Caritas begleitet traumatisierte Menschen
Einrichtung will mit Regelangebot für Betroffene eine Vertrauensbasis schaffen
TUTTLINGEN/REGION – Die Caritas Schwarzwald-Alb-Donau begleitet traumatisierte Menschen mit Fluchterfahrungen seit rund fünf Jahren. Die Einrichtung unterstützt Kinder und Erwachsene gleichermaßen zwischen der Diagnose und Therapie mit unterschiedlichen Ansätzen.
„Wir machen selbst keine Trauma-Therapie“, stellt die Fachleiterin für soziale Hilfen von der Caritas Schwarzwald-Alb-Donau Susan Stiegler-Irion im Gespräch mit unserer Zeitung eingangs klar. Vielmehr begleiten sie die Menschen. Dank des breit aufgestellten Netzwerks der Caritas Schwarzwald-Alb-Donau im Bereich der Flucht und Migration, wie dem Jugendmigrationsdienst oder den Caritasdiensten in der Flüchtlingsarbeit, hätten die CaritasMitarbeiter und ehrenamtlich Engagierten genug Sensibilität und das notwendige Gespür dafür entwickelt, wer Hilfe benötige. Genauso würden diese Helfer auch wissen, wohin sie jemanden bringen können, damit derjenige professionelle Hilfe bekomme. „Bei der Arbeit in diesen Bereichen taucht das Thema Trauma immer wieder auf“, weiß die Fachleiterin. Natürlich könnten Betroffene auch aktiv auf die Caritas-Zentren in Tuttlingen, Rottweil oder Albstadt oder anderweitige soziale Einrichtungen zugehen.
Bei der Begleitung von traumatisierten Menschen mit Fluchterfahrungen geht es nicht nur um Kinder, sondern auch um Erwachsene. „Es sind zwar viele Kinder dabei, aber auch alleinstehende junge Männer, bei denen ein Trauma diagnostiziert wurde und die auf einen Behandlungsplatz warten“, erklärte StieglerIrion weiter. Außerdem seien genauso Frauen betroffen oder aber auch Kinder, die jünger als sechs Jahre alt sind. Die Caritas Schwarzwald-AlbDonau hätte im vergangenen Jahr 291 Trauma-Betroffene betreut, mit den Angehörigen sogar 374. Zum Personenkreis gehören unter anderem Verheiratete aber auch Verwitwete. Meist seien es Personen aus dem Irak, Syrien oder Nigeria.
Die Ansätze, wie solch eine Begleitung
aussehen könne seien unterschiedlich. Beispielsweise hatte die Caritas bis vor Kurzem eine Hündin. „Zu einem Hund fasst ein Kind schneller Vertrauen als zu einem fremden Erwachsenen“, sagte sie. Die Betroffenen seien am Anfang zurückhaltend, gehen nach einer gewissen Zeit eine Bindung mit dem Tier ein und finden so einen Zugang. Als „ersten Schritt, eine Beziehung aufzubauen“, nannte Stiegler-Irion diese Entwicklung.
Es komme auch darauf an, wo die Menschen herkommen, und wie der dortige Kulturkreis aussehe. Vor diesem Hintergrund überlege die Caritas, wie sie sich mit ihren Hilfsmöglichkeiten annähern könne. Ein weiterer Ansatz: „Häufig ist es so, dass manche einfach zu Beginn nur schweigen und erst mit der Zeit einen Zugang zu einem von uns finden, indem sie anfangen zu malen“, beobachtete Stiegler-Irion. Dabei stehe nicht die Kunst im Vordergrund, sondern vielmehr die Erkenntnis der Entwicklung. „Am Anfang sind es oft ganz düstere und dunkle Bilder, die die Betroffenen malen. Nach mehreren Wochen sind die Bilder deutlich heller und farbenfroher. In dieser
Zeit tut sich was bei diesen Menschen“, sagte sie weiter.
Egal, ob mit malen oder einem Hund – die Herangehensweisen und Ausdrucksmöglichkeiten würden sich je nach betroffener Person unterschiedlich gestalten. „Wichtig sei bei dieser Arbeit aber immer, zu den Betroffenen einen Zugang zu schaffen und Vertrauen aufzubauen, damit sie sich öffnen können.“
Bei solchen Unterstützungsmaßnahmen seien die Betroffenen auch oft nicht alleine, was mit Selbsthilfegruppen zu vergleichen sei, wie eine Trauergruppe nach einem Todesfall. Dort höre man zu, was andere von ihren Erlebnissen erzählen. „Die Teilnehmer merken dann, dass es nicht nur einem persönlich so gehe, sondern dass es mehrere Leidtragende gibt“, erklärte sie. Es sei ein vielfältiges Thema. „Die Betroffenen müssen lernen, mit dem Trauma zu leben und umzugehen, da ein Trauma letztlich nicht geheilt wird“, findet Stiegler-Irion.
Die Caritas führe die Betroffenen auch zu den Therapien und stehe somit auch dabei unterstützend und begleitend zur Seite. „Wir zeigen ihnen auch in einem ersten Schritt auf, was alles möglich ist und welche Therapiemöglichkeiten es gibt“, so Stiegler-Irion. Damit sollen auch Ängste genommen werden. „Wenn beispielweise eine Frau aus den dunkelsten Ecken des Iraks kommt, schlimme Erlebnisse durchgemacht hat und dann plötzlich bei einer Therapie einem fremden Mann gegenübersitzt und sich diesem auch noch öffnen soll, was gar nicht ihrem heimischen Kulturkreis entspricht, ist dieser Umstand eine Überwindung und ein großer Schritt“, gibt sie zu bedenken. Die Caritas SchwarzwaldAlb-Donau möchte auch in den kommenden Jahren das Thema Trauma verstärkt in den Fokus rücken. Denn: Das künftige Ziel sei es, dass die Caritas in diesem Bereich nicht nur die eingerichteten Dienste einsetze wie bisher, sondern ein regelmäßiges Angebot für die Betroffenen schaffen möchte – in Form einer HundertProzent-Fachkraft, die in diesem Bereich beratend unterwegs sein würde.