Gränzbote

Die antiken Ursprünge des Weihnachts­festes

Am Anfang stand offenbar die römische Verehrung eines Sonnengott­es

- Von Jordan Raza

BERLIN (dpa) - Am 25. Dezember feiern weltweit die meisten Christen die Geburt Jesu. In Wahrheit ist der genaue Tag nicht bekannt. „Wir kennen nicht einmal das exakte Jahr“, sind sich Experten einig. Grund für die ungenaue Überliefer­ung sei, dass um die Zeitenwend­e herum Geburtstag­e einfach nicht gefeiert wurden. Sie hätten keinerlei Bedeutung gehabt. Der Ursprung des Weihnachts­festes muss also woanders liegen.

Die Untersuchu­ng des Weihnachts­festes führt mitten in eines der schwierigs­ten Gebiete kirchenhis­torischer Forschung. Die Quellenlag­e sei unbefriedi­gend, trotzdem lasse sich ein plausibles Szenario rekonstrui­eren, sagt Kirchenhis­toriker Martin Wallraff von der Uni München. Um die Weihnachts­tradition zu erforschen, müsse man nicht bis zur Geburt Jesu zurückgehe­n. „Es handelt sich hierbei um ein Produkt der griechisch-römischen Welt, das im dritten bis vierten Jahrhunder­t im Mittelmeer­raum entstanden ist.“Im Umkehrschl­uss heißt das: Das Christentu­m lebte lange Zeit ohne ein Weihnachts­fest.

Das Gebiet des Römischen Reiches war zu jener Zeit durch eine Verehrung der Sonne gekennzeic­hnet, die unter Kaiser Aurelian ihren Durchbruch schaffte. „Von Aurelian wissen wir, dass er zu Ehren der Sonne in Rom einen Tempel errichtete und Spiele veranstalt­ete, sodass der Sonnenkult zum offizielle­n Kult des Imperiums avancierte“, sagt der Bonner Kirchenhis­toriker Wolfram Kinzig. Seither habe man die Sonnensymb­olik

etwa auch auf Münzen und Medaillen gefunden.

„Höhepunkt des Sonnenkult­s war der Tag des unbesiegba­ren Sonnengott­es, des Sol invictus am 25. Dezember“, erklärt Kinzig. Es sei nach damaligen Vorstellun­gen der Tag der Wintersonn­enwende gewesen, der die Finsternis verdrängt habe.

Verantwort­lich für die gestiegene Popularitä­t des Lichtes seien etwa neu gewonnene astrologis­che Überlegung­en gewesen, sagt Kinzig. Die Lehre der Sterne sei für die breite Bevölkerun­g und für Intellektu­elle außerorden­tlich attraktiv gewesen.

Aus dieser „Solarrelig­ion“soll sich nur wenig später im Christentu­m das Weihnachts­fest entwickelt haben. „Denn auch bei den Christen stieg das Interesse an astronomis­chen Festgedank­en und Sonnenfest­en“,

sagt Wallraff. Allerdings sei dieses Sonneninte­resse christlich gedeutet worden – als Geburt von Jesus Christus.

Auch Kinzig bestätigt, dass die Sonnensymb­olik immer mehr in das Christentu­m einsickert­e. Die damalige Annahme: Christus sei die Sonne. „Dieser ist unsere Sonne, die wahre Sonne, die mit der Fülle ihres Lichtes die hellsten echten Feuer der

Welt und der am Himmel glänzenden Sterne entzündet“, heißt es etwa in einer Predigt des Bischofs Zeno von Verona Ende des vierten Jahrhunder­ts.

Die terminlich­e Überschnei­dung der Feste zu Ehren von Sol invictus und der Geburt Christi – dem Weihnachts­fest – führte später zu der These, dass die Feierlichk­eiten bewusst auf diesen Termin gelegt worden seien, um das ältere heidnische Fest zu verdrängen. „Diese These wird heute noch vertreten“, sagt der Professor der Uni Bonn.

Von Rom aus sei das Weihnachts­fest dann etwa um 380 nach Christus gewisserma­ßen exportiert worden. „Auch in Konstantin­opel, der damaligen Hauptstadt des Oströmisch­en Reiches, wurde es um diese Zeit eingeführt“, so der Theologe.

Das heutige Weihnachte­n habe sich jedoch erst im Laufe der Zeit entwickelt. Kinzig nennt hier etwa Ochs und Esel, die ein fester Bestandtei­l der Weihnachts­geschichte seien. „Die Tiere kamen vor allem in der spätantike­n Kunst häufiger vor“, sagt der Experte. Später habe es im Mittelalte­r dann den Brauch gegeben, sogenannte Mysteriens­piele aufzuführe­n. „Das war eine Art geistliche­s Theater, woraus die heutigen Krippenspi­ele entstanden sind.“

Auch für den Weihnachts­baum gebe es bereits erste Belege aus dem 16. Jahrhunder­t. „Er wurde häufig als Paradiesba­um gesehen“, erklärt Kinzig, da der 24. Dezember der Gedenktag an Adam und Eva gewesen sei. Als allgemeine Sitte habe er sich aber erst gut 300 Jahre später verbreitet – ebenso wie die Geschenktr­adition.

 ?? FOTO: MAURIZIO BRAMBATTI/DPA ?? Ein Weihnachts­baum auf dem Petersplat­z in Rom. Historisch gesehen hat dies Tradition. Vom antiken Rom aus sei das Weihnachts­fest etwa um 380 nach Christus gewisserma­ßen exportiert worden.
FOTO: MAURIZIO BRAMBATTI/DPA Ein Weihnachts­baum auf dem Petersplat­z in Rom. Historisch gesehen hat dies Tradition. Vom antiken Rom aus sei das Weihnachts­fest etwa um 380 nach Christus gewisserma­ßen exportiert worden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany