Gebrauchter Tag für Loris Karius
Der Biberacher verliert mit Union Berlin gegen Paderborn – Sky-Reporter kassiert für Häme Shitstorm
BERLIN (SID/dpa) - Loris Karius zog frustriert die Handschuhe aus, frustriert wischte der Torhüter von Union Berlin mit dem Trikot den Schweiß aus dem Gesicht und stapfte vom Rasen der Alten Försterei. Drei Gegentore beim 2:3 (1:3) gegen den SC Paderborn, das Aus in der zweiten Runde des DFB-Pokals – das Pflichtspieldebüt des gebürtigen Biberachers bei den „Eisernen“verlief für die Leihgabe des FC Liverpool undankbar.
Dass in der TV-Übertragung seine seit zwei Jahren andauernde Beziehung mit der Schauspielerin Sophia Thomalla in eher suboptimaler Form thematisiert wurde, passte zu einem Abend zum Vergessen. Karius sitze in Berlin nur auf der Bank, hatte Sky-Reporter Jörg Dahlmann gesagt. „Hat den Vorteil, dass er zu Hause kuscheln kann mit seiner Sophia Thomalla. Aber für so eine Kuschelnacht mit Sophia würde ich mich auch auf die Bank setzen.“Dafür erntete Dahlmann einen Shitstorm, am Tag danach entschuldigte er sich. „Einige werfen mir Sexismus vor. Nein, das war nullkommanull sexistisch gemeint. Aber sollte es so angekommen sein, entschuldige ich mich bei den Zuhörern und auch bei Sophia Thomalla (falls sie sich angegriffen fühlt)“, schrieb er auf Instagram. Thomalla reagierte äußerst souverän: „Alle wollen zu Weihnachten wohl ein bisschen Liebe….auch der Jörg. Aber Leute – hier geht es um Fußball, nicht um so ne Kinderkacke.
Schuld am Aus der Köpenicker hatte Karius übrigens nicht, am Ende einer überaus erfolgreichen Saison versagte Union als Kollektiv. Trainer Urs Fischer stärkte seinem Torhüter den Rücken. „Ich glaube, er hat in gewissen Aktionen gezeigt, zu was er fähig ist. Er hat seine Sache gut gemacht“, sagte Fischer, der mit dem Rest der Mannschaft härter ins Gericht ging: „Gerade in der ersten Hälfte haben wir ihm als Mannschaft nicht wirklich geholfen.“Karius sei mitunter „im Stich gelassen“worden.
Bei den Gegentoren von Sven Michel (3./36.) und Dennis Srbeny (31.) war Karius teils chancenlos. Im weiteren Spielverlauf zeichnete er sich aus. Inwieweit Karius der Auftritt gegen Paderborn aber langfristig hilft, bleibt abzuwarten. Bisher hat er einen schweren Stand in Köpenick, im Torwartduell hat Andreas Luthe Vorteile. Zur Zukunft des 27-jährigen Karius, dessen Leihe auch abgebrochen werden könnte, wollte sich Fischer nicht äußern. „Wir werden diese Niederlage verdauen, gehen in den Kurzurlaub – und dann sehen wir weiter“, sagte er.
Der Auftritt gegen Paderborn wird an der Alten Försterei für Gesprächsstoff sorgen, auch unabhängig von Karius. Oft war hier gejubelt worden im Krisenjahr 2020. Dem Klassenerhalt im Sommer folgten starke Auftritte in der laufenden Saison, zuletzt punktete Union in der Liga zu Hause gegen Bayern München und Borussia Dortmund. Nun folgte das frühe PokalAus. Das Jahresfazit „trübt das dann schon ein bisschen“, sagte Fischer. Von den gewohnten Qualitäten war im Pokal schließlich nicht mehr viel zu sehen gewesen. „Es hat wirklich an allem gefehlt“, sagte Fischer. „Die erste Hälfte war unterirdisch von uns. Wenn du eine Halbzeit nicht auf dem Feld bist, gewinnst du kein Spiel. Es ist für uns auch ein Fingerzeig. Wir müssen daraus lernen, damit uns das in Zukunft nicht mehr passiert.“Wer 45 Minuten verschlafe, brauche sich auch nicht wundern, wenn bei der Aufholjagd das Glück ausbleibt.
Bei den Paderbornern erledigte Steffen Baumgart am Tag nach dem Pokal-Coup gegen seine alte Liebe schnell noch die letzten Vorbereitungen für die Festtage. In Berlin-Köpenick machte sich der Trainer des SCP am Mittwoch auf die Suche nach einem Weihnachtsbaum. Praktisch, dass das Pokal-Los ihn und den Zweitligisten an seinen zweiten Wohnort fernab des Arbeitsplatzes in Ostwestfalen geführt hatte. Der Sieg mit dem Außenseiter gegen das Überraschungsteam der Bundesliga rundete Baumgarts Heimreise perfekt ab.
Auf eine liebgewonnene Tradition musste aber auch der einstige UnionProfi wie alle Fans und Freunde der Eisernen verzichten. Das sonst im Stadion an der Alten Försterei mit Tausenden Zuschauern zelebrierte Weihnachtssingen konnte wegen der Corona-Pandemie am Mittwoch nur digital stattfinden. Mit Kerze, Punsch und Liederzetteln vor den heimischen Computern, ein ziemliches Grausen für das große Wir-Gefühl im Osten der Hauptstadt.