Landkreis-Haushalt: Zeiten des Überschusses sind vorbei
Kämmerer rechnet für 2021 mit Defizit von mindestens 3,5 Millionen Euro – Investitionen an Schulen und Gesundheitscampus Spaichingen
LANDKREIS TUTTLINGEN – Der Haushalt 2021 des Landkreises Tuttlingen ist von den Folgen der Corona-Pandemie geprägt. Finanzdezernent Diethard Bernhard blickt dennoch zuversichtlich nach vorne und stützt sich auf die Wirtschaftsstärke des Landkreises.
Bernhard bezeichnet den Haushaltsentwurf 2021, den er am Donnerstag dem Kreistag vorlegte, als einen „schwierigen Haushalt“. Das Zahlenwerk des kommenden Jahres sei geprägt von den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie. Trotz des Rettungsschirms des Bundes, der die Belastungen für die Kreishaushalte mindere, reiche die Ertragslage des Landkreises nicht für einen ausgeglichen Haushalt. Im laufenden Betrieb entstehe ein Defizit von rund 3,5 Millionen Euro. Das Volumen des Haushalts beläuft sich auf mehr als 244 Millionen Euro.
Wichtig für die 35 Kreisgemeinden: Der Hebesatz der Kreisumlage soll um einen Prozentpunkt auf 31 Prozent gesenkt werden. Das bedeutet insgesamt eine um 2,43 Millionen Euro geringere Kreisumlage. Die Folge für den Kreishaushalt: Das Defizit im Ergebnishaushalt steigt auf 5,9 Millionen Euro.
Aber, so Bernhard: „Ich bin zuversichtlich, dass sich die Wirtschaft bald aus der jetzigen Konjunkturdelle erholen wird. Der Landkreis Tuttlingen ist wirtschaftsstark, was dem Kreis und den Kreisgemeinden in der Zukunft wieder einen Schub nach vorne geben wird.“
In den Corona-Zeiten werde die starke Abhängigkeit des Kreishaushalts von den allgemeinen Deckungsmitteln deutlich, deren Basis die Steuerkraft sei. „Sie ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen“, teilt Bernhard mit. Dies habe jährlich zu Mehreinnahmen geführt. Die Zeiten der Überschüsse scheinen in 2021 aber erstmal vorbei zu sein.
Als größte Veränderung zum Vorjahr nannte der Finanzdezernent die Steuereinnahmen, die in der Folge der Corona-Pandemie weggebrochen seien. Zwei Millionen Euro weniger Schlüsselzuweisungen vom Land und auf der Ausgabenseite das Abfließen von knapp einer Millionen Euro an Umlagen. „Es fehlen uns drei Millionen Euro im Finanzausgleich zum Vorjahr“, rechnete er vor.
Die Grunderwerbssteuer bleibe auf hohem Niveau stabil – trotz der Krise werde weiterhin in Sachwerte wie in Immobilien investiert. Der größte Ausgabenblock seien die Sozialausgaben. „Jeden zweiten Euro, den wir im laufenden Betrieb ausgeben, geben wir für Soziales aus“, fügte Bernhard hinzu. Der Nettoaufwand steige bei den sozialen Leistungen um 1,16 Millionen Euro auf 72,24 Millionen Euro. Das Landratsamt rechnet als Folge der Pandemie mit einem Anstieg der Hartz IV-Fälle um rund 20 Prozent und einen weiteren Zuwachs bei den Hilfen zur Pflege.
Der zweitgrößte Kostenblock seien die Personalausgaben, die wegen tariflichen Vorgaben um 1,6 Millionen Euro steigen. „Für unsere Personalaufwendungen erhalten wir Kostenersatz von etwa 43 Prozent. Sie sind also nicht ganz zur Hälfte gegenfinanziert und belasten unseren Haushalt nicht“, so Bernhard.
Die Kosten für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) seien nach der Neuvergabe der Busverkehre seit 2019 „deutlich gestiegen“. „Im Haushalt 2021 spiegelt sich die Zurückhaltung der Fahrgäste in Folge von Corona in geringeren Fahrgastzahlen und damit niedrigeren Einnahmen wider“, erklärt der FinanzFachmann. Er erwartet einen 1,2 Millionen Euro höheren Nettoaufwand.
Mit 2,2 Millionen Euro seien die Liegenschaften veranschlagt für erforderliche Maßnahmen an Schulen, Freilichtmuseum und Kreisgebäude. Für die Kreisstraßen seien 1,55 Millionen Euro eingeplant. In der Abfallwirtschaft habe der Landkreis „günstige Gebühren“, die auch in 2021, also im vierten Jahr in Folge, unverändert auf niedrigem Niveau gehalten werden können. Somit bleiben die Hausund Gewerbemüllgebühren im kommenden Jahr unverändert.
Schwerpunkt der Investitionstätigkeit war in den vergangenen drei Jahren der Erweiterungsbau des Landratsamtes (wir haben berichtet). „Dieses Großprojekt wird im Frühjahr 2021 abgeschlossen. Eine letzte Finanzierungsrate ist mit 3,15 Millionen Euro veranschlagt, eine weitere Millionen Euro sind für die Fertigstellung des Innenhofes, die
Sanierung und die Freiflächengestaltung der Werderstraße sowie das Herrichten des Parkplatzes auf dem Nachbargrundstück vorgesehen“, blickt Bernhard voraus.
Nach diesem Großbauprojekt verlagern sich die Schwerpunkte der Investitionstätigkeit zu den sonderpädagogischen Beratungszentren, der Otfried-Preußler-Schule und der Johann-Peter-Hebel-Schule. „Es liegen Planungsaufträge und Vorentwürfe vor. Damit wir die notwendigen Baumaßnahmen zügig angehen können, sind jeweils 500 000 Euro als Rate eingestellt“, teilt er in seiner Haushaltsrede weiter mit. Schwerpunkt werde auch der Gesundheitscampus Spaichingen. Dort investiere der Landkreis in das Gebäude für eine künftige Nutzung. Auch das Klinikum in Tuttlingen stehe vor Großinvestitionen. Für den Neubau der Brücke in Geisingen sieht der Landkreis vier Millionen Euro vor.
Zur Deckung des Liquiditätsbedarfs müsse der Landkreis in 2021 verstärkt auf Überschüsse der Vorjahre zurückgreifen. Für eine Übergangszeit könne der Landkreis noch von Mitteln zehren. Bernhard: Wir haben momentan viele Baustellen, die wir nicht schieben können. Die vordringlichsten sind sicherlich unsere beiden sonderpädagogischen Beratungszentren und der Gesundheitscampus Spaichingen.“Mehrere Projekte seien geschoben, etwa die Lösung der alten Werkstätten im Berufsschulzentrum oder das Eingangsgebäude im Freilichtmuseum.