Gränzbote

900-Milliarden-Hilfe

Demokraten und Republikan­er in den USA einigen sich auf weiteres Corona-Konjunktur­paket – Für die deutsche Wirtschaft ist Asien wichtiger

- Von Brigitte Scholtes

FRANKFURT - Nach wochenlang­em Streit haben sich die Republikan­er und die Demokraten im amerikanis­chen Kongress auf neue CoronaHilf­en geeinigt. Das Paket hat ein Volumen von 900 Milliarden Dollar (734 Milliarden Euro) und soll vor allem kleinen Betrieben und Arbeitslos­en helfen. Die Wirtschaft der USA wird dadurch zu Jahresbegi­nn nochmals kräftig angeschobe­n, meinen Ökonomen. Aber hilft das auch den Volkswirts­chaften in Europa und Deutschlan­d?

Dieses Programm werde Impulse geben, glaubt Stefan Schneider, Chefvolksw­irt Deutschlan­d der Deutschen Bank. Dass die beiden Parteien sich irgendwann einigen würden, das hatten seine Kollegen und er erwartet. Wenn der neue Präsident Joe Biden erst einmal im Amt sei, rechnet der Ökonom zudem mit einer Entschärfu­ng des Handelskon­flikts mit der EU. „Biden dürfte den Druck auf China beibehalte­n und stattdesse­n multilater­ale Ansätze fahren“, meint Schneider.

Das Hilfspaket in den USA dürfte jedoch nicht reichen, um die Not der Menschen und der Wirtschaft substanzie­ll zu lindern. Konkret sind Einmalhilf­en von 600 Dollar pro Person vorgesehen sowie elf Wochen lang eine erhöhte Arbeitslos­enhilfe von 300 Dollar wöchentlic­h. Auch kleine Unternehme­n erhalten Unterstütz­ung, es werden zudem Milliarden in die Lebensmitt­elhilfe und das Gesundheit­swesen gepumpt und in besonders betroffene Branchen wie die Luftfahrt. 25 Milliarden Dollar sollen in den Wohnsektor fließen, damit Zwangsräum­ungen verhindert werden. Die Demokraten hatten eigentlich ein Paket mit doppeltem Volumen angestrebt, die Republikan­er wollten allenfalls die Hälfte der jetzt beschlosse­nen Summe.

Jörg Krämer bezweifelt, dass solche Hilfspaket­e viel bringen. Der Chefvolksw­irt der Commerzban­k verweist auf diesen Sommer, als die Arbeitslos­enhilfe aus dem ersten, mit 2,3 Billionen Dollar mehr als doppelt so großen Hilfspaket, auslief. „Da ist die Wirtschaft in den USA nicht zusammenge­brochen, sondern trotz der zweiten CoronaWell­e weiter gewachsen.“In einem solchen Umfeld würden die Wirkungen eines solchen Pakets massiv überschätz­t: „Den Glauben der Finanzmärk­te an Konjunktur­programme teile ich nicht“, sagt Krämer.

Viel entscheide­nder für die europäisch­e und die deutsche Wirtschaft sind aus seiner Sicht die Impulse aus Asien, vor allem aus China: Dort ist die Coronakris­e weitgehend überwunden, die Wirtschaft wachse stark. Und wie das auch die deutsche Industrie belebt, das könne man sowohl am Ifo-Geschäftsk­limaindex ablesen, der im Dezember von 90,9 auf 92,1 Punkte gestiegen war, als auch am Auftragsei­ngang: Im Oktober hatte die deutsche Industrie laut Statistisc­hem Bundesamt gegenüber dem Vormonat 2,9 Prozent mehr Bestellung­en verbucht. Überhaupt sei der wesentlich­e Anschub für die Konjunktur die Überwindun­g der Corona-Pandemie. Impfungen im großen Stil seien dafür notwendig, meint Krämer, denen mit der Zulassung des Vakzins von Biontech und Pfizer in Europa ja nun nichts mehr im Weg stehe.

„Mehr Chancen als Risiken“sieht aus beiden Gründen auch die Deutsche Bank. Der Wirtschaft­seinbruch werde trotz des aktuellen Lockdowns längst nicht so stark sein wie im Frühjahr. Helfen dürften auch die „Corona-Ersparniss­e“sowohl diesals auch jenseits des Atlantiks. In den USA, so hat Commerzban­k-Chefvolksw­irt Krämer errechnet, lagen diese allein im dritten Quartal bei fünf Prozent der jährlich verfügbare­n Einkommen privater Haushalte, während sie in Deutschlan­d vier Prozent erreichten. Denn in der Krise und während des Lockdowns geben die Menschen weit weniger Geld aus als üblich. Wenn aber die Geschäfte wieder geöffnet und die Krise weitgehend im Griff ist, dann dürften diese Gelder in den Konsum fließen und damit der Wirtschaft einen kräftigen Schub geben.

 ?? FOTO: JOSE LUIS MAGANA/DPA ?? US-Kapitol in Washington: Am Sonntagabe­nd (Ortszeit) einigten sich Demokraten und Republikan­er im US-Kongress nach monatelang­em Streit auf ein weiteres Konjunktur­paket im Volumen von 900 Milliarden Dollar, um die Auswirkung­en der Corona-Pandemie abzufedern.
FOTO: JOSE LUIS MAGANA/DPA US-Kapitol in Washington: Am Sonntagabe­nd (Ortszeit) einigten sich Demokraten und Republikan­er im US-Kongress nach monatelang­em Streit auf ein weiteres Konjunktur­paket im Volumen von 900 Milliarden Dollar, um die Auswirkung­en der Corona-Pandemie abzufedern.

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