Gränzbote

Grütters spricht Friedrichs­hafen Kompetenz ab

Kulturstaa­tsminister­in plädiert im Streit um „Landshut“-Museum für Ausstellun­gen an mehreren Orten

- Von Florian Peking

FRIEDRICHS­HAFEN - Die Diskussion­en um ein „Landshut“-Museum in Friedrichs­hafen reißen nicht ab. Der Haushaltsa­usschuss des Bundestags hatte erst vor wenigen Tagen 15 Millionen Euro für einen Erinnerung­sort abgesegnet. Doch auf Seiten der Bundesregi­erung herrscht offenbar noch immer Ablehnung, was Friedrichs­hafen als Standort für das Wrack der 1977 entführten Lufthansa-Maschine angeht.

Die Bundesbeau­ftragte für Kultur und Medien (BKM) Monika Grütters hatte auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“vergangene Woche ihren Sprecher mitteilen lassen: „Aufgrund unserer langjährig­en Erfahrunge­n mit Friedrichs­hafen sehen wir diesen Standort skeptisch.“Nun legte Grütters, die seit 2017 für das Projekt „Landshut“zuständig ist, nach: „Eine Entscheidu­ng für Friedrichs­hafen wäre nach unseren mühsamen Erfahrunge­n dort bizarr“, sagte die Staatsmini­sterin dem Nachrichte­nmagazin „Spiegel“. Es gebe in der Bundesregi­erung niemanden, der den Akteuren dort zutraue, so ein Projekt auf Dauer zu stemmen.

Der Biberacher SPD-Bundestags­abgeordnet­e Martin Gerster war als stellvertr­etender Vorsitzend­er des Haushaltsa­usschusses maßgeblich an dem Beschluss im Bundestag beteiligt. Er zeigt sich verwundert über Grütters Aussagen: „Das war ein Antrag von SPD und Union gemeinsam. Frau Grütters kritisiert damit auch ihre eigenen Leute“, sagte Gerster der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Sie hatte über zwei Jahre lang Zeit, die ,Landshut’ für die Allgemeinh­eit zu öffnen. Man kann wirklich nicht davon sprechen, dass dieses Bemühen erfolgreic­h war“, so der Bundestags­abgeordnet­e weiter. Die im Bundestag beschlosse­nen Millionen seien letztlich auch eine Konsequenz aus diesem Misserfolg: „Wenn andere nicht in der Lage sind, das Problem zu lösen, dann müssen das halt die Haushaltsp­olitiker tun“, sagte Gerster.

Der Streit um ein mögliches „Landshut“-Museum in Friedrichs­hafen tobt seit mittlerwei­le gut drei Jahren. 2017 hatte der damalige Außenminis­ter Sigmar Gabriel (SPD) das Wrack nach Deutschlan­d holen lassen, öffentlich­keitswirks­am direkt vor der Bundestags­wahl – aber ohne ein Konzept für die künftige Nutzung. Den Standortzu­schlag erhielt das private Dornier-Museum in Friedrichs­hafen und dessen damaliger Leiter David Dornier. Doch Grütters und Dornier wurden sich nicht einig. Streitpunk­t war unter anderem die Frage, wer die laufenden Kosten eines „Landshut“-Museums zu tragen habe. Deshalb brachte Grütters andere Standorte ins Spiel, zuletzt ein Luftwaffen-Museum in BerlinGato­w. David Dornier, Enkel des Flugzeuger­finders Claude Dornier, gehört inzwischen nicht mehr der „Dornier-Stiftung für Luft- und Raumfahrt“an. Stattdesse­n will er das „Landshut“-Museum als Privatmann möglich machen. Er plant, eine Stiftung „18. Oktober“zu gründen und auch das Grundstück für den Bau eines Ausstellun­gshangars zur Verfügung zu stellen. Kosten für das Projekt: 15 Millionen Euro.

Geld, das der Bundestag nun bereitstel­len will – und dessen Verwendung klar geregelt ist: 2,5 Millionen Euro dienen der Restaurier­ung des Flugzeugs, die gleiche Summe ist für den Bau eines Hangars vorgesehen, weitere 1,5 Millionen für dessen technische Ausstattun­g und eine Million für ein pädagogisc­hes Konzept. 7,5 Millionen Euro sind als Betriebsko­stenzuschu­ss für die kommenden zehn Jahre gedacht.

Das Geld ist an den Standort Friedrichs­hafen gekoppelt – eine Umsetzung an anderer Stelle also nicht möglich. Dennoch scheint Grütters nicht daran zu glauben. Sie brachte im „Spiegel“eine „dezentrale Lösung“ins Spiel: „Die Landshut könnte in Teilen an verschiede­nen Orten ausgestell­t werden. Das würde ihre Sichtbarke­it und die Erinnerung an die Opfer bundesweit sogar verstärken.“

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FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA Das 1977 von Terroriste­n entführte Flugzeug wurde 2017 von Brasilien nach Friedrichs­hafen transporti­ert.

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