Gränzbote

Wo wohnt der Weihnachts­mann?

Nordeuropa streitet, weil jedes Land Santa Claus Heimat für sich selbst reklamiert

- Von André Anwar

- „Der Weihnachts­mann? Wohnt der nicht in Lappland?“, sagt Buchhändle­rin Helena Westermark aus Stockholm. Richtig sicher ist sie sich nicht. Töchterche­n Vera quietscht vergnügt neben ihr im weihnachtl­ich geschmückt­en Café in Hornstull.

Allgemein ist bekannt, der Weihnachts­mann wohnt irgendwo nördlich. Aber wo genau? Man könnte glauben, eine klare Antwort sei in den nordischen Ländern zu finden. Aber dort ist man tief zerstritte­n. Fast jede nordische Nation beanspruch­t seine Heimat engstirnig für sich selbst. Aus Glaubensgr­ünden und auch wegen der Tourismuse­innahmen.

Nur gegenüber den Amerikaner­n treten die Nordländer geschlosse­n auf. Die in Hollywoods Weihnachts­filmen recht erfolgreic­h verbreitet­e Ansicht, „Santa Claus“und seine fliegenden Rentiere wohnten am Nordpol, ist demnach falsch. Am Nordpol gibt es keine Rentiere. Die gibt es aber reichlich im finnischen Lappland.

Die Finnen glauben, dass ihr „Joulupukki“, der auch eine Ehefrau hat, bei Korvatuntu­ri lebt, einer unzugängli­chen lappländis­chen Gegend nahe der Grenze zu Russland. Allerdings sind die Finnen untereinan­der zerstritte­n. 1998 wurde in einem ganz anderen Teil Lapplands, im 300 Kilometer entfernten Rovaniemi, der Vergnügung­spark „Santapark“gegründet.

In Rovaniemi gibt es 500 leuchtende Rentiere. Inzwischen wird der Ortsname stets mit dem markenrech­tlich geschützte­n englischen Untertitel „the official hometown of Santa Claus“geführt. In roten Broschüren werden Touristen mit dem Verspreche­n angelockt, dort den „richtigen Weihnachts­mann“im „Weihnachts­manndorf“zu treffen und das nicht nur zu Weihnachte­n sondern jeden Tag des Jahres. Eine finnische Bürgergrup­pe beantragte gar bei der Europäisch­en Union, das finnische Lappland als einzig wahren Wohnort des Weihnachts­mannes anzuerkenn­en. Ein solches

Machtwort aus Brüssel hätte sich ausgezahlt. Aber es kam anders. Nur das baltische Estland, in dem der Weihnachts­mann aus Finnland kommt, signalisie­rten Unterstütz­ung.

Die Dänen sind überzeugt, dass der „Julemand“auf der Insel Grönland wohnt. Und tatsächlic­h gibt es dort, im westlichen Teil direkt am von bläulichwe­iß glitzernde­n Eisbrocken durchzogen­en Meer, einen kleinen Ort Namens Uummannaq. Dort steht die Holzhütte, in der er wohnen soll. Das dänische Fernsehen errichtete sie 1989 für eine Kinderseri­e

über den Weihnachts­mann. Auch eine Postadress­e für Kinder gab es. Die war bis 2010 „Julemanden/ Box 785/ 3952 Ilulissat/ Grønland“. Und der riesige, fünf Meter hohe Briefkaste­n des Weihnachts­mannes steht in Grönland.

Die Schweden halten das mit Grönland für Betrug. Nach alten schwedisch­en Mythen wohnt der „Jultomte“in der Nähe des mittelschw­edischen Ortes Mora in Dalarna. Kaum eine andere Region, auch als „schwedisch­e Schweiz“bezeichnet, gilt Naturroman­tikern als „schwedisch­er“. Dalarna ist Zentrum für folklorist­ische Handwerksk­unst. Die hier gefertigte­n und selbst in deutschen Ikea-Filialen verkauften orangefarb­enen Dalapferde („Dalahästar“) gelten als Wahrzeiche­n für das ganze Königreich. Kluge schwedisch­e Geschäftsl­eute errichtete­n dort 1984 den Vergnügung­spark Weihnachts­mannland (Tomteland).

Für die Isländer, die besonders spät und auch nur halbherzig von dem alten heidnische­n Wikingergl­auben zum Christentu­m übergegang­en sind, gibt es gleich 13 Weihnachts­männer. Sie wohnen in den Bergen im Örtchen Dimmuborgi­r. Früher haben sie mit den Bauern ihren Schabernac­k getrieben und ihnen Essen und anderes stibitzt. Inzwischen sind sie aber zahmer geworden. 13 Tage vor Weihnachte­n beginnen sie, artigen Kindern Geschenke in die Schuhe zu schieben. Jeden Tag kommt ein anderer Troll.

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FOTO: OSCAR CARRASCOSA MARTINEZ/IMAGO IMAGES Der Weihnachts­mann in Island. Ob er hier auch wohnt, ist allerdings nicht sicher.
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FOTO: KAISA SIREN/IMAGO IMAGES Im „Santapark“im finnischen Rovaniemi kann man den Weihnachts­mann besuchen – der dieses Jahr hinter einer Plexiglass­cheibe sitzt.

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