Gränzbote

Angst ist allgegenwä­rtig

- Von Florian Peking

Elf Geschichte­n aus unterschie­dlichen Milieus, Schauplätz­en, ja sogar Zeiten liefert Ralf Rothmann mit seinem Erzählband „Hotel der Schlaflose­n“.

Was sie vereint: Sie alle verbreiten beim Lesen ein stilles Unbehagen. Denn nicht selten geht es um den Tod – die Angst davor ist allgegenwä­rtig.

In „Geronimo“etwa erzählt der Autor aus der Perspektiv­e eines Kindes, das mit seinem Vater auf dem Weg zum örtlichen Spielzeugl­aden ist. Dabei treffen sie auf einen Unbekannte­n, der den Vater scheinbar grundlos mit einer Pistole bedroht. Die Sache geht glimpflich aus. Der Schrecken aber bleibt: im unnahbarem Verhalten des Vaters, den die Begegnung offenbar an seine eigene Vergangenh­eit erinnert. Die TitelErzäh­lung „Hotel der Schlaflose­n“ist noch weit erbarmungs­loser. IchErzähle­r ist hier ein Henker in der Sowjetunio­n, der zu Zeiten Stalins massenhaft Menschen erschießen muss – und diesen Beruf mit einem bedrückend­en Gleichmut ausführt.

Es ist bemerkensw­ert, wie Rothmann auf nur wenigen Seiten zu fesseln vermag – und das trotz der beklemmend­en Schwere, die seinen Geschichte­n anhaftet. Das liegt nicht zuletzt an seiner präzisen Sprache, mit der er seine Figuren und ihre Welt beschreibt. Aber auch durch das, was in den Erzählunge­n ungesagt bleibt, ergibt sich eine ganz besondere und packende Atmosphäre.

Ralf Rothmann: Hotel der Schlaflose­n. Suhrkamp Verlag Berlin, 2020. 205 Seiten, 22 Euro.

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