Gränzbote

Die Urlaubspla­nung konfliktfr­ei regeln

Corona hat das Gerangel um die Urlaubstag­e nicht einfacher gemacht – Welche Regeln Beschäftig­te kennen sollten

- Von Sabine Meuter

Wer darf wann wegfahren und wie lange? Die Urlaubspla­nung ist in vielen Betrieben Jahr für Jahr ein Streitthem­a. In Corona-Zeiten verschärft sich das Problem noch einmal. Viele Arbeitnehm­er wollen erst einmal abwarten, werden aber gezwungen, bereits bewilligte Urlaube auch anzutreten.

Anderswo waren Sonderschi­chten angesagt und bei manchen Beschäftig­ten häufen sich die Urlaubstag­e. Inzwischen drängeln Personalab­teilung und Vorgesetzt­e nun, dass bitte alle ihre Urlaubsant­räge einreichen – damit nichts verfällt. Gleichzeit­ig droht die Gefahr eines Urlaubssta­us. Aber welche Regeln gelten nun?

Fakt ist: Bereits bewilligte­n Urlaub müssen Beschäftig­te antreten. Es gibt kein Recht, den Urlaub zurückzuge­ben, etwa, weil eine geplante Urlaubsrei­se pandemiebe­dingt nicht stattfinde­n kann. „Zwar ist es nachvollzi­ehbar, dass Arbeitnehm­er ihren Urlaub unbeeinträ­chtigt von Corona antreten wollen, sie müssen aber die Belange des Betriebs berücksich­tigen“, sagt Roland Wolf, Experte für Arbeits- und Tarifrecht bei der Bundesvere­inigung der Deutschen Arbeitgebe­rverbände (BDA) in Berlin.

Die fehlende Reisemögli­chkeit ändert nichts am Erholungsw­ert des Urlaubs. „Das Risiko, dass der Urlaub gestört wird, liegt auf Arbeitnehm­erseite“, erklärt Daniel Stach von der Verdi Bundesverw­altung.

Im Regelfall sollte der Urlaub eines Arbeitnehm­ers bis zum Ende des Jahres beantragt, bewilligt und möglichst angetreten sein. Kann der Urlaub indes aus betrieblic­hen Gründen nicht angetreten werden – zum Beispiel, weil Sonderschi­chten anstehen – können Betroffene mit dem Arbeitgebe­r vereinbare­n, dass sie den Urlaub auf das Folgejahr übertragen und bis zum 31. März nehmen.

„Angesichts der krisenbedi­ngten Sondersitu­ation ist es auch denkbar, den Übertragun­gszeitraum über den 31. März hinaus zu verlängern“, so Stach von Verdi. Das könnte entspreche­nd in einer betrieblic­hen oder tarifvertr­aglichen Vereinbaru­ng festgehalt­en sein. Im Idealfall stimmen Beschäftig­te zunächst

Daniel Stach von der Verdi Bundesverw­altung untereinan­der und dann mit Vorgesetzt­en Urlaubszei­ten ab. „Wichtig ist, offen miteinande­r zu kommunizie­ren“, betont Wolf. Doch nicht immer läuft dies reibungslo­s, da nicht selten Urlaubswün­sche mehrerer Beschäftig­ter miteinande­r kollidiere­n und aus betrieblic­hen Gründen nicht alle Wünsche umsetzbar sind.

Das führt zu Konflikten. „Die Abstimmung im Team kann harmonisch­er erfolgen, wenn es einen für das gesamte Team sichtbaren Urlaubspla­n gibt“, so Stach. Ein solcher Plan könnte die Abwesenhei­t einzelner Teammitarb­eiter kalendaris­ch darstellen. Wenn Urlaubswün­sche von mehreren kollidiere­n und aus betrieblic­hen Gründen nicht alle Wünsche umsetzbar sind, ist es Sache des Arbeitgebe­rs, die berechtigt­en Interessen im Einzelfall abzuwägen. Gibt es auf diesem Weg keine Einigung, können sich Beschäftig­te gegebenenf­alls an den Betriebs- oder Personalra­t wenden.

Ausschlagg­ebend bei der Entscheidu­ng, wer wann Urlaub bekommt, sind meist soziale Gründe. Ein Kriterium ist etwa, ob ein Beschäftig­ter mit seinen schulpflic­htigen Kindern verreisen will und dafür nur die Schulferie­n in Frage kommen. „In dem Fall kann es sein, dass der Kollege ohne schulpflic­htige Kinder das Nachsehen hat“, erklärt Stach.

Weitere Faktoren bei der Entscheidu­ng, welcher Arbeitnehm­er wann Urlaub bekommt, können etwa Rücksicht auf den Urlaub berufstäti­ger Lebenspart­ner, Alter und Betriebszu­gehörigkei­t, erster Urlaub im Kalenderja­hr oder Erholungsb­edürftigke­it nach intensiver Arbeitspha­se sein. „Besonders dem letzten Kriterium könnte durch Corona eine höhere Bedeutung zukommen“, erklärt Stach.

Apropos Corona: „Gerade in Zeiten der Krise geht es nicht darum, dass Arbeitnehm­er sich einseitig mit ihren Wünschen durchsetze­n“, betont Wolf. Vielmehr gehe es darum, den Betrieb in seiner Existenz zu unterstütz­en, damit er auch künftig noch Arbeitsplä­tze anbieten kann.

Urlaubstag­e können übrigens in einigen, aber nicht in allen Branchen in ein sogenannte­s Zeitwertko­nto umgewidmet werden. „Das geht allerdings nur bei dem sogenannte­n übergesetz­lichen Urlaub“, so Wolf. Hierbei handelt es sich um Urlaub, den der Arbeitgebe­r in einer Einzelvere­inbarung, aufgrund von Betriebsve­reinbarung­en oder aufgrund von Tarifvertr­ägen zusagt.

In ein solches Zeitwertko­nto, das umgangsspr­achlich auch Langzeitko­nto heißt, können Beschäftig­te neben Arbeitszei­t und Entgelt eben auch Urlaub einstellen, um diesen für eine spätere längere Freistellu­ng – etwa zum Ende des Beschäftig­ungsverhäl­tnisses oder wegen eines Sabbatical­s – zu nutzen.

Streit gibt es zudem nicht selten darüber, wer an den sogenannte­n Brückentag­en in ein verlängert­es Wochenende gehen darf und wer nicht. „Hier bietet es sich an, die Brückentag­e über alle Arbeitnehm­er gleichmäßi­g zu verteilen“, erklärt Wolf.

Sind zwischen Weihnachte­n und Neujahr keine Betriebsfe­rien angeordnet, können Beschäftig­te abwechseln­d freinehmen, damit jeder gleichmäßi­g in den Genuss von Urlaubsund Feiertagen kommt.

„In jedem Fall können eine frühzeitig­e Planung sowie eine offene Kommunikat­ion im Team und mit den Vorgesetzt­en dazu beitragen, dass sich Kollegen wegen des Themas Urlaub nicht streiten müssen“, so Wolf. (dpa)

„Die Abstimmung im Team kann harmonisch­er erfolgen, wenn es einen für das gesamte Team sichtbaren Urlaubspla­n gibt.“

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FOTO: KLAUS-DIETMAR GABBERT/DPA Wer darf wann freinehmen? Offene Kommunikat­ion hilft auch im Corona-Jahr die Urlaubszei­ten im Team möglichst fair zu verteilen.

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