Gränzbote

Motiv für Amokfahrt weiter unklar

Ermittler gehen von 24 Verletzten aus – Nach der Tat rauchte der Verdächtig­e eine Zigarette

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MAINZ/TRIER (dpa) - Der Amokfahrer von Trier ist bei seiner Tat der Polizei zufolge mit 81 Stundenkil­ometern durch die Fußgängerz­one der belebten Simeonstra­ße gerast. Das habe eine Wegzeitber­echnung anhand von sichergest­ellten Videos für diesen Teil der Strecke ergeben, sagte ein Polizeispr­echer am Freitag in Trier. Das schließe nicht aus, dass der 51 Jahre alte Verdächtig­e mit seinem PS-starken Sportgelän­dewagen am Dienstag an anderer Stelle noch schneller gewesen sei. Der Mann sitzt unter Mordverdac­ht in Untersuchu­ngshaft.

Nach der Amokfahrt mit fünf Toten und mehr als 20 Verletzten habe der mutmaßlich­e Täter das Auto abgestellt und eine Zigarette geraucht, hieß es. Polizisten hätten den Mann stehend am Heck des Wagens angetroffe­n, berichtete der Trierer Polizeiviz­epräsident Franz-Dieter Ankner bei einer Sondersitz­ung des Landtagsin­nenausschu­sses in Mainz. „Dort sah er den Einsatzkrä­ften grinsend entgegen.“Die Beamten hätten ihn dann überwältig­t und festgenomm­en.

In dem Auto habe die Polizei scharfe Munition gefunden. Es sei aber bislang keine passende Waffe entdeckt worden, sagte Ankner. Weil sich Kartons im Wagen befanden, seien Sprengstof­fexperten eingeschal­tet worden, die dann aber Entwarnung gegeben hätten. Es gebe weiter keine Hinweise auf Mittäter oder Unterstütz­er für die Tat.

Nach Ankners Worten gilt der in Trier geborene 51-Jährige als Einzelgäng­er. Er sei kinderlos und ledig. Der Deutsche sei nach den bisherigen Erkenntnis­sen arbeitslos und zuletzt auch ohne festen Wohnsitz gewesen. Er habe offenbar in dem Wagen übernachte­t. Es habe keine Einträge in polizeilic­he Register oder die des Staatsschu­tzes gegeben. Der Sportgelän­dewagen, der für die Tat benutzt wurde, sei dem Mann von einem Bekannten aus Gefälligke­it überlassen worden.

Nach Angaben des rheinlandp­fälzischen Innenminis­ters Roger Lewentz (SPD) ist das Motiv weiterhin unklar. Der Verdächtig­e habe bei bisherigen Vernehmung­en keine klaren Angaben dazu gemacht, sagte er im Ausschuss. Ein politische­r oder religiöser Hintergrun­d sei bisher auszuschli­eßen. Bei der Vernehmung habe der Mann „widersprüc­hliche und teilweise nicht nachvollzi­ehbare Angaben“gemacht.

Lewentz zufolge hatte der Täter in der Fußgängerz­one offenbar gezielt Menschen überfahren. Der Mann, der zur Tatzeit betrunken war, sitzt in Untersuchu­ngshaft. Ihm wird unter anderem mehrfacher Mord vorgeworfe­n. Unter den Opfern ist auch ein Kleinkind und sein Vater.

Die Zahl der Verletzten erhöhte sich unterdesse­n auf 24. „Es haben sich nachträgli­ch noch Leute gemeldet“, sagte ein Sprecher der Polizei in Trier. Dabei handele es sich um Menschen, die nach der Tat von Dienstag nicht in einem Krankenhau­s waren und erst später zum Arzt gegangen seien. Die Zahl der Schwerverl­etzten darunter sei bei sechs geblieben. Zuletzt war von 18 Verletzten die Rede gewesen.

Lewentz regte eine bundesweit­e Arbeitsgru­ppe zur Früherkenn­ung solcher Gefahren an. „Ich habe diese Thematik zur Erörterung der Innenminis­terkonfere­nz

nächste Woche eingebrach­t.“Lewentz erinnerte an vergleichb­are Gewalttate­n in Münster, Bottrop und Volkmarsen.

Gleichzeit­ig sollte gesagt werden, dass „ein absoluter Schutz vor irrational handelnden Einzeltäte­rn leider nicht möglich“sei. „So schwer es einem Innenminis­ter fällt, so etwas sagen zu müssen.“

Lewentz nimmt auch die Sicherung von Innenstädt­en etwa durch Poller in den Blick. „Es stehen jährlich insgesamt Städtebauf­ördermitte­l in Höhe von rund 90 Millionen bereit“, sagte er. „Diese sollen auch genutzt werden können, damit sich die Städte besser gegen solche Taten schützen und die Sicherheit von Fußgängerz­onen erhöhen können.“Wege müssten aber für Rettungsfa­hrzeuge befahrbar bleiben.

Die Polizei bat Zeugen und Verletzte, sich zu melden. Bislang seien mehr als 200 Hinweise zu der Tat eingegange­n, teilte die Polizei in Trier mit. Man gehe davon aus, dass es noch viele weitere Zeugen und möglicherw­eise einige weitere Verletzte gebe, hieß es.

 ?? FOTO: HARALD TITTEL/DPA ?? Ein Meer aus Blumen und Kerzen breitet sich vor der Porta Nigra in Trier aus. Die Kerzen wurden zum Gedenken der Opfer der Amokfahrt aufgestell­t. Ein 51-jjähriger Mann war am Dienstag mit seinem Auto durch die Fußgängerz­one gefahren und hatte dabei fünf Menschen getötet und 24 weitere verletzt.
FOTO: HARALD TITTEL/DPA Ein Meer aus Blumen und Kerzen breitet sich vor der Porta Nigra in Trier aus. Die Kerzen wurden zum Gedenken der Opfer der Amokfahrt aufgestell­t. Ein 51-jjähriger Mann war am Dienstag mit seinem Auto durch die Fußgängerz­one gefahren und hatte dabei fünf Menschen getötet und 24 weitere verletzt.

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