend Euro bestraft.
Das gewaltsame Einschreiten des Mannes hätte bei den anderen beiden Frauen, die er an der rechten Augebraue und im Nackenbereich traf, also mehr als nur Schmerzen verursachen können. Aus Sicht der Polizei handelt es sich dabei um „eine gefährliche Körperverletzung durch Gebrauch einer Waffe und ein Vergehen gegen die Bestimmungen des Waffengesetzes durch das nicht zulässige Mitführen des Schlagstockes außerhalb der eigenen Wohnung“, schreibt Herbert Storz von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Konstanz. Dies werde dann voraussichtlich mit dem Ergebnis der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Rottweil zur Strafanzeige vorgelegt. Der Erwerb von erlaubnisfreien Waffen sei, so Storz, vom Gesetzgeber eher unter dem Aspekt der Notwehr in der Wohnung gestattet worden.
Wie viele erlaubnisfreie Waffen im Landkreis Tuttlingen im Umlauf sind, lässt sich nicht ermitteln. Einen Hinweis, meint Storz, könnten allenfalls Produktions- und Verkaufszahlen von Herstellerfirmen geben. Für den Polizisten ist aber klar, dass „viel von dem Zeug unterwegs ist. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich seit der Waffenscheinpflicht für Schreckschusswaffen viel verändert hat.“Nun würden vermehrt Messer mitgeführt. Generell rät die Polizei davon ab, eine Waffe mit sich zu führen – selbst wenn es zunächst zur Verteidigung gedacht war. „Eine Konfrontation spitzt sich sofort zu, wenn eine Waffe dabei ist“, warnt Storz.
Bei den Kontrollen von Personen würden die Polizisten überwiegend nicht mit bewaffneten Personen konfrontiert, erklärt das Innenministerium. Und auch Storz sagt, dass oftmals „Gegenstände des täglichen Gebrauchs“– wie Küchenmesser oder Baseballschläger – „als Waffe missbraucht und als Tatwerkzeug von gefährlichen und schweren Körperverletzungen sowie versuchten und vollendeten Tötungsdelikten eingesetzt werden.“
Ob eine Verschärfung des Waffengesetzes – in Bezug auf erlaubnisfreie Waffen – wünschenswert wäre?
Dazu will sich Storz nicht äußern. „Das Waffengesetz ist wie alle Gesetze eine Angelegenheit der Legislative. Der Polizei als Teil der ausführenden Gewalt steht es nicht zu, einzelne Gesetze zu kommentieren.“Der
Fall am Stadtgarten zeigt aber, dass sich der Erwerb nicht auf Notwehrsituationen in den eigenen Wänden beschränkt und, dass auch erlaubnisfreie Waffen ein großes Gefährdungspotenzial haben.