Gränzbote

Was da alles kreucht und fleucht

Naturfreun­de bestimmen an der Donau in Tuttlingen Tiere und Pflanzen – und suchen noch Mitstreite­r

- Von Christina Mikalo

TUTTLINGEN - Zwischen Großbruck und Stadthalle hat sich ein kleines Paradies für die Umwelt entwickelt. Das nehmen Naturfreun­de zum Anlass, um dort Tiere und Pflanzen zu bestimmen. Wer mag, kann sie dabei unterstütz­en.

„In Zeiten von Corona muss man nicht weit weg fahren, um die Natur zu erleben. Das geht – oh, eine Sumpfschaf­gabe!“Alois Kapfer bricht mitten im Satz ab und bückt sich zu einer Pflanze mit weißen Blüten herab. „Die ist selten geworden“, freut er sich über seinen Fund.

An der Donau, wo sich der Landschaft­sökologe aufhält, gedeiht die

Pflanze aber noch prächtig. Und mit ihr unzählige andere.

Seit dem teilweisen Rückbau des Ludwigstal­er Wehrs hat sich das Flussbett zwischen Großbruck und Stadthalle zu einem Hotspot der Biodiversi­tät entwickelt. Überall blühen Pflanzen, Bienen und Schmetterl­inge schwirren um sie herum. Im Wasser ziehen kleine Fische ihre Runden.

„Hier findet man heutzutage alles Mögliche: von der Wildbiene bis zum Blutweider­ich“, sagt Kapfers Mitstreite­rin Gesine Plener. Alle Naturbeoba­chtungen hält sie auf einer Liste fest. „Seit wir vor rund zwei Wochen mit dem Zählen begonnen haben, haben wir schon über vierzig Tiere und Pflanzen bestimmt“, berichtet sie.

In nächster Zeit sollen es noch mehr werden. Plener und Kapfer haben ein Citizen-Science-Projekt ins Leben gerufen. Auf Deutsch heißt das so viel wie Bürgerwiss­enschaft – eine offene Form des Forschens, bei der jeder mitmachen kann.

„Früher war Wissen oft Experten vorbehalte­n. Sie haben die Bürger belehrt“, erklärt Kapfer. „Wir wollen das vermeiden.“

Plener ergänzt: „Uns geht es darum, voneinande­r zu lernen.“Der Spaß am Forschen, Beobachten und Sammeln in der freien Natur stehe im Vordergrun­d. Wer will, dem geben die Naturfreun­de aber auch Tipps. Zum Beispiel darüber, welches Bestimmung­sbuch sich am besten zum Identifizi­eren von Pflanzen eignet. „Wir sind da ziemlich offen“, sagt Kapfer. „Die Leute können auch allein losziehen und mir ihre Beobachtun­gen anschließe­nd per E-Mail zukommen lassen.“

Schöner fände er es aber, gemeinsam in der Gruppe auf Tier- und Pflanzenja­gd zu gehen. Etwa einmal wöchentlic­h treffen sich Kapfer, Plener und ihre Mitstreite­r derzeit an der Stadthalle. Von dort aus gehen sie runter zum Fluss.

Der BUND-Vorsitzend­e Berthold Laufer ist mit an Bord, außerdem ein Student aus dem Schwarzwal­d, der sich mit Libellen auskennt. „Was wir noch brauchen, wäre ein Angler, der etwas von Fischen versteht“, sagt Kapfer, dessen eigenes Spezialgeb­iet Pflanzen sind. Bis September möchten er und seine Mitstreite­r ihre Beobachtun­gen noch fortsetzen. Er hofft, bis dahin noch einige Mitstreite­r zu finden.

„Das wäre einfach schön. Vor allem, wenn sich noch ein paar junge Leute fänden, die sich für die Natur begeistern“, hofft Kapfer. Er und Gesine Plener sind nämlich überzeugt, dass sich auch vor der heimischen Haustür viel entdecken lässt – wenn man nur genau hinschaut.

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FOTO: CHRISTINA MIKALO Ungefähr einmal in der Woche suchen Gesine Plener und Alois Kapfer an der Donau nach Tieren und Pflanzen.

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