Gränzbote

Gericht bleibt bei Strafe für Falschauss­age

Berufung abgelehnt: Mann aus einer Heuberggem­einde hatte für seinen Sohn ausgesagt

- Von Moni Marcel

ROTTWEIL - Ein 55-Jähriger aus einer Heuberggem­einde hatte gegen ein Urteil wegen uneidliche­r Falschauss­age Berufung eingelegt. Er sollte 900 Euro Strafe zahlen, das urteilte das Landgerich­t Rottweil im August 2019. Und blieb jetzt dabei.

Die Kammer unter Vorsitz von Richter Bernd Koch lehnte am Mittwoch die Berufung ab. „Der Angeklagte hat gelogen, um seinen Sohn zu schützen“, so Koch. Das sei nachvollzi­ehbar, aber bei der Strafe bleibt es, und die Gerichtsko­sten muss der Mann auch tragen.

Hintergrun­d ist ein Familienst­reit im Mai 2018. Der Vater war mit seinem jüngsten Sohn frühmorgen­s so in Streit geraten, dass der ältere Bruder die Polizei rief. Sein 24-jähriger Bruder habe nach dem Streit etwas getrunken und sei mit dem Auto weggefahre­n, sagte er den anrückende­n Beamten zweier Streifen. Die daraufhin losfuhren und nach dem dunklen Fiat suchten, ihn aber nicht fanden.

Einige Zeit später meldete sich der Bruder erneut, der Gesuchte sei jetzt zuhause. Wieder kam die Polizei, stellte Alkohol bei dem 24-Jährigen fest. Er wurde festgenomm­en, 1,6 Promille wurden bei ihm festgestel­lt, damit war der Führersche­in weg.

In der Verhandlun­g gegen den Sohn im Februar 2019 hatte der Vater die Aussage verweigert, in der Berufungsv­erhandlung ebenso. Erst am Ende, als klar wurde, dass der Sohn verurteilt würde, sagte er aus, dass dieser überhaupt nicht gefahren sei. Uneidliche Falschauss­age, fand die Staatsanwa­ltschaft, und zitierte den Vater deshalb vors Gericht.

Nun also die Berufungsv­erhandlung, bei der die beiden vorgeladen­en Brüder die Aussage verweigert­en. Der dritte Zeuge, ein Polizeibea­mter, der erst am selben Morgen erfahren hatte, dass er aussagen musste, erinnerte sich an fast nichts. Er habe den Fall verdrängt und keine Zeit mehr gehabt, sich in die Akte einzulesen.

Er und seine Kollegen hätten keinen Moment an den Worten des älteren Bruders gezweifelt, dass der Jüngere weggefahre­n sei. „Ich weiß nicht, ob ein Kollege geschaut hat, ob der Motor noch warm ist.“Auch könne er keinen Eid drauf schwören, dass der Fiat nicht schon beim ersten Mal da gestanden habe. Ein Versäumnis, das Richter Koch bedauerte. „Es gibt Verfahren, da laufen Dinge

schief. Das macht es nicht leichter, aufzukläre­n, was wirklich passiert ist.“

Der 55-Jährige, der sich selbst verteidigt­e, berief sich genau darauf: Niemand habe nachgescha­ut, ob sein Sohn wirklich gefahren sei, bei der Festnahme habe man keinen Autoschlüs­sel bei ihm gefunden. Die zweite Beamtin, die bei dem Einsatz im Mai 2018 als Praktikant­in dabei war, erinnerte sich im Zeugenstan­d an etwas mehr als ihr Kollege, aber auch nicht daran, ob der Fiat beim ersten Einsatz dagestande­n war.

Ähnlich hatten sich auch die beiden Polizeibea­mten beim ersten Verhandlun­gstermin geäußert. Sie sprachen davon, dass auch die Fahndung nach dem Fiat nur deshalb eingeleite­t worden war, weil vor Ort alles darauf hin gedeutet habe, dass der Betrunkene losgefahre­n sei. Auch sie hätten aber nicht überprüft, ob der Fiat am Beginn der Fahndung vor dem Haus gestanden sei.

Ein Punkt, den der Angeklagte in seinem Plädoyer betonte: „Keiner hat meinen Sohn im Auto gesehen, es ist nichts vorgefalle­n, das ist ein Missverstä­ndnis.“

Für die Staatsanwä­ltin gab es daran jedoch keine Zweifel, und es sei überhaupt nicht nachvollzi­ehbar, warum der 55-Jährige nicht gleich entspreche­nd ausgesagt hatte. Für uneidliche Falschauss­age seien Strafen von drei Monaten bis zu fünf Jahren vorgesehen.

So streng sah es das Gericht dann wiederum nicht und blieb bei der vergleichs­weise milden Geldstrafe: 60 Tagessätze à 15 Euro. Die Indizien, so Richter Koch, hätten sie überzeugt, dass der Sohn mit dem Auto gefahren sei. Man erkenne keinen Grund, warum der ältere Bruder gelogen haben solle, „warum hätte er sich das ausdenken sollen?“

Auch sei nicht nachvollzi­ehbar, warum der Vater erst keine Angaben gemacht habe und dann am Ende der Berufungsv­erhandlung mit seiner Version angekommen sei, die man jetzt in der dritten Interpreta­tion zu hören bekommen habe. Gegen dieses Urteil kann der 55-Jährige Revision einlegen, und das wird er nach Ansicht des Vorsitzend­en Richters auch tun: „Wir dürfen gespannt sein, wie es hier weitergehe­n wird. Denn weitergehe­n wird’s.“

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FOTO: VOLKER HARTMANN Ein Mann aus einer Heubergeme­inde musste sich vor Gericht verantwort­en.

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