Bleibe ich auch als Rentnerin freiwillig krankenversichert?
Bei der Telefonaktion der „Schwäbischen Zeitung“haben Experten Leserfragen rund um das Thema Krankenversicherung beantwortet
RAVENSBURG - Im kommenden Jahr kann man leichter von einer in die andere gesetzliche Krankenkasse wechseln. Der Wechsel von einer privaten Versicherung in eine gesetzliche Kasse bleibt dagegen schwierig. Auch andere Regelungen zur Krankenversicherung sind nicht immer ganz leicht zu durchschauen. Um Fragen rund um den Krankenkassenwechsel, aber auch um andere Fragen rund um die medizinische Absicherung, ging es bei der Telefonaktion der „Schwäbischen Zeitung“. Monika Müller vom Sozialverband VdK BadenWürttemberg, Thomas Bötticher vom Verband der privaten Krankenversicherung und Gabriel Fürst von der AOK Bodensee-Oberschwaben haben mit den Lesern gesprochen.
Kann ich als Rentnerin die Kassse wechseln, obwohl ich seit 30 Jahren bei der gleichen Kasse bin?
Ja, natürlich. Mit einer Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende können Sie Ihre Krankenkasse kündigen. Von Januar 2021 an müssen Versicherte die Mitgliedschaft bei ihrer bisherigen Krankenkasse nicht mehr wie bisher per Kündigungserklärung anzeigen. Bei einem Wechsel müssen Sie nur noch eine neue Krankenkasse auswählen und dieser den Beitritt erklären. Kündigungsschreiben, Warten auf die Kündigungsbestätigung und deren Vorlage bei der neuen Krankenkasse entfallen. Die bisherige Krankenversicherung wird von der neu gewählten Krankenkasse elektronisch mithilfe eines neuen Meldeverfahrens über die Kündigung informiert.
Bleibt das Sonderkündigungsrecht bestehen?
Das Sonderkündigungsrecht bleibt bestehen, wenn der Zusatzbeitrag erstmalig verlangt oder wenn dieser erhöht wird. Die Kündigungsfrist beträgt zwei Monate zum Monatsende. Für Wahltarife, die Selbstbehalte vorsehen, sowie Krankengeld-Wahltarife gilt weiterhin eine dreijährige Mindestbindungsfrist.
Wie hoch wird der Zusatzbeitrag im nächsten Jahr sein?
Das ist unterschiedlich, da jede Kasse den Zusatzbeitrag individuell festlegen kann. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag für 2021 soll auf 1,3 Prozent steigen. Vor einem Wechsel sollten Sie überlegen, ob Sie Ihre Wunschkasse gut erreichen können und ob der Service für Sie in Ordnung ist. Vielleicht möchten Sie auch Zusatzleistungen wie Osteopathie oder professionelle Zahnreinigung.
Ich war in meinem Berufsleben meist freiwillig versichert. Bleibe ich das auch als Rentnerin?
Nicht unbedingt. Waren Sie 90 Prozent der zweiten Hälfte Ihres Berufslebens gesetzlich versichert und haben Anspruch auf gesetzliche Rente, werden Sie als Pflichtmitglied in die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) aufgenommen. Das prüft Ihre Kasse vor Rentenbeginn. Für diese sogenannte Neun-Zehntel-Regelung ist es unerheblich, ob Sie pflicht-, familien- oder freiwillig versichert waren. Als Pflichtversicherte zahlen Sie Beiträge auf die Altersrente, auf Betriebsrenten über dem Freibetrag und auf Erwerbseinkünfte. Würde man Sie als freiwillig Versicherte einstufen, müssten Sie auch auf zusätzliche Einkünfte wie Betriebsrenten, Miet- und Pachteinnahmen, private Lebens- und Rentenversicherungen den vollen Krankenund Pflegeversicherungsbeitrag zahlen – und zwar bis zur Bemessungsgrenze von derzeit 4.687,50 Euro und 2021 dann 4.837,50 Euro monatlich.
Da die Geschäfte derzeit schlecht gehen, überlege ich, meine Selbstständigkeit aufzugeben und mir für die vier Jahre bis zur Rente eine Festanstellung zu suchen. Bisher war ich privat versichert. Bleibe ich das oder kann ich zur gesetzlichen Kasse wechseln?
Ein Wechsel ist für über 55-Jährige leider nicht mehr möglich. Das ist im Sozialgesetzbuch V so festgelegt. Es gibt nach Paragraf 10 SGB V nur die Möglichkeit, sich über Ihre Frau beitragsfrei familienversichern zu lassen. Dazu müsste Ihre Frau gesetzlich versichert sein, und Sie selbst dürften keine Einkünfte von derzeit über 455 Euro, im Jahr 2021 von über 470 Euro monatlich haben.
Ich bin als Rentner freiwillig versichert und soll fast 200 Euro Kassenbeitrag zahlen. Ich habe aber nur eine kleine Rente. Wie soll das gehen?
Bei gesetzlich freiwillig Versicherten wird per Gesetz ein fiktives Mindesteinkommen für die Zahlung der Beiträge festgelegt. Das ist unabhängig von Ihrer Rente. In diesem Jahr sind das 1061,67 Euro im Monat. Daraus ergibt sich Ihr Beitrag von knapp 200 Euro monatlich. Im Jahr 2021 liegt das fiktive Mindesteinkommen bei 1096,67 Euro monatlich.
Ich bin privat versichert und gehe demnächst in den Ruhestand. Bleibt mein Tarif unverändert oder gibt es Einsparmöglichkeiten?
Mit Renteneintritt fallen einige Beitragsbestandteile weg. Das sind beispielsweise das Krankentagegeld und der gesetzlich vorgeschriebene Beitragszuschlag von zehn Prozent – dieser bereits ab dem 61. Lebensjahr. Stellen Sie bei Ihrem Rentenversicherungsträger einen Antrag auf Beitragszuschuss. Dieser wird 2021 bei 7,95 Prozent Ihrer gesetzlichen Altersrente liegen. Lassen Sie sich von Ihrem Anbieter Angebote zum Wechsel in einen gleichwertigen, aber günstigeren Tarif machen. Solch ein Wechselrecht ist gesetzlich verbrieft. Wenn Sie sparen möchten, lässt sich auch die Selbstbeteiligung erhöhen. Machen Sie einen Termin, um die Möglichkeiten durchzugehen.
Mein Sohn ist 37 Jahre alt und privat versichert. Kann er in die gesetzliche Krankenkasse wechseln und wenn ja wie?
Er müsste in einem Angestelltenverhältnis arbeiten, und sein Gehalt müsste unter der geltenden Jahresentgeltgrenze liegen. Das sind 64 350 Euro von Januar 2021 an. Dann rutscht er in die gesetzliche Pflichtversicherung und muss sich eine Kasse suchen.
Die Beiträge für meine private Pflegezusatzversicherung sind erhöht worden. Kann ich kündigen?
Das können Sie, sollten Sie aber nicht. Mit der Kündigung sind sowohl Ihre bisher gezahlten Beiträge als auch der Versicherungsschutz weg. Schauen Sie nach Alternativen. So lassen sich Beitragsdynamik aussetzen oder Tagegeld kürzen. Bietet Ihr Versicherer mehrere Pflegetarife an, haben Sie das Recht, in den günstigsten zu wechseln. Dieser sollte Leistungen im stationären und ambulanten Bereich enthalten und auch die unteren Pflegegrade abdecken.
Ich bin zu 70 Prozent beihilfeversichert und bezahle für die 30 Prozent Privatversicherung 530 Euro monatlich für meine Frau und mich. Ist das nicht überteuert?
Bei der privaten Krankenversicherung kommt es immer darauf an, welche Leistungen Sie versichert haben. Fragen Sie bei Ihrer Versicherung nach, inwieweit Sie Ihren Tarif verändern können, um Beiträge zu sparen.
Ich bekomme Psychotherapie, aber meine Privatversicherung zahlt nicht den vollen Umfang. Kann ich den Tarif erhöhen oder ändern?
Nein, das ist bei laufendem Leistungsfall nicht möglich. Die Leistungen sind im Tarif festgeschrieben.
Ich bin seit 2013 nicht krankenversichert. Was muss ich tun um wieder in die Krankenkasse zu kommen und was passiert dann?
Seit 2007 gilt gemäß Paragraf 193 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz die allgemeine Krankenversicherungspflicht. Sie sollten bei der Krankenkasse, bei der Sie zuletzt versichert waren, einen Antrag auf Mitgliedschaft stellen. Diese wird überprüfen, wo und wie sie vorher versichert waren und feststellen, dass Sie nicht versichert waren und sich seit 2013 Beitragsschulden angesammelt haben. Diese verjähren bei der gesetzlichen Krankenversicherung nach vier Jahren (Paragraf 25 Abs. 1 SGB IV). Das bedeutet, dass die Krankenkasse in der Regel nur die Beiträge für das laufende Kalenderjahr sowie die vergangenen vier Jahr nachfordern kann. Das gilt allerdings nur, wenn die Beiträge nicht vorsätzlich vorenthalten wurden.
Ich bin seit 20 Jahren privat versichert. Meine Beschäftigung wird 2021 möglicherweise reduziert und mein Einkommen fällt unter 50 000 Euro. Ist ein Wechsel in die gesetzliche Versicherung möglich?
Ja, der Wechsel ist voraussichtlich möglich. Sofern Ihr Einkommen im kommenden Jahr unter 58 050 Euro liegt – das ist die besondere Grenze für langjährig Privatversicherte – und das 55. Lebensjahr noch nicht erreicht ist, tritt Versicherungspflicht ein. Dann suchen Sie sich eine Krankenkasse und unterschreiben einen Antrag. Die Krankenkasse bescheinigt Ihnen die Mitgliedschaft beziehungsweise die Versicherungspflicht. Dies legen Sie Ihrem Versicherer und dem Arbeitgeber vor. Das neue elektronische Meldeverfahren gilt nur innerhalb der gesetzlichen Krankenkassen und bezieht die Private Krankenversicherung nicht mit ein.