Was da alles kreucht und fleucht
Naturfreunde bestimmen an der Donau in Tuttlingen Tiere und Pflanzen – und suchen noch Mitstreiter
TUTTLINGEN - Zwischen Großbruck und Stadthalle hat sich ein kleines Paradies für die Umwelt entwickelt. Das nehmen Naturfreunde zum Anlass, um dort Tiere und Pflanzen zu bestimmen. Wer mag, kann sie dabei unterstützen.
„In Zeiten von Corona muss man nicht weit weg fahren, um die Natur zu erleben. Das geht – oh, eine Sumpfschafgabe!“Alois Kapfer bricht mitten im Satz ab und bückt sich zu einer Pflanze mit weißen Blüten herab. „Die ist selten geworden“, freut er sich über seinen Fund.
An der Donau, wo sich der Landschaftsökologe aufhält, gedeiht die
Pflanze aber noch prächtig. Und mit ihr unzählige andere.
Seit dem teilweisen Rückbau des Ludwigstaler Wehrs hat sich das Flussbett zwischen Großbruck und Stadthalle zu einem Hotspot der Biodiversität entwickelt. Überall blühen Pflanzen, Bienen und Schmetterlinge schwirren um sie herum. Im Wasser ziehen kleine Fische ihre Runden.
„Hier findet man heutzutage alles Mögliche: von der Wildbiene bis zum Blutweiderich“, sagt Kapfers Mitstreiterin Gesine Plener. Alle Naturbeobachtungen hält sie auf einer Liste fest. „Seit wir vor rund zwei Wochen mit dem Zählen begonnen haben, haben wir schon über vierzig Tiere und Pflanzen bestimmt“, berichtet sie.
In nächster Zeit sollen es noch mehr werden. Plener und Kapfer haben ein Citizen-Science-Projekt ins Leben gerufen. Auf Deutsch heißt das so viel wie Bürgerwissenschaft – eine offene Form des Forschens, bei der jeder mitmachen kann.
„Früher war Wissen oft Experten vorbehalten. Sie haben die Bürger belehrt“, erklärt Kapfer. „Wir wollen das vermeiden.“
Plener ergänzt: „Uns geht es darum, voneinander zu lernen.“Der Spaß am Forschen, Beobachten und Sammeln in der freien Natur stehe im Vordergrund. Wer will, dem geben die Naturfreunde aber auch Tipps. Zum Beispiel darüber, welches Bestimmungsbuch sich am besten zum Identifizieren von Pflanzen eignet. „Wir sind da ziemlich offen“, sagt Kapfer. „Die Leute können auch allein losziehen und mir ihre Beobachtungen anschließend per E-Mail zukommen lassen.“
Schöner fände er es aber, gemeinsam in der Gruppe auf Tier- und Pflanzenjagd zu gehen. Etwa einmal wöchentlich treffen sich Kapfer, Plener und ihre Mitstreiter derzeit an der Stadthalle. Von dort aus gehen sie runter zum Fluss.
Der BUND-Vorsitzende Berthold Laufer ist mit an Bord, außerdem ein Student aus dem Schwarzwald, der sich mit Libellen auskennt. „Was wir noch brauchen, wäre ein Angler, der etwas von Fischen versteht“, sagt Kapfer, dessen eigenes Spezialgebiet Pflanzen sind. Bis September möchten er und seine Mitstreiter ihre Beobachtungen noch fortsetzen. Er hofft, bis dahin noch einige Mitstreiter zu finden.
„Das wäre einfach schön. Vor allem, wenn sich noch ein paar junge Leute fänden, die sich für die Natur begeistern“, hofft Kapfer. Er und Gesine Plener sind nämlich überzeugt, dass sich auch vor der heimischen Haustür viel entdecken lässt – wenn man nur genau hinschaut.