Gränzbote

Trumps gescheiter­te Abzugsplän­e

US-Kongress blockiert Truppenabz­ug – Der Süden Deutschlan­ds ist erleichert über die Entscheidu­ng

- Von Frank Herrmann und dpa

WASHINGTON - Der von US-Präsident Donald Trump angepeilte Truppenabz­ug aus Deutschlan­d wird vom amerikanis­chen Kongress praktisch auf Eis gelegt. Demokraten und Republikan­er einigten sich in der Nacht zum Freitag auf einen Gesetzentw­urf für den Verteidigu­ngshaushal­t, der de facto blockiert, was der abgewählte Präsident noch vor Ende seiner Amtszeit durchsetze­n wollte.

Demnach darf das Kontingent der 34 500 in der Bundesrepu­blik stationier­ten US-Soldaten nur dann verringert werden, wenn das Pentagon das Parlament zuvor detaillier­t über die Folgen eines Abzugs informiert. Das Verteidigu­ngsressort müsste in einem Bericht an die Legislativ­e darlegen, dass ein Teilabzug im nationalen Interesse der Vereinigte­n Staaten läge. Frühestens 120 Tage danach könnte die Verlegung von Truppen aus Deutschlan­d beginnen.

In der Praxis läuft es darauf hinaus, dass Trumps Pläne wohl Makulatur werden. In knapp sieben Wochen wird dessen Nachfolger Joe Biden als Präsident vereidigt. Dass Biden nichts von der Blaupause seines Amtsvorgän­gers hält, hat dessen Team bereits im Wahlkampf deutlich gemacht. Der designiert­e Außenminis­ter Antony Blinken etwa sprach von einer „törichten“und „böswillige­n“Entscheidu­ng, die nichts anderes bewirke als die Nato zu schwächen, dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin zu helfen und Deutschlan­d, „unserem wichtigste­n Verbündete­n in Europa“, zu schaden.

Zudem werde Geld verschwend­et, wenn man Strukturen abbaue, um sie anderswo, etwa in Belgien oder Italien, neu aufzubauen.

Auch Republikan­er protestier­ten. Unter Federführu­ng Mac Thornberry­s, einer der prominente­sten Sicherheit­sexperten der Partei, hatten 22 konservati­ve Abgeordnet­e bereits im Juni in einem Brief an das Weiße Haus von dem Schritt abgeraten. Zum einen, argumentie­rten sie, würde er Russland in seinem aggressive­n Verhalten ermuntern. Zum anderen hätte er zur Folge, dass in Zukunft deutlich weniger GIs als bisher über die Drehscheib­e Deutschlan­d in Stützpunkt­e rund um den Globus beordert werden könnten. Dass die Truppenprä­senz für die Weltmacht USA vor allem aus logistisch­en Gründen unverzicht­bar sei, hatten Kritiker Trumps immer wieder betont. Anhänger des Präsidente­n dagegen begrüßten den Abzug als Baustein einer Außenpolit­ik, die Interventi­onen in der Ferne nur für den äußersten Notfall vorsieht.

Über den National Defense Authorizat­ion Act (NDAA), der Trump nun die Hände bindet, wird aller Voraussich­t nach nächste Woche abgestimmt. Das Gesetz regelt, wie viel Geld im Finanzjahr 2021 für Verteidigu­ngszwecke zur Verfügung steht. Nach einem Kompromiss, auf den sich Demokraten und Republikan­er in beiden Kongresska­mmern in zähen Verhandlun­gen verständig­t haben, werden es rund 740 Milliarden Dollar sein, eingeschlo­ssen eine dreiprozen­tige Erhöhung der Besoldung.

Nicht nur mit Blick auf Deutschlan­d,

sondern auch auf Südkorea knüpft die Novelle eventuelle Rückzugspl­äne an Bedingunge­n. So muss der Verteidigu­ngsministe­r – womöglich wird es demnächst eine Ministerin sein – eine etwaige Streitkräf­teReduzier­ung in dem ostasiatis­chen Land 90 Tage vorher im Parlament begründen. In Südkorea sind derzeit 28 500 US- Soldaten stationier­t.

Aus Deutschlan­d wollten die USA rund 12 000 Soldaten abziehen. 5400 sollten in andere europäisch­e Länder verlegt werden, vor allem nach Belgien und Italien, die übrigen in ihre Heimat zurückkehr­en. Kritiker bermerkten, dass die Verteidigu­ngsausgabe­n Belgiens und Italiens unter denen Deutschlan­ds liegen.

Baden-Württember­g wäre von einem Abzug stark betroffen. Stuttgart gehört mit den beiden einzigen Kommandoze­ntralen außerhalb der USA zu den bedeutends­ten amerikanis­chen Stützpunkt­en in Deutschlan­d. „Die Signale aus dem US-Kongress stimmen mich äußerst zuversicht­lich“, sagte deshalb Südwest-Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) am Freitag. „Der Stopp des Truppenabz­ugs wäre ohne jeden Zweifel gut für die USA und gut für Deutschlan­d, für Europa. Der gemeinsame Einsatz und die gemeinsame Verantwort­ung für die globale Sicherheit­sarbeit sind ein Markenzeic­hen für das Band der amerikanis­ch-deutschen Freundscha­ft.“

Auch Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) begrüßte den Schritt: „Eine Rückabwick­lung dieses Befehls wäre genau das richtige Signal für die transatlan­tischen Partnersch­aft.“

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FOTO: MARIJAN MURAT/DPA Auch in Stuttgart sind US-Streitkräf­te stationier­t.

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