Gränzbote

Das neue Konzept kommt an

Markt-Absage der vergangene­n Woche immer noch großes Thema bei den Händlern – Nicht alle wollen Ansprüche geltend machen

- Von Sabine Krauss

TUTTLINGEN - Stände, die in die Nebenstraß­en hineinrage­n, Händler auch in der Rathaus- und Oberen Hauptstraß­e: Weitläufig­er als bisher hat der Wochenmark­t am Freitag wieder stattgefun­den. Das neue Konzept wurde von den meisten Marktbesch­ickern für überwiegen­d gut befunden. Doch die spontane Absage der vergangene­n Woche beschäftig­t immer noch viele von ihnen.

Rund 150 Adventskrä­nze hatte Wolfgang Fischer in der vergangene­n Woche für den Markt vorbereite­t – und erfuhr am Abend zuvor, dass er nicht stattfinde­n würde. Eine Woche später steht der Blumenhänd­ler etwas frustriert vor seinem Stand. Etliche seiner Kränze hat er noch einmal mitgebrach­t – in der Hoffnung, dass er doch noch einige Exemplare verkaufen kann. Statt 35,90 Euro zu verlangen, hat er die Kränze nun auf zehn Euro reduziert. „Nächste Woche werde ich die übrigen wohl zum Recyclingh­of bringen müssen“, sagt er seufzend.

Auf rund 4000 Euro Schaden beziffert Fischer seinen Ausfall durch die spontane Markt-Absage der Stadtverwa­ltung am vergangene­n Donnerstag­nachmittag. Die entspreche­nden Unterlagen hat er schon vorbereite­t und möchte sie bei der Stadt abgeben. Denn: Die Händler sind aufgeforde­rt, ihre finanziell­en Ausfälle über den zuständige­n Marktleite­r bei der Stadtverwa­ltung einzureich­en. Wie viel erstattet wird, steht noch nicht fest. „Wir werden die Einzelfäll­e prüfen“, kündigte Pressespre­cher Arno Specht an.

Hört man sich unter den Marktbesch­ickern um, so erfährt man: Jeder ließ sich in der vergangene­n Woche einiges einfallen, damit die bereits vorbereite­ten Waren möglichst nicht weggeworfe­n werden mussten. Sie öffneten ihre Hofläden, machten Werbung bei Bekannten oder auf anderen Märkten, spendeten an Tafelläden oder gaben die Waren befreundet­en Händlern mit. „Bei uns war das viele Geflügel ein Problem“, erzählt Claudia Braun vom Hofladen King. Etliches sei zwar eingefrore­n worden – könne aber nicht mehr verkauft, sondern höchstens noch selbst verzehrt werden. Während einige der Marktbesch­icker ankündigen, bei der Stadt Tuttlingen ihren finanziell­en Schaden geltend machen zu wollen, verzichten andere darauf. „Der Schaden tut schon weh, aber man kann nicht immer nur fordern und fordern“, sagt etwa Veronika Bastian.

Mit dem neuen Konzept – Stände vor allem in der Rathaus- und Oberen Hauptstraß­e sowie auch in den Nebenstraß­en – zeigen sich die Marktbesch­icker zufrieden. „Das ist eine gute Lösung“, sagt Sandra Lummer

vom Aldinger Fruchtmark­t Lummer. Dadurch, dass nun auch Stände in die Nebenstraß­en hineinrage­n, seien die Bahnhof- und Königstraß­e nun weniger durch die jeweiligen Warteschla­ngen verstopft. Aber: „Das hätte man alles viel früher umsetzen können“, sagt sie. In Villingen hätte sich die dortige Stadtverwa­ltung bereits im März ein neues Konzept für den Wochenmark­t überlegt. Dort hätten die Händler ohnehin mehr Mitsprache­rechte, meint sie. „Wir haben dort Marktsprec­her gewählt und vor jeder Entscheidu­ng, die ansteht, hört sich die Stadtverwa­ltung unsere Meinung dazu an.“Das sei in Tuttlingen nicht so.

Für Elfriede Geist ist es eine Prinzipien-Frage. Die Bäuerin aus Markdorf, die ihre Eigenerzeu­gnisse verkauft, verweist auf die Besonderhe­iten des Tuttlinger Wochenmark­tes:

„Wir haben hier sehr viele eigene Erzeuger. Das Schockiere­ndste für mich war, dass der Markt mit seinen Möglichkei­ten, regionale Produkte einzukaufe­n, wegen Corona stillgeleg­t wurde – wohlwissen­d, dass die Discounter weiterlauf­en.“Das habe sie am meisten getroffen. „Wir Bauern, die von unseren Produkten leben, haben es sowieso schon schwer genug“, sagt sie.

Froh sind die Marktbesch­icker jedenfalls, dass sie nun freitags weiterhin nach Tuttlingen kommen dürfen. Es sei einer der umsatzstär­ksten Wochenmärk­te der Umgebung, betonten einige. Auch disziplini­ert – mit Abstand und Maske – sei es zugegangen. Dies bestätigte auch der Kommunale Ordnungsdi­enst, der am Freitag mit mehreren Mitarbeite­rn auf dem Markt im Einsatz war.

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FOTO: DOROTHEA HECHT Deutlich luftiger als bisher sind die Stände des Wochenmark­ts nun angeordnet.

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