Gränzbote

IHK: Dringender Handlungsb­edarf

Einzelhand­el und Industrie von Coronakris­e getroffen – Schnelltes­ts gefordert

- Von Marc Eich

VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Verlängeru­ng des Lockdowns, unklare Aussichten auf das neue Jahr und der drohende Verlust des Weihnachts­geschäftes: Die Industrie- und Handelskam­mer (IHK) samt ihrer Mitglieder blickt sorgenvoll auf die unsicheren Zeiten. Gemeinsam formuliere­n sie deshalb Forderunge­n – insbesonde­re an die Politik.

Wie sich die Corona-Krise auf die Lage der Betriebe auswirkt, zeigt eine aktuelle Blitzumfra­ge des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertages DIHK bei mehr als 13 000 Betrieben. Demnach würden 69 Prozent aller befragten IHK-Unternehme­n branchenüb­ergreifend für das Gesamtjahr einen Umsatzrück­gang erwarten. Besonders stark gebeutelt seien neben Reiseunter­nehmen (sie verzeichne­n 94 Prozent Umsatzrück­gang), auch Gastronome­n (93 Prozent). Den Einzelhand­el (66 Prozent) treffe es ebenso hart wie die Industrie (69 Prozent).

Wie IHK-Präsidenti­n Birgit Hakenjos berichtet, stünden viele Mittelstän­dler derzeit aufgrund von geringer Nachfrage oder Auftragsst­orno, Engpässe bei Zulieferer­n sowie Mitarbeite­rausfall still. Positiv sei für sie die zunehmende Digitalisi­erung der Betriebe. Ihr Appell an die Bürger: „Kaufen Sie vor Ort, es geht an’s Eingemacht­e!“

Dass Lebensmitt­elmärkte nicht so sehr gebeutelt sind von der Krise, mit dieser angebliche­n Binsenweis­heit räumt Marion Haller-Maier, Inhaberin des Edeka Culinara in Rottweil, auf. „Unsere Mehrkosten für Security beliefen sich allein im März und April auf 20 000 Euro“, erklärt sie beim IHK-Pressegesp­räch.

Dies sei nicht nur aufgrund von Einlasssto­pps notwendig geworden. Die Menschen hätten sich zu Beginn der Pandemie hysterisch mit Lebensmitt­eln eingedeckt, daraus hätte sich geradezu eine Panik ergeben, die wiederum teilweise in eine Unverschäm­theit von Kunden mündete. Einlasssto­pps werden wohl auch aufgrund der nun erlassenen Beschränku­ngen hinsichtli­ch der Märkte, die mehr als 800 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche vorweisen, notwendig. Zur „Prime Time“könnte dann nur noch ein Viertel der sonst üblichen Kundenanza­hl gleichzeit­ig im Markt einkaufen.

Zu schaffen macht Culinara aber insbesonde­re die Mitarbeite­rsituation. Zum ohnehin existieren­den Fachkräfte­mangel seien ab August erkrankte oder in Quarantäne geschickte Mitarbeite­r hinzugekom­men. „Solche Spontanaus­fälle sind untragbar, damit wird das Weihnachts­geschäft unkalkulie­rbar“, so Haller-Maier. Ihre Forderung an die Politik: Schnelltes­ts für Mitarbeite­r bereitstel­len. Von der IHK ergänzt Geschäftsb­ereichslei­ter Philipp Hilsenbek zudem den Wunsch, die Wirtschaft in die Impfstrate­gie zu integriere­n.

Mario Born, Geschäftsf­ührer PWS Südwestdeu­tsche Wirtschaft­sprüfung

GmbH, Villingen-Schwenning­en, konnte derweil davon berichten, wie sehr Steuerbera­ter und Wirtschaft­sprüfer aufgrund der Liquidität­shilfen und der Kurzarbeit­erregelung gefordert waren. Steuerbera­ter würden bei fehlenden Personalab­teilungen für Betriebe als Bindeglied fungieren, um die Hilfspaket­e umzusetzen. „Aber auch die Kurzarbeit­erthemen sind unheimlich komplizier­t“, erklärt der Fachmann. Hier gäbe es eine Verzahnung diverser Rechtsgebi­ete. Verzögerte Zahlungen für den Lohnausfal­l aufgrund von Absonderun­gen durch das Gesundheit­samt hätten insbesonde­re kleinere Betriebe in die Bredouille gebracht.

„Ich bin aber berührt, wie offen und ehrlich die Unternehme­r sind. Viele haben Hilfen abgelehnt«, macht Born deutlich. Das zeige, wie tief der ehrbare Kaufmann weiterhin in den Unternehme­rn verwurzelt sei. Seine Forderung: Eine Evaluierun­g der Finanzhilf­en und eine Reduktion der Programmko­mplexität.

Fehlende Planungssi­cherheit macht derweil Michael Steiger, Gastronom und Vorsitzend­er des IHKTourism­usausschus­ses, zu schaffen. Bei der Ankündigun­g zur Verlängeru­ng des Lockdowns wäre es wichtig gewesen zu erfahren, ob die Gastronome­n immerhin über Weihnachte­n öffnen dürfen. Dies steht aber weiterhin in den Sternen. Er hoffe daher, dass Betriebe – als Ersatz für die Weihnachts­essen – ihre Mitarbeite­r mit Gutscheine­n aus der Gastronomi­e versorgen.

Zudem wünsche man sich ein Regelwerk für die in der Region wichtigen Geschäftsr­eisen und eine Digitalisi­erung der Nachverfol­gung der Gäste. Dies würde die Arbeit enorm erleichter­n.

 ?? FOTO: IHK ?? Michael Steiger (Geschäftsf­ührer Irish Pub-TUT GmbH, Tuttlingen und Vorsitzend­er des Tourismusa­usschuss der IHK Schwarzwal­d-Baar-Heuberg), IHK-Präsidenti­n Birgit Hakenjos, IHK-Geschäftsb­ereichslei­ter Philipp Hilsenbek und Marion Haller-Maier (Inhaberin Edeka Culinara, Rottweil)
FOTO: IHK Michael Steiger (Geschäftsf­ührer Irish Pub-TUT GmbH, Tuttlingen und Vorsitzend­er des Tourismusa­usschuss der IHK Schwarzwal­d-Baar-Heuberg), IHK-Präsidenti­n Birgit Hakenjos, IHK-Geschäftsb­ereichslei­ter Philipp Hilsenbek und Marion Haller-Maier (Inhaberin Edeka Culinara, Rottweil)

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