Trossingen sticht mit hohen Infektionszahlen hervor
In der Corona-Krise werden die Musikstädtler kreativ
TROSSINGEN – Als im März die Corona-Pandemie auch den Landkreis Tuttlingen erfasst, sticht Trossingen mit überproportional hohen Infektionszahlen hervor. Zunächst ist unklar, warum die Kreisstadt und die Umlandgemeinden deutlich besser davon kommen. Das Landratsamt hält sich lange Zeit bedeckt und strapaziert damit das Vertrauen so manchen Bürgers.
Ende März liegt der Verdacht nahe, dass die Ausfahrt eines Skivereins nach Ischgl für die hohen Trossinger Fallzahlen verantwortlich sein könnte. Das Landratsamt äußert sich zu diesem Zeitpunkt nicht zu diesen Überlegungen, bietet aber auch keine andere Erklärung an. Schnell zeigt sich aber, dass die ersten Fälle tatsächlich aus dem Sportlerkreis stammen. Doch auch als diese Infektionskette gekappt ist, gibt es in Trossingen keine Beruhigung der Zahlen. Nach zähem Hin und Her bestätigt das Landratsamt schließlich, dass der nächste größere Ausbruch auf ein Treffen einer Freikirche im Ausland – noch vor den ersten Kontaktund Reisebeschränkungen – zurückzuführen sei. Die Stadtverwaltung Trossingen reagiert mit einer Informationsoffensive, die sich in verschiedenen Sprachen an Freikirchen und Neubürger - insbesondere aus Rumänien - richtet. Die Aktion zeigt Erfolg, die Zahlen gehen langsam nach unten.
Im Laufe der Pandemie werden – wie überall in Deutschland – die Infektionsgeschehen diffuser, so auch in Trossingen. Das Erschrecken ist groß, als im Frühsommer bekannt wird, dass in einem Alten- und Pflegeheim viele Bewohner und Angestellte infiziert sein sollen. Doch dann sorgen weiter Testreihen für
Verwirrung: Die allermeisten Testergebnisse aus der Einrichtung waren falsch positiv. Der Grund dafür wird zumindest öffentlich nie bekannt. In der zweiten Welle hat ein anderes Heim weniger Glück, hier erkrankt tatsächlich eine große Zahl an Menschen.
In der Krise zeigt die Kleinstadt Trossingen ihre Stärken: Die Menschen werden kreativ, um die Pandemie gemeinsam zu überstehen. Vereine und Ehrenamtliche stellen mehr Hilfsangebote für Alte, Kranke und Isolierte auf die Beine, als tatsächlich abgerufen werden. Die Stadtverwaltung arbeitet gerade zu Beginn unermüdlich, um Trossinger, die wegen der Reisebeschränkungen im Ausland festsitzen, nach Hause zu holen. Denn wer zwar in Trossingen wohnt, aber nicht die deutsche Staatsangehörigkeit
hat, der kommt nicht so einfach zurück ins Land. Das Bürgerbüro arbeitet deshalb auch samstags und sonntags. Umgekehrt hilft die Verwaltung auch hier gestrandeten Ausländern, deren Heimatländer die Grenzen selbst für eigene Staatsbürger dichtgemacht haben. „Wir lassen niemanden im Regen stehen“, sagt Bürgerbüroleiter Thomas Geiger im März und setzt mit seinem Team alles daran, Wort zu halten.
Nach einem fast entspannten Sommer erwischt im Herbst die zweite Welle ganz Deutschland. Im Dezember ist klar, dass ein langer, harter Winter vor den Menschen liegt. Doch die Trossinger werden auch hier wieder beweisen, dass sie dank des gesellschaftlichen Zusammenhalts auch durch diese Zeit kommen werden.