Ein bisschen Glamour im Glutofen
Ohne Fans fehlt den Leichtathleten in Braunschweig die Stimmung – Alina Reh siegt
BRAUNSCHWEIG (SID) - Malaika Mihambo tänzelte ein bisschen umher, zog immer mal wieder entspannt ihren Lippenstift nach, flirtete mit der Kamera – und ließ der Konkurrenz natürlich keine Chance. Der Auftritt der Weitsprung-Weltmeisterin sorgte für ein bisschen Glamour bei einer ansonsten eher traurigen Veranstaltung. Das Golden Girl sprang bei der Geistermeisterschaft der Leichtathleten mit 6,71 Metern locker zu ihrem vierten nationalen Titel.
Mihambo, Deutschlands Sportlerin des Jahres, war der Topstar dieser besonderen Titelkämpfe, bei denen kein Athlet so richtig zünden konnte. Am Sonntag genügte neben Mihambo einzig Speerwerfer Johannes Vetter international höheren Ansprüchen. Der Ex-Weltmeister aus Offenburg warf immerhin 87,36 Meter weit. Und auch der WM-Vierte Bo Kanda Lita Baehre, der seine Bestleistung im Stabhochsprung auf 5,75 Meter steigerte, oder Sprint-Jungspund Deniz Almas, der unbekümmert über 100 Meter in 10,09 Sekunden zum Titel rannte, zeigten ansprechende Leistungen.
Doch das große Spektakel fiel – fast schon naturgemäß ohne Zuschauer – aus. Ein Jahr vor Olympia ist klar: Die deutschen Leichtathleten müssen noch deutlich zulegen. Das gilt auch für Alina Reh. Die Läuferin des SSV Ulm 1846 gewann am Sonntag die 5000 Meter in 16:08,33 Minuten und hatte zehn Sekunden Vorsprung auf die Berlinerin Rabea Schöneborn. In Abwesenheit des gerade Vater gewordenen Olympiasiegers Thomas Röhler (Jena) hat sich Ex-Weltmeister Johannes Vetter den deutschen Meistertitel im Speerwurf gesichert. Der Offenburger setzte sich mit starken 87,36 Metern gegen den Titelverteidiger Andreas Hofmann (77,35/Mannheim) durch. Der 28-Jährige wirkte dabei immer noch gehemmt von seiner Anfang der Saison erlittenen Fußverletzung.
Diese merkwürdigen Titelkämpfe im Glutofen von Braunschweig, die wegen der Corona-Krise ohne Fans stattfinden mussten, waren allerdings auch nicht unbedingt leistungsfördernd. Der größte Erfolg des Wochenendes war es wohl, dass dieses „Mini-Tokio“dank eines umfangreichen Hygienekonzeptes überhaupt stattfinden durfte. So etwas wie Atmosphäre kam aber natürlich nicht auf an der Hamburger Straße. Das ständige Einspielen von Musikfetzen über die Lautsprecher wirkte wie ein verzweifelter Versuch, etwas Stimmung zu erzeugen. „Ohne Zuschauer fehlt natürlich der letzte Kick“, sagte der ehemalige Dreisprung-Europameister Max Heß.
Und dann schwächelten auch noch einige Hochkaräter, die sonst für starke Vorstellungen sorgen. ExWeltmeister David Storl stieß seine Kugel nur mäßige 20,17 Meter weit. Hindernisstar Gesa Felicitas Krause musste ihr Rennen nach 2000 von 3000 Metern völlig entkräftet aufgeben. „Es fällt mir gerade schwer, das, was passiert ist, in Worte zu fassen“, sagte die WM-Dritte geknickt. Sie müsse „ehrlich gestehen, es ging von Anfang an wenig. Wir waren nicht schnell unterwegs“, meinte Krause nach dem Rennen im Glutofen. „Aber selbst das Tempo fiel mir verhältnismäßig schwer.“
Überhaupt nicht lief es für Pamela Dutkiewicz über die Hürden. Die Vize-Europameisterin stolperte bei ihrem Saisoneinstieg am drittletzten Hindernis und schied bereits im Halbfinale aus. Einige andere prominente Namen hatten gleich ganz auf die Reise nach Braunschweig verzichtet: So waren neben Röhler auch Mittelstrecken-Ass Konstanze Klosterhalfen, Sprinterin Gina Lückenkemper, Zehnkampf-Weltmeister Niklas Kaul oder Christoph Harting, Diskus-Olympiasieger von Rio de Janeiro 2016, aus unterschiedlichen Gründen nicht dabei.
Überraschung in Tschechien: Motorradpilot Brad Binder hat beim Grand Prix von Tschechien für eine Überraschung gesorgt. Der Südafrikaner bescherte dem Werksteam KTM den ersten Sieg in der MotoGP. Auch für Binder war es der erste Erfolg in der Königsklasse. Der 24-Jährige fuhr in Brünn erst sein drittes MotoGP-Rennen. Honda-Pilot Stefan Bradl kam als 18. und Letzter ins Ziel. Bradl ersetzte MotoGPWeltmeister Marc Márquez, der nach einem Unfall noch nicht wieder einsatzfähig ist. Moto2-Pilot Marcel Schrötter hat den Grand Prix von Tschechien auf Position 15 beendet. Damit erkämpfte sich der 27-jährige Bayer einen WM-Punkt.
Absagen helfen Murray: Der frühere Weltranglistenerste Andy Murray profitiert von der Absage des Australiers Alexei Popyri und rückt auch ohne Wildcard ins Hauptfeld der US Open vor. Der 33-Jährige ist in der Weltrangliste aufgrund seiner langwierigen Hüftprobleme auf Platz 129 abgerutscht, der Schotte hatte 2012 in New York seinen ersten von inzwischen drei Grand-Slam-Titeln gefeiert. Die Wildcard, die ursprünglich ihm zugedacht war, bekommt nun US-Profi Mitchell Krueger. Die US Open sollen trotz der Corona-Pandemie vom 31. August bis 13. September in New York ausgetragen werden.