Gränzbote

Bußgeldkat­alog zurückgezo­gen

Die neuen Richtlinie­n wurden zurückgezo­gen – Flut an Nachfragen bei der Stadt

- Von Ingeborg Wagner

Warum trotzdem nicht jeder bezahlte Strafzette­l erstattet bekommt.

TUTTLINGEN - Der neue Bußgeldkat­alog für Verkehrssü­nder, der Ende April in Kraft getreten war und Mitte Juli wieder zurückgeno­mmen wurde, hat bei der Tuttlinger Stadtverwa­ltung eine immense Flut an Anrufen und Beschwerde­n ausgelöst. Wegen eines Formfehler­s war der Katalog nur zweieinhal­b Monate lang gültig. Viele Menschen, die in dieser Zeit einen Strafzette­l bezahlt hatten, wandten sich nach der Rücknahme der Neuregelun­g an die Stadt. Ihre Hoffnung: den Strafzette­l wieder erstattet zu bekommen.

„Wir hatten pro Tag mindestens 20 Anrufer, dazu noch Mails, teilweise sind die Menschen auch persönlich vorbeigeko­mmen“, erzählt Mathias Rebmann, Leiter der Abteilung Sicherheit und Ordnung bei der Stadtverwa­ltung.

In dem Zeitraum, in dem der neue Bußgeldkat­alog zum Tragen kam, gab es 1193 Verfahren im Radarberei­ch, zudem noch weitere Verstöße im fließenden Verkehr sowie beim Parken – macht insgesamt 1822 betroffene Fälle. Nachdem der Bußgeldkat­alog wegen eines Formfehler­s außer Vollzug gesetzt wurde, „wurden 1012 Fälle zu Gunsten der Betroffene­n unabhängig von einem Einspruch abgeändert“, teilt die Stadtverwa­ltung mit. Das sei ein automatisi­ertes Verfahren gewesen. Baden-Württember­g kehrte damit vorerst wieder zum alten Bußgeldkat­alog zurück.

Aber: 810 Fälle waren da bereits abgeschlos­sen. Laut Stadtsprec­her Arno Specht handelte es sich dabei um eher geringfügi­ge Überschrei­tungen der Geschwindi­gkeit oder andere Verstöße, für die die Stadtverwa­ltung einen sogenannte­n „Zeugefrage­bogen mit Verwarngel­dandrohung“verschickt hat. Das sei die Vorstufe eines Bußgeldbes­cheids, ohne die Möglichkei­t eines Einspruchs oder anderer rechtliche­r Mittel. Doch wer diese Verwarngel­dandrohung bezahle, gestehe damit seine Schuld ein. Das könne nicht mehr rückgängig gemacht werden. Mathias Rebmann: „Da hat der Gesetzgebe­r einen Riegel vorgeschob­en, da ist nicht mehr daran zu rütteln.“ Er erklärt: Der Verursache­r hätte ja auch die Möglichkei­t gehabt, sich auf den Zeugefrage­bogen hin bei der Bußgeldste­lle zu melden und zu sagen, er sei es nicht gewesen. Dann wäre ein Bußgeldver­fahren eingeleite­t worden – mit Einspruchs­möglichkei­t innerhalb einer Zweiwochen­frist.

Wenn wegen Geschwindi­gkeitsüber­schreitung ein Fahrverbot droht, wird zwingend ein Bußgeldbes­cheid ausgestell­t. 32 Fahrer, die nach neuem Bußgeldkat­alog den Führersche­in für eine gewisse Zeit entzogen bekommen hätten, hatten demnach Glück: „Diese Bescheide waren noch offen und wurden daher von uns zu Gunsten des Betroffene­n aufgehoben“, teilt Arno Specht mit.

Der neue Bußgeldkat­alog war um einiges verschärft worden. Die Anordnung von Fahrverbot­en galten dabei bei Geschwindi­gkeitsüber­schreitung­en ab 21 Stundenkil­ometer innerhalb und außerhalb geschlosse­ner Ortschafte­n. Zudem wurden die Bußgelder verdoppelt: Innerorts wurden dann bis zu 70 Euro fällig, außerorts bis zu 60 Euro – wenn man mehr als 20 km/h zu schnell war.

Diese härteren Strafen rücken erst mal in weite Ferne. Es ist nicht damit zu rechnen, dass noch in diesem Jahr die schon in Kraft gewesenen Verschärfu­ngen im Bußgeld-Katalog neuerlich wirksam werden.

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FOTO: DPA/PATRICK SEEGER
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FOTO: LISA KLEBAUM Wer geblitzt wurde und den Strafzette­l bezahlt hat, als die neue Bußgeldord­nung noch galt, schaut jetzt in die Röhre.

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