Kreisgesundheitsamt könnte nach Spaichingen umziehen
Kreistag berät über weiteres Vorgehen am „Gesundheitscampus Spaichingen“– Betreibergesellschaft als GmbH
SPAICHINGEN - Der künftige „Gesundheitscampus Spaichingen“wird als GmbH unter dem Dach des Landkreises Tuttlingen betrieben. Das hat der Kreistag am Donnerstag in Wehingen einstimmig beschlossen. Auf den Tisch kam bei der Sitzung in der Schlossberghalle auch der Vorschlag der Kreisverwaltung, dort künftig neben weiteren Einrichtungen das Kreisgesundheitsamt unterzubringen.
Den „Zuwachs an Mitarbeitern“bei der Kreisverwaltung nannte Landrat Stefan Bär als Grund für die Überlegungen. So bekommt die Kreisgesundheitsbehörde wegen der Pandemie zusätzliche Mitarbeiter. Auch das Versorgungsamt und die Frühförderstelle „Bärenstark“sollen an den Spaichinger Campus, der ja ein kreiseigenes Gebäude ist, umziehen – weil diese Ämter „von ihrem Aufgabengebiet gut zu dessen künftiger Nutzung passen würden“. Der Kreistag solle später darüber befinden, ob eine Nutzung für diese Kreisämter in Frage komme.
„Zur Not können sie vorerst im Gebäude Luginsfeldweg auf dem Tuttlinger Klinikareal untergebracht bleiben.“
CDU-Kreisrat Markus Hugger, der neue Spaichinger Bürgermeister, betonte, dass die ärztliche Versorgung Priorität habe. Das sah auch Bär so, wies jedoch auf den „dann noch bleibenden Platz“am Gesundheitscampus hin. Hermann Polzer (Grüne) regte an, dass der Kreis bei seinem Raumkonzept jüngste Erkenntnisse über die Arbeit im Homeoffice berücksichtigen solle. Der Kreistag beschloss einstimmig, im Zuge der Bürgergespräche für die künftige Nutzung des Campus der Stadt „anzubieten“, die drei Kreisämter dort unterzubringen.
Der Bürgerbeteiligungsprozess ist inzwischen angelaufen: Er werde parallel zur Suche nach Ärzten für den Campus vorangetrieben, sagte Bär, Empfehlungen an den Stadtrat sollen bis Jahresende stehen. Im September soll die erste von drei
Gesprächsrunden in diesem Jahr mit der Dialoggruppe sein. Man werde den Prozess der Bürgerbeteiligung „wertschätzend wahrnehmen“, versicherte der Landrat. Bernhard Schnee (CDU) regte an, ein „Portal“zu schaffen, in dem auch weitere Bürger Anregungen einfließen lassen könnten. Bär sagte, dass dieses schon vorbereitet sei: „Eine neue Homepage für das Gesundheitszentrum Spaichingen kommt“. Ihm sei es wichtig, „dass eine Einrichtung entsteht, die in Spaichingen als positive Erweiterung gesehen wird“. Dem Dialogprozess stimmte der Kreistag einhellig zu.
Bär erläuterte den aktuellen Sachstand: Die Konzeption der Firma Oberender für ein „intersektorales Gesundheitszentrum“mit erweiterter ambulanter Versorgung (wir berichteten) sei auf „ausdrückliche Zustimmung“in den Fachreferaten des Sozialministeriums gestoßen. „Wir sind dabei, mit dem Ministerium
einen Förderantrag zu stellen“, sagte Bär. Auch Gespräche mit der AOK als „größter Krankenkasse, der die anderen folgen“, hätten sich positiv entwickelt. Sie habe signalisiert, dass die Verträge für das Modellvorhaben abgeschlossen werden könnten und sie das Konzept mit auf den Weg bringen wolle.
Nun werde das Projekt in einer Gesprächsrunde auf Ministeriumsebene vorgestellt, sagte Bär.
Änderungen seien lediglich bei der Kurzzeitpflege notwendig, ein laut Landrat „kleiner Rückschlag“: Das Sozialministerium halte das geplante ambulante Setting als Wohngemeinschaft fachlich wegen des hohen pflegerischen Aufwands nicht für geeignet. Stattdessen solle der Betrieb stationär abgewickelt werden. Dafür muss noch ein geeigneter Betreiber gefunden werden. Man sei „in Gesprächen mit einem Träger aus dem Landkreis Tuttlingen, der darin Erfahrung hat“, sagte Bär. „Wir spüren, dass es ein großes Interesse dieses Trägers gibt, mit uns an der Kurzzeitpflege in Spaichingen zu arbeiten.“
Der Vorschlag der Firma Oberender, eine GmbH als Rechtsform zu wählen, die an den Landkreis angedockt ist, stieß auf allgemeine Zustimmung. Bär sagte, dass auch das Regierungspräsidium Freiburg seine Zustimmung zugesagt habe. Bürgschaften für die Krankenkassen seien ebenfalls genehmigt.
„Man spürt, dass wir insgesamt auf einem guten Weg sind“, sagte Markus Hugger. Ziel müsse es nun sein, die ärztliche Versorgung in Spaichingen und im nördlichen Landkreis sicherzustellen. Dankbar sei er für die Bürgerbeteiligung. „Wenn gute Ideen kommen, müssen diese Gehör finden und eingebaut werden.“
Ziel sei es, dass in Spaichingen eine „wirtschaftlich tragfähige und medizinisch sinnvolle Einrichtung ist“, sagte Dr. Sebastian Freytag, der neue Geschäftsführer der Klinikum Landkreis Tuttlingen GgmbH, der sich im Kreistag vorstellte. Eine wohnortnahe Versorgung sei wichtig.
„Die Menschen im nördlichen Landkreis sollen Tuttlingen als ihr Klinikum sehen“, antwortete Freytag auf eine Frage von Isabella Kustermann (Freie Wähler). Das Tuttlinger Klinikum sei nur weiterzuführen, „wenn es vom gesamten Landkreis getragen wird“.