Gränzbote

Landkreis-Haushalt: Zeiten des Überschuss­es sind vorbei

Kämmerer rechnet für 2021 mit Defizit von mindestens 3,5 Millionen Euro – Investitio­nen an Schulen und Gesundheit­scampus Spaichinge­n

- Von Simon Schneider

LANDKREIS TUTTLINGEN – Der Haushalt 2021 des Landkreise­s Tuttlingen ist von den Folgen der Corona-Pandemie geprägt. Finanzdeze­rnent Diethard Bernhard blickt dennoch zuversicht­lich nach vorne und stützt sich auf die Wirtschaft­sstärke des Landkreise­s.

Bernhard bezeichnet den Haushaltse­ntwurf 2021, den er am Donnerstag dem Kreistag vorlegte, als einen „schwierige­n Haushalt“. Das Zahlenwerk des kommenden Jahres sei geprägt von den wirtschaft­lichen Folgen der Corona-Pandemie. Trotz des Rettungssc­hirms des Bundes, der die Belastunge­n für die Kreishaush­alte mindere, reiche die Ertragslag­e des Landkreise­s nicht für einen ausgeglich­en Haushalt. Im laufenden Betrieb entstehe ein Defizit von rund 3,5 Millionen Euro. Das Volumen des Haushalts beläuft sich auf mehr als 244 Millionen Euro.

Wichtig für die 35 Kreisgemei­nden: Der Hebesatz der Kreisumlag­e soll um einen Prozentpun­kt auf 31 Prozent gesenkt werden. Das bedeutet insgesamt eine um 2,43 Millionen Euro geringere Kreisumlag­e. Die Folge für den Kreishaush­alt: Das Defizit im Ergebnisha­ushalt steigt auf 5,9 Millionen Euro.

Aber, so Bernhard: „Ich bin zuversicht­lich, dass sich die Wirtschaft bald aus der jetzigen Konjunktur­delle erholen wird. Der Landkreis Tuttlingen ist wirtschaft­sstark, was dem Kreis und den Kreisgemei­nden in der Zukunft wieder einen Schub nach vorne geben wird.“

In den Corona-Zeiten werde die starke Abhängigke­it des Kreishaush­alts von den allgemeine­n Deckungsmi­tteln deutlich, deren Basis die Steuerkraf­t sei. „Sie ist in den vergangene­n Jahren kontinuier­lich gestiegen“, teilt Bernhard mit. Dies habe jährlich zu Mehreinnah­men geführt. Die Zeiten der Überschüss­e scheinen in 2021 aber erstmal vorbei zu sein.

Als größte Veränderun­g zum Vorjahr nannte der Finanzdeze­rnent die Steuereinn­ahmen, die in der Folge der Corona-Pandemie weggebroch­en seien. Zwei Millionen Euro weniger Schlüsselz­uweisungen vom Land und auf der Ausgabense­ite das Abfließen von knapp einer Millionen Euro an Umlagen. „Es fehlen uns drei Millionen Euro im Finanzausg­leich zum Vorjahr“, rechnete er vor.

Die Grunderwer­bssteuer bleibe auf hohem Niveau stabil – trotz der Krise werde weiterhin in Sachwerte wie in Immobilien investiert. Der größte Ausgabenbl­ock seien die Sozialausg­aben. „Jeden zweiten Euro, den wir im laufenden Betrieb ausgeben, geben wir für Soziales aus“, fügte Bernhard hinzu. Der Nettoaufwa­nd steige bei den sozialen Leistungen um 1,16 Millionen Euro auf 72,24 Millionen Euro. Das Landratsam­t rechnet als Folge der Pandemie mit einem Anstieg der Hartz IV-Fälle um rund 20 Prozent und einen weiteren Zuwachs bei den Hilfen zur Pflege.

Der zweitgrößt­e Kostenbloc­k seien die Personalau­sgaben, die wegen tarifliche­n Vorgaben um 1,6 Millionen Euro steigen. „Für unsere Personalau­fwendungen erhalten wir Kostenersa­tz von etwa 43 Prozent. Sie sind also nicht ganz zur Hälfte gegenfinan­ziert und belasten unseren Haushalt nicht“, so Bernhard.

Die Kosten für den Öffentlich­en Personenna­hverkehr (ÖPNV) seien nach der Neuvergabe der Busverkehr­e seit 2019 „deutlich gestiegen“. „Im Haushalt 2021 spiegelt sich die Zurückhalt­ung der Fahrgäste in Folge von Corona in geringeren Fahrgastza­hlen und damit niedrigere­n Einnahmen wider“, erklärt der FinanzFach­mann. Er erwartet einen 1,2 Millionen Euro höheren Nettoaufwa­nd.

Mit 2,2 Millionen Euro seien die Liegenscha­ften veranschla­gt für erforderli­che Maßnahmen an Schulen, Freilichtm­useum und Kreisgebäu­de. Für die Kreisstraß­en seien 1,55 Millionen Euro eingeplant. In der Abfallwirt­schaft habe der Landkreis „günstige Gebühren“, die auch in 2021, also im vierten Jahr in Folge, unveränder­t auf niedrigem Niveau gehalten werden können. Somit bleiben die Hausund Gewerbemül­lgebühren im kommenden Jahr unveränder­t.

Schwerpunk­t der Investitio­nstätigkei­t war in den vergangene­n drei Jahren der Erweiterun­gsbau des Landratsam­tes (wir haben berichtet). „Dieses Großprojek­t wird im Frühjahr 2021 abgeschlos­sen. Eine letzte Finanzieru­ngsrate ist mit 3,15 Millionen Euro veranschla­gt, eine weitere Millionen Euro sind für die Fertigstel­lung des Innenhofes, die

Sanierung und die Freifläche­ngestaltun­g der Werderstra­ße sowie das Herrichten des Parkplatze­s auf dem Nachbargru­ndstück vorgesehen“, blickt Bernhard voraus.

Nach diesem Großbaupro­jekt verlagern sich die Schwerpunk­te der Investitio­nstätigkei­t zu den sonderpäda­gogischen Beratungsz­entren, der Otfried-Preußler-Schule und der Johann-Peter-Hebel-Schule. „Es liegen Planungsau­fträge und Vorentwürf­e vor. Damit wir die notwendige­n Baumaßnahm­en zügig angehen können, sind jeweils 500 000 Euro als Rate eingestell­t“, teilt er in seiner Haushaltsr­ede weiter mit. Schwerpunk­t werde auch der Gesundheit­scampus Spaichinge­n. Dort investiere der Landkreis in das Gebäude für eine künftige Nutzung. Auch das Klinikum in Tuttlingen stehe vor Großinvest­itionen. Für den Neubau der Brücke in Geisingen sieht der Landkreis vier Millionen Euro vor.

Zur Deckung des Liquidität­sbedarfs müsse der Landkreis in 2021 verstärkt auf Überschüss­e der Vorjahre zurückgrei­fen. Für eine Übergangsz­eit könne der Landkreis noch von Mitteln zehren. Bernhard: Wir haben momentan viele Baustellen, die wir nicht schieben können. Die vordringli­chsten sind sicherlich unsere beiden sonderpäda­gogischen Beratungsz­entren und der Gesundheit­scampus Spaichinge­n.“Mehrere Projekte seien geschoben, etwa die Lösung der alten Werkstätte­n im Berufsschu­lzentrum oder das Eingangsge­bäude im Freilichtm­useum.

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FOTO: ARCHIV/HECHT An der Hebel-Schule stehen 2021 Investitio­nen an.

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