Gränzbote

Post von Amazon

- untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Menschen mit sozialem Gewissen versuchen, die Paketpacke­r von Amazon so gut es geht zu meiden, denn für seine Menge an Gewinn zahlt Amazon definitiv eine Menge zu wenig an Steuern – und den Mitarbeite­rn zu wenig Gehalt. Außerdem führt die Tatsache, dass alles im Netz bestellt werden kann – Kokospalme­n, Gulaschsup­pe, Feldhamste­r – dazu, dass es eines Tages keine Einzelhänd­ler mehr gibt in den Innenstädt­en. Das wäre schade, denn es gibt nichts Schöneres, als in Buchhandlu­ngen so lange zu schmökern, bis eine besorgte Angestellt­e kommt, mit der man so tiefgründi­g über Murakami oder Kundera fachsimpel­n kann wie einst in der Germanisti­kvorlesung. Viele Paare haben sich beim vereinten Blick auf gut sortierte Buchstaben unsterblic­h ineinander verliebt.

Es gibt natürlich Ausnahmefä­lle. Wenn es sich um sehr teure Einzelhänd­ler handelt, dann wird das Gewissen eines waschechte­n Schwaben anfällig. 24 Euro für ein Pärchen Havaianas? Das ist zu viel, tatsächlic­h zeigt der Vergleich im Internet, dass man pro Flipflop zwei Euro sparen kann, bei drei Paar also 12 Euro. Das Netz hat allerdings Tücken, man kann leicht EU- und US-Größen verwechsel­n. Außerdem muss man den Primeversa­nd sofort wieder kündigen, sonst ist die Rechnung sofort so hoch wie beim Händler vor Ort.

Wenn Sie also dieser Tage an den Seen zwischen Ulm und Lindau einen mittelalte­n Mann mit zwei Nummern zu großen Flipflops herumstolp­ern sehen, der eher halbstolz darauf ist, durch einen Amazon-Einkauf 17 Cent gespart zu haben, dann könnte es sich um mich handeln. (zak)

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FOTO: ZAK Wenn die Fußstapfen mal wieder zwei Nummern zu groß sind.

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