Unterwegs mit den Corona-Kontrolleuren
Die Spaichinger Ortspolizei schaut, ob sich die Menschen an die Pandemie-Regeln halten
SPAICHINGEN - Zwei junge Männer spielen auf der Schlüsselwiese Basketball. Eigentlich kein Problem, wäre nicht gerade Corona. Denn die Freizeitanlage Schlüsselwiese in Spaichingen ist momentan gesperrt. Bettina Bronner und Dirk Hauser von der Ortspolizei steigen aus ihrem Auto und ermahnen die beiden, dass sie hier nicht sein dürfen.
Kurz sieht es so aus, als würde die Lage eskalieren, denn das Unverständnis der beiden jungen Männer ist groß. „Wir sind doch nur zwei Haushalte“, argumentiert der eine. Die Polizei hätte ihnen am Vortag erlaubt, hier zu spielen, sagt der andere. Aber als Hauser mit einer Anzeige droht, winkt sein Begleiter ab. Darauf habe er keine Lust. Bronner und Hauser bleiben ruhig, aber sehr bestimmt, und plötzlich entspannt sich die Situation. Beide Basketballspieler lenken ein und versprechen, den Platz zu verlassen.
Bettina Bronner und Dirk Hauser geben an diesem Tag einen kleinen Einblick in ihre Arbeit. Sie sind gerade dabei, eine Corona-Kontrollrundfahrt zu machen. Es wirkt so, als würden sie Verständnis für die beiden Basketballspieler aufbringen. Aber Regeln seien nun mal Regeln, sie könnten nicht einfach Ausnahmen machen. Hätten sich die beiden nicht gefügt, hätten Bronner und Hauser Verstärkung bei der Polizei angefordert. So bleibt es bei der Ermahnung. Seit letzter Woche wird im Landkreis vermehrt kontrolliert, weil der 7-Tage-Inzidenzwert hoch ist. Für die beiden Ortspolizisten bedeutetet das keine große Veränderung. Allerdings gibt es in Spaichingen seither eine Streife der Polizei, die von 8 bis 22 Uhr nur für Corona-Kontrollen zuständig ist. Die Episode auf der Schlüsselwiese zeigt, wie kompliziert die Lage ist. Denn laut CoronaVerordnung des Landes, die zu diesem Zeitpunkt gilt, wäre Sport allein oder zu zweit auf Freizeitflächen erlaubt. Auf Nachfrage unserer Zeitung
schreibt Ordnungsamtsleiter Tobias Schuhmacher aber: „Der Bereich ist deshalb gesperrt, weil eine Überwachung der Anlage unter den Vorgaben der Corona-Verordnung nicht gewährleistet werden kann.“Bei gutem Wetter würden sich dort schnell 30 bis 40 Personen tummeln.
Schuhmann ist Bronners und Hausers Chef, denn die Ortspolizei untersteht der Stadt und ist einigen Bürgern vermutlich vor allem bekannt, wenn sie schon mal einen Strafzettel am Auto hatten. Doch die Ortspolizei kümmert sich beispielsweise auch um den Jugendschutz, kontrolliert Spielhallen oder sucht entlaufene Tiere. Inzwischen nehmen die Corona-Kontrollen einen großen Teil ihrer Zeit ein. „Gefühlt 80 Prozent“, meint Hauser. Die beiden schauen regelmäßig an hochfrequentierten Orten vorbei, blicken sich im Einzelhandel um, reagieren aber auch auf anonyme Hinweise. Die nehmen, wie Tobias Schuhmacher
schreibt, zu. „So konnte ein Nagelstudio, das den Betrieb weiter illegal aufrechterhielt, geschlossen werden.“Gegen das Nagelstudio wurde ein Ordungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Die Ortspolizei prüft auch, ob sich die Betroffenen an ihre Quarantänepflicht halten. Bisher haben sie in Spaichingen keine Verstöße festgestellt. Laut Ordnungsamtsleiter würden die Bürger allerdings „stärker die vorhandenen Regelungen ausreizen und sich weniger bis gar nicht von sich aus einschränken. Insbesondere bei privaten Treffen mit der Familie oder Dritten.“
Bronner und Hauser verteilen auf dem Rundgang nicht sofort Bußgelder. Oft sitzt die Maske der Angesprochenen unter der Nase, auch mal unter dem Kinn, oder sie halten nicht den richtigen Abstand ein. „Wir versuchen es mit Gesprächen und Verständnis“, erklärt Hauser. Als sie einen großen Spaichinger Supermarkt durchkämmen, fällt ihnen eine alte
Dame auf, die keine Maske trägt. „Haben Sie ein Attest dabei?“, fragt Hauser. Die Seniorin schaut zunächst ein bisschen verwirrt, bis ihr klar wird, dass ihre Maske fehlt. Sie kramt sie schnell aus der Tasche, und schon passt alles wieder. Die meisten würden sich an die Regeln halten, sagen die beiden Ortspolizisten.
Gegen 13.30 Uhr machen sie am Busbahnhof Halt. Dort tollen ein paar Kinder über den Platz, sonst ist alles ruhig. Ein kleines Mädchen kommt angerannt. „Dürfen wir mit Maske Fangen spielen?“Sie dürfen. Problematisch seien eher Schüler, die sich zur Mittagszeit an den Imbiss-Betrieben am Marktplatz sammeln. Hauser: „Wenn wir auftauchen, zerstreuen sich die Menschentrauben schnell.“Auch abends müssen die beiden immer wieder Treffen von Jugendlichen auflösen.
Bisher sind ihre Corona-Einsätze alle glimpflich ausgegangen. Militante Maskenverweigerer seien ihnen noch nicht untergekommen. Trotzdem hat Bettina Bronner das Gefühl, dass die Unzufriedenheit der Menschen wächst. „Das Verständnis schwindet.“Marcel Ferraro, Presseprecher der Konstanzer Polizei, zu der auch Spaichingen gehört, meint allerdings, dass die Polizei diesen Eindruck nicht teile. Bettina Bronner erzählt aber, dass sie und ihr Partner schon mal die üblichen Schimpfwörter zu hören bekämen. „Wir haben die Gesetze ja nicht gemacht, aber wir bekommen den Unmut und die Unzufriedenheit zu spüren.“Auf der Runde, bei der unsere Zeitung dabei ist, reagieren die meisten Angesprochenen entgegenkommend oder zumindest neutral - bis auf die beiden Basketballspieler. Aber auch die halten sich an die Anweisung. Als Bronner und Hauser nochmal vorbeifahren, um die Wiese zu kontrollieren, sind beide nicht mehr da.
Mehr zu den verschärften CoronaRegeln und was sie für Spaichingen bedeuten in der nächsten Ausgabe.