Auch katholische Gemeinde bläst Gottesdienste ab
Inzidenzwert im Kreis Tuttlingen ist zu hoch – Hunderte Gläubige müssen kurzfristig über Ausfälle informiert werden
TROSSINGEN/DURCHHAUSEN/ GUNNINGEN (hoc) - Die katholische Kirchengemeinde St. Theresia hat alle geplanten Weihnachtsgottesdienste ab Heiligabend abgesagt. Die Entscheidung fiel bei einer Sitzung des Kirchengemeinderats am Dienstagabend einstimmig. Gleiches entschieden die Kirchengemeinderäte in Durchhausen und Gunningen. Hauptgrund sei der hohe Inzidenzwert der Pandemie im Kreis Tuttlingen, sagt Siegbert Fetzer, Vorsitzender des Trossinger Kirchengemeinderats. Die evangelische Kirchengemeinde Trossingen hatte bereits vergangene Woche beschlossen, alle Präsenzgottesdienste abzublasen.
„Die Entscheidung fiel schweren Herzens, aber eindeutig – es gab keine große Diskussion“, so Fetzer am Mittwoch. Bis inklusive 10. Januar seien alle geplanten Gottesdienste abgesagt. Nun müssten sämtliche Gläubige, die sich für die Gottesdienste angemeldet hatten, angerufen werden mittels der vorliegenden Listen. Als Alternative für diese verweist Fetzer auf die Homepage der Kirchengemeinde (www.st-theresia-trossingen.de): Dort werde ein Grußwort von Pfarrer Thomas Schmollinger eingestellt samt Gesang der Frauenschola, eine Weihnachtsbotschaft des Pfarrers sowie Klänge der Kirchenorgel – ein „Mini-Gottesdienst“, sagt Fetzer. Ein Livestream im Internet von Gottesdiensten sei wegen der Kürze der Zeit nicht mehr möglich gewesen.
Zudem bleibe die Theresienkirche über die Feiertage offen. Jeder könne dort hingehen, beten und die Krippe besuchen. Fetzer weist zudem auf die eingerichtete Telefon-Hotline hin (wir berichteten): Deren Auftakt macht Pfarrer Schmollinger, der vom 24. bis 27. Dezember von 19.30 bis 21.30 Uhr unter 015206724363 erreichbar ist. Auch würden im Fernsehen, Radio und Internet zahlreiche Gottesdienste übertragen. „Die Botschaft von Weihnachten findet trotzdem statt – jeder muss eine Form finden, es zu einem schönen Fest zu machen.“
Es sind eine ganze Reihe Gläubige, die nun über die Ausfälle informiert und auf Alternativen hingewiesen werden müssen. Allein für die Christmette an Heiligabend um 22 Uhr in der Theresienkirche lagen 67 Anmeldungen vor, sagt Pfarrer Schmollinger. Normalerweise biete sie Platz für bis zu 400 Personen, in Coronazeiten seien 70 Einzelplätze zugelassen. „Es hätte keiner Angst haben müssen, dass man zu eng hätte sitzen müssen.“Für den Gottesdienst am 25. Dezember um 10.30 Uhr lagen laut Schmollinger 50 Anmeldungen vor; für die Krippenfeier in Durchhausen an Heiligabend habe es 26 Anmeldungen gegeben, für die Christmette 53, und für den Gottesdienst am 26. Dezember 18. In Gunningen liege die Obergrenze derzeit bei 30 Gottesdienstbesuchern, 25 Anmeldungen hätten vorgelegen. Ebenso gecancelt ist der Familiengottesdienst am 27. Dezember in der Theresienkirche, wofür es laut Pfarrer 35 Anmeldungen gab.
Schmollinger ist „nicht glücklich“über die unterschiedliche Vorgehensweise von katholischen und evangelischen Kirchengemeinden. Es wäre besser gewesen, wenn man nach dem Gedanken der Ökumene gemeinsam vorgegangen wäre, sagt er. Aber die Entwicklung habe alle „überrollt“.
Die evangelische Kirchengemeinde hatte bereits in der vergangenen Woche beschlossen, die Präsenzgottesdienste in der Martin-Luther-Kirche und der Kirche in Schura abzublasen (wir berichteten). „Die Inzidenzzahlen sind einfach zu hoch – die Gottesdienstbesucher hätten keine hundertprozentige Sicherheit“, sagt Pfarrer Torsten Kramer. Allein die Heizung in der evangelischen Kirche stelle ein Problem dar. „Wir müssten sie eigentlich abstellen – denn wenn wir sie anmachen, wirbelt die Luft herum, und das birgt Gefahren.“Und dass die Menschen mit Handschuhen, Mantel und Schal in der Kirche säßen, „kann man vergessen“. Auch sei es „heikel“, wenn die Kirchenmusik wie üblich an Weihnachten auf der Empore singe. „Wir wollen nicht ein Auslöser dafür sein, dass die Pandemie noch länger anhält.“Man habe in der Kirchengemeinde lange diskutiert über das weihnachtliche Vorgehen. Laut Ordnungsamt wären, so Kramer, eh nur 50 Besucher in der Kirche erlaubt gewesen. Nach den „positiven Erfahrungen“im Frühjahr habe der Kirchengemeinderat beschlossen, zum Schutz der Gläubigen die besucherfreien Gottesdienste digital aufzunehmen und zu veröffentlichen. „Viele Gemeindemitglieder haben sich gewünscht, dass wir dies beibehalten“, sagt Kramer. Das evangelische Jugendwerk kümmere sich um die Technik. Die Gottesdienste können jeweils über einen Link im Internet angesehen werden; auf der Homepage der Kirchengemeinde, www.evkt.de, findet sich jeweils kurz vor dem entsprechenden Sonn- oder Feiertag der passende Link zur Übertragung.
Für Heiligabend wurde ein Gottesdienst in der Martin-Luther-Kirche aufgenommen, „er wird gerade zusammengeschnitten“, so Kramer. In seiner Weihnachtspredigt gehe er auf die Botschaft der Engel ein, „Fürchtet euch nicht“: „Was macht die Zeit mit uns – gerade in dieser Pandemie?“Alle weiteren Gottesdienste an Weihnachten werden um 10 Uhr in der Martin-Luther-Kirche aufgenommen und stehen an diesem Tag zum Anschauen im Internet bereit.
„Die Gemeinschaft während des Gottesdiensts ist abgestellt – der Schmerz wird bleiben“, weiß der Geistliche, dass dies keine Ideallösung ist. Gerade ältere Menschen, die zu den treuesten Gottesdienstbesuchern gehören, sind oft nicht so technik-affin. Pfarrer Kramer verweist auf Ausweichmöglichkeiten wie Fernseh-Gottesdienste.
Zudem seien in der evangelischen Kirche Kurzandachten für Kinder und Erwachsene zum Mitnehmen ausgelegt, die auch ins Internet gestellt würden. Sie könnten während der Krippenausstellung mitgenommen werden, die vom 25. Dezember bis 6. Januar an allen Sonnund Feiertagen von 14 bis 16 Uhr geöffnet sei.