Gränzbote

Wachsender Frust über Postdienst­e

Die Beschwerde­n über Zusteller von Briefen, Paketen und Päckchen nehmen zu

- Von Wolf von Dewitz

BONN (dpa) - Ob beschädigt­e Pakete, falsch eingeworfe­ne Briefe oder zu kurze Öffnungsze­iten von Postfilial­en: Die Arbeit der Postdienst­leister hat auch dieses Jahr wieder für Ärger gesorgt. Bis Mitte Dezember seien 17 930 Beschwerde­schreiben eingegange­n, teilte die Bundesnetz­agentur mit. Im selben Zeitraum des Vorjahres waren es 17 167. Der Anstieg der kritischen Wortmeldun­gen war mit vier Prozent relativ gering. 2018 hatte es eine Verdopplun­g gegeben, 2019 lag der Zuwachs bei 44 Prozent.

So gesehen sind die aktuellen Beschwerde­zahlen also fast schon positiv zu verstehen. Allerdings gibt es einen Wermutstro­pfen. Denn viele Beschwerde­schreiben enthielten nicht nur einen einzigen Grund zur Kritik, sondern gleich mehrere. Zählt man die in den Schreiben aufgeführt­en negativen Erfahrunge­n zusammen, so kletterten diese von 20 738 im kompletten Jahr 2019 auf 30 709 in diesem Jahr (bis zum 15. Dezember). Das geht aus einer Antwort des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums an den Linken-Bundestags­abgeordnet­en Pascal Meiser hervor.

Das bedeutet: Es haben sich 2020 zwar in etwa gleich viele Menschen bei der Bonner Behörde beschwert wie im Vorjahr, ihr Frust war aber größer als zuvor. Sie ärgerten sich häufig nicht nur über ein verlegtes Paket, sondern im selben Schreiben beispielsw­eise auch über eine andere, beschädigt­e Sendung oder einen Brief, der verspätet ankam oder versehentl­ich beim Nachbarn gelandet war. Pro Beschwerde­schreiben wurden im Jahr 2019 im Schnitt 1,1 schlechte Erfahrunge­n aufgeführt, 2020 kletterte der Schnitt auf 1,7. So hoch lag dieser Wert noch nie in der seit 2014 geführten Statistik.

Wenig schmeichel­haft sind die Zahlen für die Paketdiens­tleister, die deutlich häufiger Grund für den Missmut waren als bisher – ihr Anteil an den in den Beschwerde­schreiben aufgeführt­en negativen Erfahrunge­n stieg von einem Drittel auf die Hälfte,

der Rest entfällt auf die Bereiche Briefe und Filialen.

Woran liegt die Entwicklun­g? Sie könnte damit zusammenhä­ngen, dass die Paketbranc­he unter den widrigen Corona-Bedingunge­n deutlich größere Mengen befördern muss – in dem seit November laufenden Weihnachts­geschäft rechnen die Firmen beispielsw­eise mit einem Mengenplus von 15 bis 20 Prozent.

Bei den Beschwerde­n geht es um die ganze Branche, in der die Deutsche Post DHL mit großem Abstand Marktführe­r ist. Wettbewerb­er bei Paketen sind Hermes, DPD, GLS und UPS. Seinen Marktantei­l schätzte DHL zuletzt auf „gut 40 Prozent“. Der Anteil des Konzerns an den Paket-Beschwerde­gründen liegt 2020 laut Netzagentu­r bei 73 Prozent und damit deutlich über seinem Marktantei­l. Der frühere Staatsmono­polist ist also überpropor­tional vertreten in der Negativ-Statistik.

Ein DHL-Sprecher sagt hierzu, die Beschwerde­n seien nicht repräsenta­tiv und somit sei „auch der Vergleich mit den Marktantei­len nicht sachgerech­t“. Dass der eigene Anteil an den Beschwerde­gründen höher sei als bei den Wettbewerb­ern liege unter anderem daran, dass die eigene Dienstleis­tung stärker von Privatkund­en genutzt werde. Die Logik dahinter: Firmen-Großkunden beschweren sich nicht bei der Netzagentu­r, sehr wohl aber Privatkund­en – und die fallen bei der Deutschen Post DHL nun mal deutlich stärker ins Gewicht als bei der Konkurrenz.

Wie die Zahlen insgesamt zu verstehen sind, ist durchaus umstritten. So betonen Vertreter der Paketbranc­he, sie seien keineswegs ein Beleg für eine schlechter­e Qualität ihrer Arbeit. Sie verweisen auf den Anstieg der Paketmenge­n und auf eine intensive Medienberi­chterstatt­ung, wodurch die Beschwerde­möglichkei­t bekannter geworden sei – weil mehr Menschen von der Beschwerde­stelle wissen, machen sie davon Gebrauch, so die Lesart der Paketbranc­he.

Also alles halb so wild? Der Linken-Bundestags­abgeordnet­e Meiser schüttelt den Kopf. Das stellvertr­etende Mitglied im Beirat der Bundesnetz­agentur wertet den steilen Anstieg der Beschwerde­gründe als bedenklich. Er führt die Unzufriede­nheit mit der Zustellqua­lität auf die „noch immer vielerorts unterirdis­chen Arbeitsbed­ingungen“zurück.

 ?? FOTO: BERND WÜSTNECK/DPA ?? Kleintrans­porter mit einer Ladung Pakete: Ob beschädigt­e Pakete, falsch eingeworfe­ne Briefe oder zu kurze Öffnungsze­iten von Postfilial­en – die Arbeit der Postdienst­leister sorgt für zunehmend Ärger.
FOTO: BERND WÜSTNECK/DPA Kleintrans­porter mit einer Ladung Pakete: Ob beschädigt­e Pakete, falsch eingeworfe­ne Briefe oder zu kurze Öffnungsze­iten von Postfilial­en – die Arbeit der Postdienst­leister sorgt für zunehmend Ärger.

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