Schlechter Umgang
Von Anfang an war die Querdenken-Bewegung mehr als ein Sammelbecken für besorgte Bürger. „Reichsbürger“, Selbstverwalter und Rechtsextreme gehören zum gewohnten Bild, wenn die selbst ernannten Querdenker demonstrieren – oder wie im August die Treppen des Reichstags in Berlin stürmten. Dass die Bewegung nun offiziell vom baden-württembergischen Verfassungsschutz beobachtet wird, war höchste Zeit. In unserem föderalen Gefüge ist nun zu hoffen, dass die anderen Länder nachziehen.
Die Reaktionen mancher Kreise auf diesen Schritt sind vorhersehbar. Die da oben, die Mächtigen, wollen Kritiker der Corona-Maßnahmen mundtot machen, wird ein empörter Vorwurf lauten. Das ist schlicht falsch, und zwar aus vielen Gründen. Zum einen hat Verfassungsschutzpräsidentin Beate Bube klargemacht, dass nicht alle Teilnehmer an Demonstrationen der Bewegung beobachtet werden. Im Fokus sind die Organisatoren und die Extremisten, die etwa Reichsfahnen und Reichskriegsflaggen bei Kundgebungen schwenken – Symbole dafür, dass sie unseren Staat ablehnen und sich somit klar als Verfassungsfeinde outen.
Zum anderen darf und soll in der Demokratie jeder seine Meinung sagen – und oft genug passiert das auch. Greift der Staat in Pandemiezeiten zu stark in andere Grundrechte ein, um dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu genügen? Vielleicht. Ein konstruktiver Streit über solche Fragen ist fruchtbar.
Völlig widersinnig ist es hingegen, neben Verfassungsfeinden zu marschieren, die von einer Diktatur faseln, um solcher Kritik Ausdruck zu verleihen. Unser demokratischer Staat macht viele andere Formen des Protests möglich: etwa Unterschriftensammlungen, Briefe an demokratisch gewählte Abgeordnete oder Kundgebungen, auf denen Extremisten tatsächlich keinen Platz haben. Wer bei den Querdenkern weiter mitläuft, möge sich einen Satz Johann Wolfgang von Goethes zu Herzen nehmen: „Sage mir, mit wem du umgehst, so sage ich dir, wer du bist.“Vor schlechtem Umgang haben uns schon unsere Mütter gewarnt.