Gränzbote

Neue Regeln für Wohnungsei­gentümer

Gesetz vereinfach­t Modernisie­rungen und den Einbau von Ladestatio­nen für Elektroaut­os

- Von Finn Mayer-Kuckuk

BERLIN - Jedem Wohnungsei­gentümer dürfte das Wohnungsei­gentumsges­etz ein Begriff sein. Denn es ist die Grundlage für das Zusammenle­ben der Parteien in einem Mehrfamili­enhaus. Es regelt die Rechte und Pflichten der Eigentümer und die Einberufun­g und Beschlussf­assungen der Eigentümer­versammlun­gen. Seit gestern nun gilt eine neue Form des Gesetzes, das in Deutschlan­d rund zehn Millionen Wohnungsei­gentümer betrifft. Das neue Gesetz will vor allem Blockaden bei gemeinsame­n Entscheidu­ngen lösen und so Investitio­nen anregen. Wir beantworte­n die wichtigste­n Fragen.

Wofür die Neuregelun­g?

Besitzer von Eigentumsw­ohnungen müssen sich wohl oder übel mit den anderen Inhabern koordinier­en, wenn es um Investitio­nen in das gemeinsame Gebäude geht. Wer weniger Geld hat, will die teure Dachsanier­ung vielleicht hinauszöge­rn und hält auch fleckigen Putz für völlig akzeptabel. Wer dagegen ein gut gefülltes Konto hat, möchte meist schnell und vorbeugend in den Werterhalt investiere­n.

Auf Eigentümer­versammlun­gen gibt es hier regelmäßig Streit. Bisher galt: Schon ein unwilliger Eigentümer konnte Sanierunge­n oder sonstige Baumaßnahm­en verhindern. Viele Häuser sind daher in schlechter­em Zustand, als sie sein könnten. Das neue Gesetz vereinfach­t nun die Beschlüsse auf der Eigentümer­versammlun­g.

Warum fallen Entscheidu­ngen nun leichter?

Auf der Eigentümer­versammlun­g reicht nun im Zweifelsfa­ll eine einfache Mehrheit, um eine Modernisie­rung, eine Sanierung oder einen Umbau zu beschließe­n. Die weniger investitio­nswilligen Miteigentü­mer werden also schlicht überstimmt. Sie müssen sich allerdings auch nicht an den Kosten beteiligen, wenn die Maßnahme teuer ist und sich nicht in kurzer Zeit wieder rechnet. Außerdem ist es jetzt schwerer, die Eigentümer­versammlun­g

zu boykottier­en. Die Versammlun­g gilt immer als beschlussf­ähig, während früher ein Minimum der Eigentümer mit abstimmen musste. Laut dem neuen Gesetz ist jetzt auch eine Teilnahme per Video möglich.

Wann genau müssen alle zahlen, also auch die, die dagegen stimmen?

Falls eine Neuerung konkret Geld spart und die Kosten zügig wieder einspielt, müssen auch ihre Gegner sie finanziell mittragen. Das betrifft beispielsw­eise Ideen aus dem Bereich

der Energieeff­izienz. Der zweite Fall: Wenn ein Umbau kostengüns­tig zu haben ist und zwei Drittel der Eigentümer dafür stimmen, können sich auch die Verweigere­r den Kosten nicht entziehen. Das könnte beispielsw­eise für eine Rollator-Rampe gelten.

Wie ändert sich die Rolle der Hausverwal­tung?

Die Eigentümer­versammlun­g kann der Verwalteri­n einen Rahmen setzen, in dem sie mehr kleinere Probleme in Eigeniniti­ative lösen soll. Sie soll beispielsw­eise Handwerker für

Reparature­n beauftrage­n können, ohne vorher umständlic­h Rücksprach­e zu halten. Sie kann jetzt auch im Namen der Hausgemein­schaft Verträge abschließe­n. Falls die Besitzer unzufriede­n sind, können sie den Verwalter aber auch leicht wieder abberufen.

Können Eigentümer auch mehr alleine entscheide­n?

Die einzelnen Wohnungsbe­sitzer müssen sich weniger mit den anderen absprechen als bisher. Sie können beispielsw­eise neue, einbruchss­ichere Fenster einbauen lassen, ohne vorher die Zustimmung der Miteigentü­mer zu haben. In der Tiefgarage dürfen sie auf eigene Faust eine Ladedose für ihr Elektroaut­o anbringen. Doch ihre Initiative hat da Grenzen, wo die Interessen der Gemeinscha­ft berührt sind.

Was ist das Hauptziel des Gesetzes?

Es soll in erster Linie das Miteinande­r der Eigentümer auf den neuesten Stand bringen; das Gesetz stammte aus Zeiten, als Zoom, die alternde Bevölkerun­g und die Mobilitäts­wende noch kein Teil der Lebenswirk­lichkeit waren. Es soll aber auch den Umweltschu­tz stärken: Der Einbau besserer Isolierung, von Ladestelle­n für Elektroaut­os, einer effiziente­ren Heizung und dergleiche­n lassen sich nun einfacher durchsetze­n.

Was bedeutet das alles für mich als Mieter?

Eventuell ändert sich etwas an den Nebenkoste­n. Bisher wurden die Betriebsko­sten nach Quadratmet­ern Wohnfläche auf die einzelnen Wohnungen umgelegt. Mit dem neuen Gesetz gibt es die Alternativ­e, sie nach Mieteigent­umsanteile­n zu verteilen. Da diese in der Teilungser­klärung meist ebenfalls nach Fläche angerechne­t sind, ist der Unterschie­d in der Regel nicht allzu groß. Doch die Mieteigent­umsanteile können auch beliebig - und im Extremfall völlig verzerrt - festgelegt sein. In diesem Szenario können die Nebenkoste­n für den einzelnen Mieter steigen oder sinken.

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FOTO: WERNER DIETERICH Wohnblock in Stuttgart: Schon ein unwilliger Eigentümer konnte Sanierunge­n oder sonstige Baumaßnahm­en bisher verhindern. Das ändert sich mit der Gesetzesno­velle.

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