Neun Deilinger Helfer treten aus DRK aus
Sie sind mit der Alarmierung der Helfer vor Ort im Kreisverband nicht einverstanden
DEILINGEN/TUTTLINGEN - Neun Mitglieder des DRK-Bereitschaftsdiensts Deilingen haben sich entschlossen, aus dem DRK aus- und den Maltesern beizutreten. Der Grund: Sie sind nicht damit einverstanden, wie der DRK-Kreisverband Tuttlingen die Einsätze der sogenannten Helfer vor Ort regelt.
„Wir, das heißt neun der aktiven Mitglieder der Bereitschaft Deilingen, waren beim DRK-Kreisverband nicht mehr glücklich“, so der bisherige Deilinger Bereitschaftsleiter Hartwig Weinmann gegenüber unserer Zeitung, „wir haben unsere Vorstellungen und Ideale für den Dienst am Nächsten nicht mehr so abgebildet gesehen, wie wir uns das vorgestellt haben, und haben deswegen nach einem anderen Verband gesucht, den wir mit dem Malteser Hilfsdienst auch gefunden haben.“
Hintergrund der Entscheidung der Neun ist die Regelung der Helfer-vorOrt-Einsätze, wie sie seit 2019 vom DRK-Kreisverband Tuttlingen gehandhabt wird. Die Helfer vor Ort (HvO) sind Ersthelfer aus der Nachbarschaft. Ihre Aufgabe ist es, im Ernstfall die therapiefreie Zeit bis zum Eintreffen des Notarztes oder Rettungsdienstes zu überbrücken und qualifiziert Erste Hilfe zu leisten. Grundsätzlich nicht zu alarmieren sind die rein ehrenamtlich arbeitenden HvO, wenn ihr Einsatz voraussichtlich mit einer persönlichen Gefährdung verbunden wäre – etwa bei Suizidandrohungen, Terror- und Amoklagen oder Bahn-, Starkstromund Gefahrstoffunfällen.
Seit Herbst 2019 werden die HvO bei bestimmten Notfallbildern im Kreis Tuttlingen nicht mehr alarmiert, mit der Begründung, dass diese nicht lebensbedrohlich seien. Der DRK-Kreisverband bezieht sich dabei auf Paragraph 7 der Ersthelferverordnung des Landes vom März 2018, in der es heißt, dass eine Alarmierung der HvO nur dann erfolgen soll, „wenn dadurch ein medizinisch relevanter Zeitvorteil bis zum Eintreffen des gleichzeitig alarmierten Rettungsdienstes erreicht werden kann.“Das sei insbesondere bei Patienten in akut lebensbedrohlichen Situationen der Fall.
Die neun Helfer aus Deilingen sehen hier ein Problem: In der Praxis komme es immer wieder, vor, dass die Einschätzung der Leitstelle und die tatsächliche Situation vor Ort nicht übereinstimmen – „vielleicht konnte der Anrufer nicht richtig deutsch oder war einfach von der Situation überfordert“. Dann sei es wichtig, dass die HvO schnell helfen können, auch wenn die Situation zunächst nicht so bedrohlich aussah. Und selbst wenn der Notfall nicht lebensbedrohlich sein sollte – die Menschen seien schon dankbar, dass jemand kommt und sich um sie kümmert.
DRK-Kreisgeschäftsführer Oliver Ehret kann diese Argumentation nicht nachvollziehen: „Wenn der Leitstellendisponent Zweifel hat, ob der Erstmelder vor Ort die Situation richtig einschätzen oder vermitteln kann, kann er ja immer noch die HvO alarmieren“. Es sei zudem – auch aus versicherungstechnischen Gründen – sinnvoll und richtig, die HvO nur bei lebensbedrohlichen Situationen und nur dann zu alarmieren, wenn der Rettungsdienst nicht rechtzeitig da sein kann. Deilingen sei aber nur drei Kilometer von der Rettungswache in Wehingen entfernt, die rund um die Uhr besetzt ist und im Notfall in drei bis fünf Minuten – eben so schnell wie die HvO – da sein könne.
Man habe die jetzt praktizierte Verordnung und den Postivkatalog von lebensbedrohenden Krankheitsbildern, die einen HvO-Einsatz rechtfertigen, mit dem Kreisbereitschaftsarzt und Vertretern der 35 Ortsgruppen erläutert, diskutiert und schließlich mehrheitlich beschlossen, betont Ehret. Auch dem Innenministerium habe man sie vorgelegt, und dieses habe sie ausdrücklich gut geheißen.
Man habe den neun Deilingern noch vor Weihnachten ein klärendes Gespräch angeboten, so Ehret, das diese aber abgelehnt hätten. Besonders problematisch findet er, dass die Neun die Homepage und FacebookSeite des DRK-Kreisverbands genutzt hätten, um „ihre Wahrheit“zu verbreiten und ihren Wechsel zu den Maltesern zu verkünden. Man werde dies juristisch noch bewerten, sagt Ehret.
Die neun Deilinger Helfer wollen sich auch zukünftig im Sanitätsdienst und als Helfer vor Ort engagieren. Dabei strebten sie eine „friedliche Koexistenz“, sehr gerne auch eine Kooperation, mit den bisher in Deilingen vertretenen Hilfsorganisationen an.