Gränzbote

Grenke fliegt aus MDax

Leasingspe­zialist hatte nach Betrugsvor­würfen an Börsenwert verloren – Siemens Energy rückt nach

- Von Mischa Ehrhardt

FRANKFURT - Der eine ist quasi ein neuer Börsenstar, der andere im Moment eher eine Sternschnu­ppe: Erst vor zweieinhal­b Monaten wurde Siemens Energy aus dem Mutterkonz­ern herausgelö­st und kam an die Börse. Nun darf das Unternehme­n in die zweite Börsenliga des MDax einziehen. Im Gegenzug muss Grenke weichen und steigt in den SDax ab.

Solche Änderungen spiegeln vor allem den Börsenwert eines Unternehme­ns wider: Während Siemens Energy von Beginn an ein Schwergewi­cht war und aktuell rund 18 Milliarden Euro auf die Börsenwaag­e bringt, sind es bei Grenke nur noch zwei Milliarden. Auch ohne den Kursverfal­l bei Grenke wäre es also vermutlich zu dem Abstieg des Büromöbel-Leasingspe­zialisten gekommen. Verschärft haben seine Situation aber vor allem auch die Attacke eines Shortselle­rs – zu Deutsch: die Angriffe eines Leerverkäu­fers.

Der Brite Fraser Perring und seine Investment­gesellscha­ft Viceroy hatten Grenke im September in einem über 60 Seiten umfassende­n Bericht Betrug, Geldwäsche und Bilanzfäls­chung vorgeworfe­n. Zwar stritt das Unternehme­n aus Baden-Baden, dessen Gründer Wolfgang Grenke auch Präsident des Baden-Württember­gischen Industrie- und Handelskam­mertags ist, diese Vorwürfe immer wieder ab. Trotzdem hat sich der Börsenkurs der Grenke-Aktien nach dem Einbruch nicht mehr erholen können – er liegt rund ein Drittel unter dem Niveau vor den Vorwürfen.

Dabei sind Berichte eines Investors wie Viceroy bei Weitem nicht über jeden Zweifel erhaben. Denn als Shortselle­r oder Leerverkäu­fer waren Perring und seine Mannschaft an einem Kursverfal­l stark interessie­rt. Denn Aktien leer zu verkaufen bedeutet nichts anderes, als auf fallende Kurse zu spekuliere­n. Viceroy hat also durch die Vorwürfe mutmaßlich viel Geld „verdient“.

Dass andere Anleger die Aktien aber wie eine heiße Kartoffel fallen ließen, hat wiederum auch einen triftigen Grund: Fraser Perring war nämlich der Erste, der bereits im Jahr 2016 dem mittlerwei­le insolvente­n Finanzdien­stleister Wirecard zwielichti­ge Geschäfte unterstell­te. Damals hatte die Recherche-Abteilung seines Hauses einen 100 Seiten starken Bericht veröffentl­icht, der detaillier­t von zirkulären Scheingesc­häften und Bilanzfäls­chungen erzählte.

Das Echo dieses Skandals war hörbar, als der Grenke-Bericht kam. Vielleicht auch deswegen verfehlte er seine gewünschte Wirkung nicht. Grenke jedenfalls bestreitet die Vorwürfe nach wie vor, hat aber reagiert und will für mehr Klarheit und Transparen­z sorgen: In den kommenden Monaten will Grenke die bislang eigenständ­igen Franchise-Gesellscha­ften in den Konzern integriere­n; der Vorstand erweitert sich durch die Person eines Risikochef­s und Firmenchef­in Antje Leminsky übernimmt künftig zusätzlich die Verantwort­ung für die interne Revision.

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FOTO: DPA Wolfgang Grenke

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