Schnäppchenjagd für die gute Sache
Seit genau 20 Jahren besteht die ökumenische Kleiderkammer in Spaichingen
SPAICHINGEN - Ein gutes T-Shirt für ein Euro, eine schöne Jeans für zwei Euro oder ein Ledermantel für acht Euro – wo gibt’s denn sowas? In der ökumenischen Kleiderkammer Spaichingen, die am 1. Dezember ihr 20jähriges Bestehen feiern kann. Das karitative Projekt wird von Ehrenamtlichen betrieben – zur Zeit sind es ausschließlich Frauen.
Die super günstigen Preise sind möglich, weil die Kleider gespendet werden. Wenn die Frauen vom Kleiderkammer-Team an jedem ersten und dritten Montagabend im Monat zusammenkommen, um die Kleiderspenden zu sortieren, wird auch immer viel gelacht, weil man sich über das eine oder andere kuriose Stück dann doch wundert. Doch immer wieder sind die Frauen auch überrascht, was für qualitativ hochwertige Kleidungsstücke – sogar Designerstücke – gespendet werden.
„Viele unserer Kundinnen haben wenig Geld zur Verfügung, wollen aber trotzdem gut angezogen sein. Sie wollen nicht zeigen, dass sie ,arm’ sind“, so Rosemarie Götz vom Leitungsteam des Kleiderladens. Bedürftigen für wenig Geld Kleidung zur Verfügung zu stellen, das war die Idee, die die beiden Gründer, die evangelische Diakonin Grittli Lücking und den 2019 verstorbenen katholischen Diakon Engelbert Paulus, angetrieben hat. Vor genau 20 Jahren, am 1. Dezember 2000, öffnete die ökumenische Kleiderkammer erstmals ihre Pforten – damals noch im evangelischen Kindergarten, seit 2001 in einem eigenen Ladengeschäft an der Ecke Hofwies/Vorgasse.
Es sind aber keineswegs alle Kunden des Ladens bedürftig. Denn einkaufen darf in der Kleiderkammer jeder – anders als etwa in den Tafelläden, wo nur berechtigte Bedürftige einkaufen dürfen.
Früher kamen auch viele Russlanddeutsche, die sich auch mit Kleidung für ihre Angehörigen in der alten Heimat eingedeckt haben. Und als 2015 viele Flüchtlinge nach Deutschland kamen, gab es eine Welle an Neukunden, die aber schnell wieder abgeebbt ist.
Es gibt viele Stammkunden. Sie kommen auch, weil sie soziale Kontakte und ein Schwätzchen suchen. Doch auch für die Mitarbeiterinnen ist die gemeinsame Arbeit in der Kleiderkammer ein wichtiger Treffpunkt.
Der Kleiderladen ist gleich zweifach karitativ tätig: Zum einen, indem er günstige Kleidung zur Verfügung stellt, zum anderen aber, weil er die Erlöse spendet. Der Gründungsvertrag sieht vor, dass die Kirchen finanziell einspringen, sollte der Erlös einmal nicht für die Miete der Verkaufsräumlichkeiten reichen – aber der Fall ist bisher noch nie eingetreten. Im Gegenteil: Seit seiner Gründung konnte der Kleiderladen 80 000 Euro für wohltätige Zwecke spenden. Im Jahr werden immer vier soziale Projekte unterstützt. Die Hälfte davon in Spaichingen oder in der Region – etwa die ambulante Hospizgruppe Spaichingen oder die Obdachlosenhilfe in Tuttlingen – die andere Hälfte geht an ausländische Projekte in Asien oder Afrika oder auch an Ärzte ohne Grenzen.
Dazu kommt der Gedanke der Nachhaltigkeit: Statt gute Kleider wegzuwerfen, können sie noch einmal verwertet werden. Natürlich bleibt auch unverkäufliche Ware zurück. Seit vielen Jahren ist die Kleiderkammer Mitglied beim Dachverband „Fairwertung“. Doch inzwischen, so das Leitungsteam, sei der Altkleidermarkt total übersättigt, so dass „Fairwertung“nichts mehr abnimmt, und Mitarbeiterinnen nun die Restware in Eigenregie auf der Mülldeponie Talheim entsorgen.
Das Team würde sich Verstärkung wünschen. Insbesondere junge Mitarbeiterinnen fehlen. Die jüngsten seien derzeit knapp unter 60, die älteste über 80 Jahre alt. Das bedeutet auch, dass die Mitarbeiterinnen zur Corona-Risikogruppe gehören und daher dieser Tage besonders vorsichtig sein müssen. „Eine Handvoll Mitarbeiterinnen“, so stellt Ursula Merkt fest, „sind deshalb auch abgesprungen.“
Annahme: Jeden 1. und 3. Montag im Monat von 17 bis 18.30 Uhr Ausgabe: Dienstag 9.30 - 11 Uhr, 15 - 16.30 Uhr; Donnerstag 17 18.30 Uhr