Philosophischer Trickfilm
Pixar traut Kindern viel zu und stellt in „Soul“existenzielle Fragen
LOS ANGELES (dpa) - Was ist der Sinn des Lebens? Was macht einen Menschen aus? Gibt es eine Rückkehr aus dem Jenseits? Wie lebt es sich im „Davorseits“? Diese kuriose Wortschöpfung sagt schon alles: „Soul“, der 23. abendfüllende PixarTrickfilm entführt in Wunderwelten, wie sie nur von den Talenten der kalifornischen Animationsschmiede geschaffen werden können.
Mit „Alles steht Kopf“wagte Oscar-Preisträger Pete Docter eine abenteuerliche Reise in den Kopf und ins Unterbewusstsein eines elfjährigen Mädchens. Jetzt pendelt der Regisseur zwischen dem „Davorseits“, wo Seelen für ihr Leben auf der Erde gedrillt werden, und der New Yorker Jazz-Szene, wo ein frustrierter Musiklehrer dem Traum von einer großen Jazz-Karriere nachjagt. Dabei wirft „Soul“jede Menge philosophische Fragen auf.
Kindgerechter Stoff ? „Ziemlich komplexes Zeug“, räumt der Regisseur im Gespräch ein. „Aber Kinder sind wirklich klug, und ich glaube, wir Erwachsene unterschätzen oft, was sie alles aufschnappen“.
Der Lehrer Joe Gardener legt sich mächtig ins Zeug, seine Schüler für Musik zu begeistern. Aber sein ganzes Leben träumt er davon, als JazzPianist berühmt zu werden. Und dann kann er einer legendären Saxofonistin vorspielen. Während er überglücklich durch New York läuft, besiegelt ein fehlender Kanaldeckel sein Schicksal – Joe verschwindet „am besten Tag seines Lebens“im
Jenseits. Dem satten, warmen und ultrarealistischen Look New Yorks setzen die Pixar-Künstler eine völlig abgedrehte Unterwelt entgegen.
Joe, jetzt ein blaugrünes Wesen, gelangt in das mystische „Davorseits“, eine pastellfarbene Welt, die von kleinen Seelen bevölkert wird. In einer Art Bootcamp werden die hüpfenden Seelen von Mentoren mit Talenten versehen und auf ihr Leben auf der Erde vorbereitet. Nur Seele 22 will davon nichts wissen. „Erde klingt dämlich“, sie möchte lieber ohne Gefühle, Interessen oder Persönlichkeit so weiterleben wie bisher. Nicht einmal Joe kann 22 mit seiner Lebenslust und Leidenschaft für weltliche Dinge anstecken.
Pete Docter hat den Dramatiker und Drehbuchautor Kemp Powers als Co-Regisseur an Bord geholt. Der amerikanische Jazz-Musiker Jon Batiste, der schon mit Größen wie Stevie Wonder und John Legend spielte, steuerte die Jazz-Kompositionen bei. Die oscarprämierten Musiker Trent Reznor und Atticus Ross („The Social Network“) lieferten den Soundtrack.
Zwei Oscars für den besten animierten Spielfilm hat Docter mit „Oben“und „Alles steht Kopf “bereits gewonnen. Den Dritten hat er allein schon für die mitreißenden Szenen, wenn Joe am Klavier völlig in seiner Musik aufgeht, verdient.
Der Film ist ab Weihnachten (25.12.) beim Streamingdienst Disney+ zu sehen