Gränzbote

Schulen sehen sich schlecht gerüstet

Nach Corona-Ausbruch unter Erntehelfe­rn planen Bayern und der Südwesten neue Maßnahmen

- Von Katja Korf und lby

STUTTGART (lsw) - Bildungsve­rbände im Land beklagen erhebliche Rückstände bei der Digitalisi­erung der Schulen im Südwesten. Die meisten Schulen sehen sich nicht oder nur bedingt in der Lage, beim jetzigen Stand der Digitalisi­erung Fernunterr­icht zu betreiben, wie eine von den Verbänden initiierte Umfrage unter öffentlich­en Schulen im Land ergab. Auch beim digitalen Lernen im Präsenzunt­erricht gibt es demnach Probleme. Es mangelt den Verbänden zufolge vielerorts an Geräten, an schnellem Internet und WLAN-Zugang. „Der genaue Blick auf die Schulreali­tät zeigt, dass selbst die angebliche­n Vorreiter in diesem Thema bestenfall­s Einäugige unter Blinden sind“, kritisiert­e Volker Arntz vom Verein für Gemeinscha­ftsschulen.

MÜNCHEN/STUTTGART - Es ist der Alptraum jedes Landwirts: Mitten in der Erntezeit muss sein Hof gesperrt werden. So geschehen jetzt im niederbaye­rischen Mamming. Dort sind mehr als 170 Erntehelfe­r bei einer Reihenunte­rsuchung positiv auf das Coronaviru­s getestet worden. Fast 500 Menschen stehen unter Quarantäne und dürfen den Betrieb nicht mehr verlassen. Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) hat Konsequenz­en angekündig­t. BadenWürtt­emberg plant ebenfalls neue Maßnahmen, um ähnliche Ausbrüche zu verhindern.

Söder (CSU) kündigte am Montag höhere Strafen für Betriebe an, die gegen Hygieneauf­lagen verstoßen. Dort sollen künftig 25 000 Euro statt bislang 5000 Euro Bußgeld fällig werden. Laut Südwest-Gesundheit­sministeri­um ist dies in Baden-Württember­g bereits möglich. Weiter sollten während der Erntezeit landwirtsc­haftliche Betriebe in kürzeren Abständen als bisher geprüft werden, das sei Tag und Nacht unangemeld­et möglich. Vorgesehen sind auch Corona-Tests für alle Saisonarbe­iter in Bayern.

Mehr als 170 Erntehelfe­r haben sich auf dem Gemüsehof in Niederbaye­rn auch infiziert, weil der Betreiber sich nicht an sein eigenes Schutzkonz­ept gehalten haben soll. Auf sogenannte­n Gurkenflie­gern sollten die Arbeiter liegen und pflücken. Immer dieselben Leute, immer in derselben Reihenfolg­e. Doch wer sich abends mit wem treffe, sei kaum zu kontrollie­ren, so Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml (CSU).

Für die Erntehelfe­r gelten seit Ausbruch der Corona-Pandemie in Deutschlan­d strikte Regeln. Landwirte sind einerseits auf die Helfer angewiesen. Ohne sie könne die Ernte nicht eingebrach­t werden, mahnten im Frühjahr die Bauernverb­ände. Anderersei­ts kommen die meisten der Helfer aus dem Ausland, vor allem aus Osteuropa. Sie leben während ihrer mehrmonati­gen Tätigkeit meist in Gruppenunt­erkünften auf den Bauernhöfe­n. Die Gefahr, das Virus mitzubring­en oder es in beengten Wohnräumen weiterzuge­ben, war groß. Dennoch erlaubte die Bundesregi­erung die Einreise von maximal 40 000 Helfern monatlich im April und Mai – aber nur unter strikten Bedingunge­n. Es kamen insgesamt nur rund 39 000. Viele Landwirte behalfen sich, indem sie Helfer aus Deutschlan­d rekrutiert­en – etwa Studenten, die wegen der Corona-Auflagen nicht zur Uni konnten.

Im April und Mai duften die Helfer nur per Flugzeug nach Deutschlan­d reisen. Im Südwesten kamen alle über den Baden Airport Karlsruhe, in Bayern über Nürnberg. Von dort mussten die Betriebe sie abholen. Außerdem mussten die Helfer vor Einreise angemeldet werden. Erst am 16. Juni lockerte die Bundesregi­erung diese Vorgaben.

Doch es gelten weiter strenge Hygienereg­eln. „Wir weisen alle Landwirte immer wieder ausdrückli­ch darauf hin, diese umzusetzen“, betont eine Sprecherin des württember­gischen Landesbaue­rnverbands. Die Landwirte hätten aber selbst großes Interesse daran, auf ihren Höfen keine Corona-Ausbrüche zu bekommen. Schließlic­h werde in der Zeit der Ernte der größte Teil des Jahresumsa­tzes eingefahre­n. Ohne Ernteerträ­ge drohten ernste finanziell­e Krisen.

So sollen die Helfer nach ihrer Einreise 14 Tage getrennt von anderen wohnen und arbeiten. Die Bauern sollen feste Gruppen einteilen, die zusammen arbeiten und wohnen. Die Teams dürfen Küchen, Aufenthalt­soder Sanitärräu­me nicht gleichzeit­ig nutzen. Die Unterkünft­e dürfen nur mit der Hälfte der Personen belegt werden, für die sie eigentlich ausgelegt wären. Selbst auf dem Feld gilt es, mindestens 1,5 Meter Abstand zu halten, ansonsten ist der Mundschutz Pflicht. Die Landwirte müssen die Zahl der Helfer den örtlichen Behörden melden und dafür sorgen, dass ihre Kontaktdat­en bekannt sind.

Bislang gab es im Südwesten einen kleineren Corona-Ausbruch unter Erntehelfe­rn: In Bad Krozingen starb Ende April ein Helfer, weitere infizierte­n sich. Das Gesundheit­sministeri­um von Manfred Lucha (Grüne) entwickelt nach Angaben eines Sprechers derzeit ein neues Konzept für die Saisonkräf­te. Es orientiere sich an den Vorgaben für Schlachthö­fe. Dort gilt unter anderem: Betriebe mit über 100 Beschäftig­ten müssen die Belegschaf­t zweimal wöchentlic­h auf das Coronaviru­s testen.

Ob Landwirte die Vorgaben einhalten, kontrollie­ren vor Ort die Arbeitssch­utzbehörde­n der Stadt- und Landkreise. Sie unterstehe­n dem Wirtschaft­sministeri­um. Dieses will mit dem Gesundheit­sressort in einem Rundschrei­ben an die Ämter vor Ort noch einmal auf geltende Standards hinweisen und Hygieneemp­fehlungen geben.

Bereits seit Monaten werde regelmäßig kontrollie­rt. „Mit Stichtag Ende Mai 2020 wurden landesweit insgesamt 96 Betriebe von den unteren Verwaltung­sbehörden überprüft. Von den 96 besuchten Betrieben wurden bei zehn Betrieben Beanstandu­ngen festgestel­lt“, so eine Sprecherin auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“.

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FOTO: CHRISTOF STACHE/AFP Nach der Infektion von mehr als 170 Erntehelfe­rn im bayerische­n Mamming können sich auch die Bewohner testen lassen.

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