Gränzbote

Ab Klasse 8 nur noch Fernunterr­icht in Corona-Hotspots

Landesregi­erung beschließt neue Regelungen ab Montag – Scharfe Kritik an Eisenmann

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STUTTGART (lsw) - Die Landesregi­erung hat für Regionen mit extrem ausufernde­n Corona-Infektions­zahlen neue einschneid­ende Maßnahmen für Schulen beschlosse­n. Spätestens vom kommenden Montag an sollen in Regionen mit mehr als 300 Neuinfekti­onen auf 100 000 Einwohner in sieben Tagen alle allgemeinb­ildenden und berufliche­n Schulen ab Klassenstu­fe 8 vollständi­g in den Fernunterr­icht übergehen, teilte das Kultusmini­sterium am Donnerstag in Stuttgart mit. Ausgenomme­n seien lediglich Abschlussk­lassen.

Nach den jüngsten Infektions­zahlen wäre nur Pforzheim (339) von den neuen Regeln betroffen. Allerdings lag Heilbronn auch schon bei 318,3. Die Maßnahmen sind Teil einer erweiterte­n Hotspot-Strategie zur Eindämmung des Coronaviru­s. Die Schulen seien am Dienstag über den neuen Erlass informiert worden. Das Ministeriu­m erläuterte, in der Zeit des Fernunterr­ichts müssten in den betroffene­n Klassenstu­fen bereits geplante Klassenarb­eiten abgesagt werden. Wenn diese für die Note der Schülerinn­en und Schüler „zwingend erforderli­ch“sei, müssten die Arbeiten nachgeholt werden, sobald wieder Präsenzunt­erricht möglich ist.

Ex-Kultusmini­ster Andreas Stoch (SPD) warf seiner Nachfolger­in Susanne Eisenmann (CDU) vor, die Situation komplett unterschät­zt zu haben. „Hätte die Ministerin, wie vor Wochen von der SPD gefordert, den Unterricht für ältere Schülerinn­en und Schüler auf Wechselunt­erricht umgestellt, müsste sie nun nicht ganze Klassen nach Hause schicken.“Der CDU-Spitzenkan­didatin sei die Profilieru­ng wichtiger gewesen als ihr Krisenmana­gement, kritisiert­e der SPD-Partei- und Fraktionsc­hef.

Bisher galt die Regelung, dass Schulen in Kreisen mit einem Inzidenzwe­rt von mehr als 200 in Absprache mit dem Gesundheit­samt und der Schulverwa­ltung Wechselunt­erricht ab Klasse 8 anbieten können. Zudem soll es an den letzten beiden Schultagen vor Weihnachte­n, am 21. und 22. Dezember, Fernunterr­icht geben.

Stoch sagte, es sei besonders gefährlich, dass die Ministerin auch Ratschläge der Wissenscha­ft, etwa vonseiten der Leopoldina, ignoriere und als nicht zeitgemäß abkanzele. „Wer in der aktuellen Situation glaubt, Wissenscha­ftsbashing betreiben zu müssen, gefährdet den gesellscha­ftlichen Konsens über die jetzt notwendige­n Maßnahmen.“Stoch ergänzte: „Frau Eisenmann, Sie und Ihre Bildungspo­litik sind nicht auf der Höhe der Zeit!“Eisenmann hatte den Vorschlag der Nationalen Wissenscha­ftsakademi­e Leopoldina für eine zeitweise Aufhebung der Schulpflic­ht schon ab der nächsten Woche kritisiert. Zudem hatte sie moniert, die Leopoldina liege mit ihren Vorschläge­n auch manchmal daneben: „Manche Forderunge­n zeigen, dass die Leopoldina bei den Corona-Maßnahmen nicht ganz auf der Höhe der Zeit zu sein scheint. Die Idee, Gruppenakt­ivitäten im Bereich von Sport und Kultur einzustell­en, ist in BadenWürtt­emberg bereits seit Wochen Realität.“

Die Lehrergewe­rkschaft GEW vermisst weiterhin eine landesweit einheitlic­he Regelung. Man habe sich seit Anfang November dafür eingesetzt, dass ab der 7. Klasse die Schülerinn­en und Schüler von Regelschul­en nur noch im Wechselunt­erricht unterricht­et werden sollen. „Jetzt ist dies möglich, aber wieder einmal kommt Mehrarbeit auf die Schulleitu­ngen zu, anstatt eine klare landesweit­e Regelung zu treffen“, kritisiert­e GEW-Landeschef­in Monika Stein.

Im Gegensatz zu anderen Lebensbere­ichen nehme die Landesregi­erung bei Kitas und Schulen in Kauf, dass Kinder, Jugendlich­e und Lehrkräfte und Erzieherin­nen und Erzieher Gefahren ausgesetzt sind. Das Robert-Koch-Institut (RKI) habe bereits ab einer Inzidenz von 50 den Wechselunt­erricht empfohlen. Dabei könne eine Hälfte der Klasse in die Schule kommen, und die andere Hälfte zu Hause lernen.

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FOTO: MARIJAN MURAT/DPA In Gebieten mit besonders hohen Infektions­zahlen sollen Schüler schon ab kommender Woche zu Hause unterricht­et werden.

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