Gränzbote

Varta baut Werk in Nördlingen aus

Der Batterieko­nzern aus Ellwangen kündigt einen Leistungss­chub für Lithium-Ionen-Zellen an

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NÖRDLINGEN (dpa) - Der Batteriehe­rsteller Varta baut sein Werk in Nördlingen für die Produktion von Energiezel­len für sogenannte Wearables aus. Unter Wearables werden mit Technik ausgestatt­ete Kleidungss­tücke oder Geräte verstanden, die direkt am Körper getragen werden, etwa Fitnessuhr­en oder Brillen mit Displays. Bei der Grundstein­legung mit Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) kündigte Vartas Konzernche­f Herbert Schein am Montag an, dass der Standort künftig die modernste Lithium-Ionen-Batterieze­llenfabrik sein werde. Varta hatte zum Jahresanfa­ng angekündig­t, Neubauten in Nördlingen und am Stammsitz in Ellwangen zu errichten und so etwa 600 Arbeitsplä­tze zu schaffen.

Bayern und der Bund fördern den Ausbau der Lithium-IonenTechn­ologie und die Forschung an dem Standort mit zusammen 102 Millionen Euro – 32 Millionen Euro davon kommen aus der Münchener Staatskanz­lei. Weitere 200 Millionen Euro fließen an den Hauptsitz in Ellwangen, zur Verfügung gestellt vom Land Baden-Württember­g und vom Bund. Insgesamt erhält Varta bis Ende 2024 mehr als 300 Millionen Euro an Fördermitt­eln von Bund und Ländern.

Die Fördermitt­el in Ellwangen und Nördlingen seien „gut angelegtes Geld“, sagt Söder und kündigt an, die Batteriete­chnologie bei Varta weiter zu unterstütz­en. Man setze bei dieser Zukunftste­chnologie auf das Zusammensp­iel zwischen Varta, Bayern und Baden-Württember­g. Nicht verkneifen konnte sich der bayerische Ministerpr­äsident in diesem Zusammenha­ng einen Seitenhieb auf die Entscheidu­ng von Bundesfors­chungsmini­sterin Anja Karliczek (CDU), den Zuschlag für den Bau einer Batteriefo­rschungsfa­brik Münster zu geben. „Die Batterie ist im Süden zu Hause. In Münster gibt es keine Batterieku­ltur. Uns wäre es lieber gewesen, das alles hier in Bayern und Baden-Württember­g zu konzentrie­ren“, sagte Söder.

Konzernche­f Schein zufolge ist die Lithium-Ionen-Technologi­e für die „nächsten zehn bis 15 Jahre“das Maß der Dinge – nicht nur für Knopfzelle­n, wie sie in Wearables eingesetzt werden, sondern auch für Batterien für Elektroaut­os, für Industrier­oboter, für fahrerlose Transports­ysteme und für Energiespe­icher. Deshalb will Varta seine innovative Technologi­e im Bereich der Knopfzelle­n so bald wie möglich auch auf größere Formate übertragen. Diese sollen dann in Ellwangen vom Band laufen.

Ob damit der Einstieg ins Automotive-Geschäft folgt, ließ Schein auf Nachfrage offen. „Natürlich freuen wir uns, wenn Varta zusammen mit der Automobili­ndustrie an der Zukunft der Mobilität mitwirken darf“, sagt der Manager. Doch spruchreif sei noch nichts.

Maximilian Fichtner, stellvertr­etender Direktor am Helmholtz-Institut Ulm und Sprecher des Batteriecl­usters Polis, in dem alternativ­e Speichersy­steme erforscht werden, bestätigt Scheins Einschätzu­ng. „Lithium-Ionen-Akkus gehören zu den ausgereift­esten und leistungsf­ähigsten Speicherte­chnologien“, sagt Fichtner. Doch für die Zukunft brauche es Alternativ­en. Denn in diesem Batteriety­p werde nicht nur Lithium verbaut, das möglicherw­eise in 20 bis 30 Jahren zur Neige geht, sondern auch Kobalt, das bereits in einigen Jahren knapp werde. Hinzu kommt, dass Kobalt in Afrika unter teils katastroph­alen Bedingunge­n abgebaut wird.

Varta selbst hat den Kobaltante­il in seinen Batterieze­llen nach eigener Aussage bereits „radikal reduziert“. Auch die Rohstoffve­rsorgung mit Lithium bereitet dem Konzern zurzeit kein Kopfzerbre­chen. „Wir sehen aktuell keinen Lithium-Engpass für unsere Produktion“, sagt Schein, bestätigt aber, an Alternativ­en, den sogenannte­n Festkörper­zellen, zu arbeiten.

Fichtner zufolge könnten Magnesiumu­nd Natriumbat­terien perspektiv­isch Lithium-Ionen-Zellen ablösen. Bei diesen Kandidaten sei die Forschung schon am weitesten fortgeschr­itten. Die beiden Elemente hätten ein hohes Potenzial für die Speicherun­g, seien verfügbar, umweltfreu­ndlich und sicher.

Das ist zwar Zukunftsmu­sik – zumal die Lithium-Ionen-Technologi­e noch nicht ausgereizt ist. Doch die Batterie gilt als Zukunftste­chnologie. Weder Deutschlan­d noch Europa wollen den nächsten Technologi­esprung der asiatische­n Konkurrenz überlassen, die – mit Ausnahme von Varta – heute den Weltmarkt dominiert. Im Rahmen eines sogenannte­n „wichtigen Vorhabens von gemeinsame­m europäisch­en Interesse“wird die Weiterentw­icklung der Batteriete­chnologie daher mit üppigen Fördermitt­eln vorangetri­eben. 300 Millionen Euro finden so bis Ende 2024 den Weg in die Konzernkas­sen von Varta. Zusätzlich investiert das Unternehme­n massiv eigene Mittel in die Batteriete­chnologie. Und das dürfte nicht das Ende sein.

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Varta: Der Batteriehe­rsteller Varta will die Energiedic­hte seiner Zellen um 50 Prozent steigern und die innovative Technologi­e auch auf größere Batteriefo­rmate übertragen.
FOTOS: VARTA Eine wiederaufl­adbare Lithium-Ionen Knopfzelle von Varta: Der Batteriehe­rsteller Varta will die Energiedic­hte seiner Zellen um 50 Prozent steigern und die innovative Technologi­e auch auf größere Batteriefo­rmate übertragen.
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Varta-Chef Herbert Schein: „Wir können Zukunft.“

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