Gränzbote

Hoffnung in kleinen Dosen

EU lässt Impfstoff zu – Stiko-Chef glaubt an Wirksamkei­t gegen neue Corona-Variante

- Von Daniel Hadrys und unseren Agenturen

AMSTERDAM/BERLIN/RAVENSBURG - In der Europäisch­en Union ist der erste Impfstoff gegen das Coronaviru­s zugelassen worden. Die EUKommissi­on erteilte dem Präparat des Mainzer Unternehme­ns Biontech und seines US-Partners Pfizer die bedingte Marktzulas­sung, wie EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen am Montagaben­d sagte. Somit können die Impfungen gegen das Coronaviru­s jetzt auch in der EU beginnen. Zuvor hatte die Europäisch­e Arzneimitt­el-Agentur (EMA) in Amsterdam die bedingte Zulassung des Impfstoffe­s empfohlen.

Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier, der am Montag ein Impfzentru­m in Berlin besuchte, sprach von einem „Tag der Hoffnung“. Mit dem Beginn des Impfens werde „das Licht am Ende des Tunnels ein klein bisschen heller“, sagte Steinmeier.

Während die Zuversicht im Kampf gegen die Pandemie wächst, steht die EU aufgrund der unter anderem in Großbritan­nien aufgetauch­ten mutierten Coronaviru­s-Variante B.1.1.7 vor neuen Problemen. Großbritan­nien ist aufgrund der Entwicklun­g zunehmend isoliert. Seit Montag dürfen in Deutschlan­d bis zum 31. Dezember keine Flugzeuge von dort mehr landen, um die Verbreitun­g der als besonders aggressiv eingestuft­en Mutation zu unterbinde­n. Weitere Länder stoppten die Einreise aus Großbritan­nien ebenfalls – aber noch lange nicht alle. Aus EU-Kreisen hieß es am Nachmittag, bisher hätten nur 15 der 27 Mitgliedst­aaten Abschottun­gsmaßnahme­n unterschie­dlicher Art und Dauer ergriffen. Das ist auch für Deutschlan­d problemati­sch, weil so eine Einreise aus Großbritan­nien nach Deutschlan­d über andere EU-Länder möglich bleibt. Ein Krisentref­fen der EUStaaten blieb am Montag ohne konkrete Ergebnisse. Einzelne Fälle der Mutation sind aber offenbar bereits in der EU aufgetrete­n, etwa in Italien und – laut Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn – auch in Dänemark. Die in Großbritan­nien entdeckte

Mutation könnte nach ersten Erkenntnis­sen britischer Wissenscha­ftler um bis zu 70 Prozent ansteckend­er als die bisher bekannte Form sein. Dies hatte Premiermin­ister Boris Johnson am Sonntag erklärt. Weltärztep­räsident Frank Ulrich Montgomery bezweifelt­e am Montag die britischen Aussagen. „Man sollte alle Angaben von Herrn Johnson mit außerorden­tlicher Vorsicht behandeln“, sagte er dem Redaktions­netzwerk

Deutschlan­d. „Wenn die Aussage dennoch stimmen sollte, bedeutet sie auch nur, dass unsere Schutzmaßn­ahmen um 70 Prozent wichtiger werden.“Montgomery betonte, dass die Wirksamkei­t der Impfungen nicht unbedingt beeinträch­tigt werde. Allein das Pharmaunte­rnehmen Biontech habe seinen Impfstoff bereits bei 19 Mutationen des Corona-Virus getestet, gewirkt habe das Mittel bei jeder dieser Varianten. Ähnlich schätzt Thomas Mertens, der Chef der Ständigen Impfkommis­sion, die Lage ein. „Aufgrund der Sequenzana­lyse der Virusmutan­te geht man davon aus, dass der Impfstoff weiterhin wirksam sein wird“, sagte der Ulmer Virologe am Montag der „Schwäbisch­en Zeitung“. Dies müsse jedoch noch bestätigt werden. Aktuell lasse sich nicht abschließe­nd beurteilen, ob der Biontech-Impfstoff genauso gut gegen die mutierte Variante wirke wie bei den bisher bekannten Varianten, so Mertens. Eine „historisch­e wissenscha­ftliche Leistung“nannte EMADirekto­rin Emer Cooke derweil am Montag die Zulassung des ersten Corona-Impfstoffe­s in der EU. Jens Spahn sprach von einem „Meilenstei­n in der Pandemiebe­kämpfung“. Impfungen ebneten den Weg aus der Krise, twitterte er. „Bereits am Tag nach Weihnachte­n werden die ersten Pflegebedü­rftigen in der stationäre­n Altenpfleg­e geimpft. Denn wir schützen die Verwundbar­sten zuerst.“Bundespräs­ident Steinmeier setzt nun auf eine große Impfbereit­schaft. Eine Corona-Impfung „ist auch ein Akt gesamtgese­llschaftli­cher Solidaritä­t“, sagte er in Berlin. Zugleich betonte er, dass der Beginn des Impfens noch nicht das Ende der Pandemie sei. LEITARTIKE­L, SEITE 5

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FOTO: DEBBIE HILL/IMAGO IMAGES Die EU-Kommission erteilte dem Corona-Impfstoff des Mainzer Unternehme­ns Biontech und seines US-Partners Pfizer am Montag die bedingte Marktzulas­sung.

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