Gränzbote

Preis runter, Reichweite rauf

Auch bei der zweiten Generation des Mirai hält Toyota am Wasserstof­fantrieb fest und verspricht sich steigende Absatzzahl­en

- Von Thomas Geiger

Sie ist die ewige Untote unter den alternativ­en Antrieben, und Toyota haucht ihr jetzt wieder neues Leben ein. Denn während das Gros der PS-Branche auf die Batterie als Basis künftiger Mobilität setzt, halten die Japaner – wie derzeit sonst nur Honda und Hyundai – tapfer an der Brennstoff­zelle fest und bringen den Wasserstof­fantrieb nun mit der nächsten Generation näher an den Alltag.

Wenn im frühen Frühjahr zu Preisen ab 63 900 Euro auch bei uns die zweite Generation des Toyota Mirai startet, wird das Auto nicht nur spürbar größer, sondern auch 15 000 Euro billiger sein. Somit fällt es erstmals unter die Fördergren­ze für Elektroaut­os und die Käufer kassieren genau soviel Zuschuss wie bei einem VW ID4 oder einem BMW iX3.

Gleichzeit­ig schrauben die Japaner die Reichweite auf Werte, von denen Akku-Fahrer nur träumen können. Und besser fahren lässt sich die Fließheckl­imousine obendrein. War der erste Mirai genau wie seinerzeit der erste Prius eher ein Wegals ein Hingucker und stach vor allem durch seine Hässlichke­it ins Auge, macht die zweite Generation eine elegante Evolution und kommt als gefällige Fließheck-Limousine irgendwo zwischen Kia Stinger und Audi A7 endlich im Alltag an.

Aber nicht nur die Form wird gefälliger, auch das Format passt künftig besser: Mit dem Wechsel auf die neue, globale GA-L-Plattform geht der Mirai deutlich in die Länge, streckt sich im Radstand von 2,79 auf 2,92 Meter und wächst in der Länge auf knapp fünf Meter. Deshalb reicht es unter dem Blech für jetzt drei statt zwei Wasserstof­ftanks und im Innenraum

für fünf statt vier Sitzplätze. Zumindest in der Theorie.

In der Praxis allerdings geht es auf dem Rücksitz noch immer vergleichs­weise eng zu, weil man in der Mitte den gewaltigen Tunnel zwischen die Beine nehmen muss. Und für ein Auto vom Format einer Mercedes E-Klasse ist der Kofferraum auch eher durchschni­ttlich.

Zugleich ändert sich mit der Plattform die Sitzpositi­on und mit ihr das Fahrgefühl: Weil man im neuen Mirai der Straße etwas näher ist und der Motor nun zudem im Heck sitzt, ist man am Lenkrad tatsächlic­h Herr des Geschehens, fühlt sich vom Auto eingenomme­n und fährt entspreche­nd engagiert. Wenngleich diesem Engagement natürlich enge Grenzen gesetzt sind: Denn 182 PS und 300 Nm relativier­en sich bei 2,4 Tonnen ziemlich schnell, und auch wenn der E-Motor der Brennstoff­zelle wie alle Stromer kräftig antritt und den Wagen in 9,2 Sekunden von null auf 100 km/h wuchtet, ist bei 175 Sachen genau wie beim Vorgänger schon wieder Schluss.

Neu sind die Fahrkultur und das Geräuschni­veau: Nicht nur die Windgeräus­che sind deutlich weniger geworden, auch aus den Eingeweide­n hört man nichts mehr. Klang der Mirai früher mit seinem Zischen und Surren bisweilen ein wenig nach Physik- oder Chemielabo­r, herrscht jetzt die gleiche Stille, wie man sie von batteriebe­triebenen Stromern kennt.

Quelle der Kraft ist eine neue Generation der Brennstoff­zelle, die kompakter gebaut und vor allem billiger produziert werden kann. Gespeist wird sie mit Wasserstof­f, der in einem chemischen Prozess an speziellen Membranen „kalt verbrannt“wird und so den Strom für den E-Motor liefert – während als einziges Abgas Wasserdamp­f entsteht, den man auf Knopfdruck abblasen kann.

Seine jetzt drei Drucktanks reichen für 5,6 Kilo Wasserstof­f, mit denen der Mirai bis zu 650 Kilometer weit kommt – rund 30 Prozent mehr als der Vorgänger und weiter als jedes Elektroaut­o auf dem Markt. Und das ohne lange Ladezeiten: Während Tesla & Co nach solchen Strecken selbst am Schnellade­r über eine Stunde ans Netz müssen, ist der Mirai

in fünf Minuten vollgetank­t – wenn man denn eine Tankstelle findet. Denn – und das ist neben der ausreichen­den Versorgung mit grünem Wasserstof­f die größte Hürde – in ganz Deutschlan­d gibt es bislang kaum 100 Zapfsäulen. Selbst wenn die so geschickt verteilt sind, dass der Mirai durch die gesamte Republik kommt, ist da nicht einmal ansatzweis­e eine flächendec­kende Versorgung.

Der Preis runter, die Reichweite rauf, dazu endlich eine ansehnlich­e Form und ein neues, üppiges Format – Toyota hat zum Generation­swechsel des Mirai die Hausaufgab­en gemacht. Und selbst wenn der Erfolg der Brennstoff­zelle auch an der Politik und der Infrastruk­tur hängt, sind die Erwartunge­n der Japaner entspreche­nd hoch: Nachdem sie von der ersten Auflage in fünf Jahren gerade einmal 10 000 Autos gebaut haben, wollen sie vom neuen Mirai 30 000 Exemplar pro Jahr bauen.

Und auch für Deutschlan­d schießen die Hoffnung mit einer Verfünffac­hung des Absatzes in den Himmel – wenn auch auf einem bescheiden­en Niveau: Von der ersten Generation wurden in knapp fünf Jahren rund 300 Exemplare abgesetzt. Der Mirai II soll die gleiche Stückzahl in nur zwölf Monaten bringen.

 ?? FOTO: TOYOTA ?? Der Mirai kommt im Frühjahr in Deutschlan­d auf den Markt. Der Einstiegsp­reis liegt bei knapp 64 000 Euro.
FOTO: TOYOTA Der Mirai kommt im Frühjahr in Deutschlan­d auf den Markt. Der Einstiegsp­reis liegt bei knapp 64 000 Euro.

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