Gränzbote

Restschuld günstig tilgen

Wer eine Immobilien-Anschlussf­inanzierun­g sucht, profitiert aktuell von niedrigen Zinsen

- Von Katja Fischer

BERLIN (dpa) - Wer heute einen Kreditvert­rag für eine Immobilie abschließt, profitiert vom aktuell niedrigen Zinsniveau auf dem Markt. Der mit der Bank vereinbart­e Zinssatz wird zu Beginn des Vertrages festgeschr­ieben und gilt bis zum Ende der Zinsbindun­g. Das kann – je nach Vertrag – nach 10, 15 Jahren oder noch später sein.

Ist die Zinsbindun­g abgelaufen und die Kreditsumm­e für die Immobilien noch nicht vollständi­g abgezahlt, bleibt eine Restschuld. Diese muss mit einem Anschlussk­redit bedient werden. Bauherren, die vor Jahren mit einem höheren Zinssatz gestartet sind, können nach Ende ihrer Zinsbindun­g neu verhandeln und von den aktuell günstigere­n Zinssätzen profitiere­n.

„Das ist ein wichtiger Punkt bei der Immobilien­finanzieru­ng“, sagt Dirk Eilinghoff. „Denn mit der Anschlussf­inanzierun­g beeinfluss­t der Kunde seine Rate für die nächsten Jahre. Hier fällt die Entscheidu­ng, wie lange und zu welchen Kosten er zukünftig finanziert“, erklärt der Experte vom Ratgeberpo­rtal Finanztip. „Es ist also eine gute Gelegenhei­t, seine Finanzen neu zu ordnen und die Darlehensr­ate den aktuellen finanziell­en Gegebenhei­ten anzupassen.“

Wer einen Vertrag hat, dessen Zinsbindun­g länger als zehn Jahre läuft, kann ihn schon vorher kündigen. Laut BGB besteht die Möglichkei­t, das Darlehen zehn Jahre nach vollständi­ger Auszahlung zu kündigen. Die Kündigungs­frist beträgt sechs Monate.

Der früheste Zeitpunkt der Kündigung ist nicht immer exakt zehn Jahre nach Vertragssc­hluss, sondern kann auch später sein, wenn das Darlehen erst nach Vertragssc­hluss vollständi­g ausgezahlt wurde. „Der vorzeitige Ausstieg lohnt sich im Regelfall, weil die Zinsen vor zehn Jahren noch im Schnitt bei knapp vier Prozent lagen“, so Niels Nauhauser von der Verbrauche­rzentrale BadenWürtt­emberg in Stuttgart.

Je höher die Restschuld ist, desto wichtiger ist es, bei der Anschlussf­inanzierun­g auf günstige Konditione­n zu achten. Denn das spart bares Geld. „Es gibt große Unterschie­de zwischen den Banken“, beobachtet Nauhauser. „Man kann ein zehnjährig­es Darlehen schon für 0,3 Prozent Zinsen erhalten, während andere Banken dafür aber auch für 1 bis 1,5 Prozent Zinsen nehmen.“Kunden sollten nicht warten, bis ihnen ihre Bank ein neues Angebot macht, rät Florian Becker, Geschäftsf­ührer des Bauherren-Schutzbund­es in Berlin. „Besser ist es, ein halbes Jahr vor Ablauf der Zinsbindun­g ein oder zwei Vergleichs­angebote einzuholen und die eigene Bank darüber zu informiere­n.“Das könnte diese dazu animieren, statt eines Standardan­gebots bessere Konditione­n zu offerieren.

Doch nicht nur ein günstiger Zinssatz ist wichtig. „Da die Bauherren nun schon Erfahrunge­n mit der Erstfinanz­ierung gemacht haben, achten sie in der zweiten Runde in der Regel stärker auf höhere und flexible Tilgungsmö­glichkeite­n“, sagt Florian Becker. „Viele fangen sogar erst mit der Anschlussf­inanzierun­g an, richtig zu tilgen.“Besser wäre es natürlich, gleich in der ersten Finanzieru­ng hohe Tilgungsra­ten zu vereinbare­n und in der Anschlussf­inanzierun­g damit weiterzuma­chen.

Je höher die Tilgungsra­te, desto früher ist der Kredit abgezahlt. „Man sollte mindestens drei Prozent Tilgung anstreben“, rät Dirk Eilinghoff. Außerdem ist es ratsam, Sondertilg­ungen zu vereinbare­n. Dann kann man jährlich eine größere Summe in einem Stück abzahlen, etwa nach Ablauf einer Lebensvers­icherung oder bei einer Erbschaft. Diese Möglichkei­t sollte man sich offen halten, denn sie beschleuni­gt die Rückzahlun­g. Eine Pflicht zur Sondertilg­ung besteht aber nicht.

Umgekehrt ist es wichtig, sich für Umstände zu wappnen, die eine Finanzieru­ng gefährden könnten. Es kann passieren, dass ein Einkommen durch Kurzarbeit oder Arbeitslos­igkeit sinkt. Oder es kündigt sich Nachwuchs an. „Diesen Risiken kann man mit einem Recht auf Wechsel des Tilgungssa­tzes vorbeugen. Dann lässt sich die Rate bei Bedarf reduzieren“, so Nauhauser. „Das Recht auf einen Tilgungssa­tzwechsel wird aber auch nicht von allen Banken angeboten, man muss aktiv nachfragen.“

Niemand weiß mit Sicherheit, wie sich die Zinsen in den nächsten Jahren entwickeln. Für besonders sicherheit­sorientier­te Kunden könnte das ein Grund sein, über ein Forward-Darlehen nachzudenk­en. Das ist gewisserma­ßen eine Versicheru­ng gegen steigende Zinsen. Kunden, die erst im nächsten Jahr oder später einen Anschlussk­redit brauchen, können sich das aktuell günstige Zinsniveau gegen einen geringen Aufschlag bis zu fünf Jahre im Voraus sichern.

„Im Moment ist das aber keine gute Idee, denn es gibt keine Anzeichen, dass die Zinsen in den nächsten zwei, drei Jahren substanzie­ll steigen“, so Eilinghoff. Deshalb mache ein Forward-Darlehen im Moment keinen Sinn. „Im Gegenteil, es ist sogar riskant. Denn damit schließt man einen verbindlic­hen Darlehensv­ertrag, für den eine Nichtabnah­meentschäd­igung gezahlt werden muss, wenn man ihn aus irgendwelc­hen Gründen nicht benötigt.“

Es kann sich durchaus lohnen, für den Anschlussk­redit die Bank zu wechseln. Damit lassen sich möglicherw­eise einige tausend Euro sparen. Ob es allerdings der richtige Schritt ist, hängt von den Konditione­n und der persönlich­en Situation ab. „Der Vorteil der bisher finanziere­nden Bank ist, dass sie ihren Kunden genau kennt. Bei ihr läuft die Anschlussf­inanzierun­g in der Regel unkomplizi­ert, die Kreditwürd­igkeit wird nicht erneut geprüft“, sagt Eilinghoff.

Bei einem Wechsel muss der Kunde jedoch seine Kreditwürd­igkeit bei der neuen Bank nachweisen. „Das kann schwierig werden, wenn sich die finanziell­en Verhältnis­se verschlech­tert haben oder man zum Beispiel in Branchen arbeitet, die gerade stark durch die Corona-Folgen beeinträch­tigt sind“, meint er. Wer nicht noch einmal seine finanziell­en Verhältnis­se detaillier­t offen legen möchte, bleibt also besser seinem alten Geldinstit­ut treu, selbst wenn die Konditione­n etwas ungünstige­r sind.

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FOTO: DPA Eine Anschlussf­inanzierun­g ist eine Chance, seine Finanzen neu zu ordnen und die Darlehensr­ate der aktuellen finanziell­en Lage anzupassen.

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