„Ich habe mehr als 20 Trainingseinheiten pro Woche“
Profi-Triathlet Valentin Wernz lässt im Interview das abgelaufene Jahr Revue passieren und blickt auf 2021
TUTTLINGEN – Die Corona-Pandemie hat den Profisport in diesem Jahr ausgebremst. Davon betroffen ist somit auch der derzeit erfolgreichste Sportler des Landkreises Tuttlingen – Valentin Wernz. Der 25-jährige Profi-Triathlet ist amtierender Deutscher Meister über die Kurzdistanz und hat seine Wettkampfteilnahmen mehrmals umplanen müssen. In unserer Interview-Reihe „Erzählen Sie mal…“hat der Tuttlinger Sportler unserem Reporter Simon Schneider verraten, wie er das Corona-Jahr erlebt hat, wie sich seine Saisonvorbereitung gestaltet und mit welchen Zielen und Wünschen er in die Zukunft blickt.
Valentin Wernz, in dieser Zeit einer Pandemie zunächst die Frage: Wie geht es Ihnen?
Mir geht es gesundheitlich gut. Gleiches gilt auch für meine Trainingsgruppe der Deutschen Triathlon Union (DTU) hier am Bundesstützpunkt in Saarbrücken. CoronaFälle gab es hier zum Glück bei uns noch keine. Meine Knieschmerzen, die mich nach einem Radsturz im Sommer für die restliche Saison ausgebremst haben, sind auch weg. Einzig die Schulter macht nach dem Sturz noch etwas Probleme und ist nach einer Belastung gereizt.
Sie reisen normalerweise im Jahr rund um den Globus zu den unterschiedlichsten internationalen Wettkämpfen. Wie haben sich die Teilnahmen rückblickend in diesem Jahr für Sie gestaltet?
Zunächst fanden die Wettkämpfe Anfang des Jahres ja noch ganz normal statt, und ich konnte nach Afrika reisen für zwei Rennen. Corona hat uns Triathleten dann beim ersten Wettkampf der World Triathlon Series (WTS) in Abu Dhabi einen Strich durch die Rechnung gemacht. Das WTS-Rennen ist ausgefallen, wie viele andere auch. Der erste Wettkampf nach dem FrühjahrLockdown fand dann erst nach einer viermonatigen Wettkampfpause im Sommer in Hamburg unter strengen Auflagen und somit ohne Zuschauer statt. Es war das einzige WTS-Rennen, das zugleich als Weltmeisterschaft ausgetragen wurde. Danach startete ich noch im tschechischen Karlsbad und auf der italienischen Insel Sardinien bei Weltcups. Der größte Teil der angestrebten Wettkämpfe ist aber weggefallen.
Welche Erfolge haben Sie dabei feiern können?
Bei den Cups in Afrika im Frühjahr habe ich mir den dritten und kurze Zeit später den ersten Platz sichern können. Der Höhepunkt für mich war aber sicherlich die Weltmeisterschaft im eigenen Land, bei der ich auf Rang 34 und damit im Mittelfeld gelandet bin. Dort – und auch bei Weltcups danach – haben mich leider meine Verletzungen, die ich vom Radsturz davongetragen habe, ausgebremst.
Die olympischen Spiele sind für Sie in greifbarer Nähe. Diese wurden auf 2021 verschoben. Glauben Sie, dass Olympia in Tokio 2021 stattfinden wird?
Ja, ich denke und hoffe schon. Da bin ich optimistisch. Das Jahr hat gezeigt, dass im Sommer trotz Corona Veranstaltungen stattfinden konnten. Das stimmt mich für Tokio optimistisch, auch wenn dann die Zuschauer ganz wegfallen oder nur eingeschränkt dabei sein können. Aber lieber Olympia findet mit eingeschränkter Atmosphäre statt als gar nicht, denn für die teilnehmenden Athleten ist Olympia sehr wichtig; allein schon, weil wir einen großen und trainingsintensiven Aufwand im Vorfeld investieren.
Wie groß sind Ihre Chancen, dass Sie als Olympionike dort mitmischen können?
Mit Jonas Schonburg ist bereits einer von zwei männlichen Startplätzen für Deutschland belegt. Er hatte sich bereits im vergangenen Jahr dafür qualifiziert. Im kommenden Jahr soll dann Ende Mai im Bundesleistungszentrum in Kienbaum ein interner Wettkampf über die StaffelDistanz entscheiden, wer das zweite Olympiaticket löst. Die Chancen stehen für mich gut – aber auch für die anderen DTU-Triathleten, die dem Olympiakader angehören. Die Leistungsdichte ist sehr hoch, und es wird sehr schwer werden, mich zu qualifizieren.
Egal, wie die Qualifikation ausgeht – eine gute Vorbereitung ist generell für eine erfolgreiche Saison enorm wichtig. Normalerweise legen die Triathleten im Winter ihren Grundstein dafür. Ist Ihre Saisonvorbereitung schon gestartet?
Ja, ich habe im November mit der Saisonvorbereitung angefangen.
Wie gestaltet sich die Saisonvorbereitung bei Ihnen und wo bereiten Sie sich vor?
Normalerweise würden wir mit der Trainingsgruppe in ein Höhentrainingslager reisen. Das geht aufgrund der Corona-Pandemie aber nicht. Ich bin deshalb an den Bundesstützpunkt in Saarbrücken gebunden. Hier werde ich mich zunächst bestmöglich vorbereiten.
Wie sieht Ihre Vorbereitung konkret aus?
Wir haben das Glück, dass wir am Bundesstützpunkt schwimmen dürfen. Somit bin ich für fünf bis sechs Trainingseinheiten in der Woche im Wasser. Hinzu kommt aktuell sehr viel Krafttraining. Außerdem laufe ich fünf Mal pro Woche und fahre genauso häufig Rad, entweder draußen aber auch auf der Rolle. Somit habe ich insgesamt mehr als 20 Trainingseinheiten pro Woche.
Wie verhalten sich die Kaderathleten untereinander am Bundesstützpunkt? Gehen Sie auf Abstand und werden regelmäßig auf Covid-19 getestet?
Wir trainieren in Kleingruppen. Beim Schwimmen hat jeder Triathlet eine Bahn für sich. Den Sicherheitsabstand halten wir natürlich dabei ein. Außerhalb des Wassers tragen wir, wenn sich der Abstand nicht einhalten lässt, eine Maske. Einen regelmäßigen Coronatest müssen wir aber nicht machen. Somit bin ich, was meinen Trainingsbetrieb betrifft, nur minimal eingeschränkt.
Nochmal zurück zur Vorbereitung: Über den Jahreswechsel und im Frühjahr stehen bei Ihnen als Profisportler normalerweise mehrere Trainingslager an. Wie stehen aktuell die Chancen, sich außerhalb Deutschlands auf die Saison vorzubereiten?
Im Moment stehen die Chancen gut. Wir können vermutlich ab Mitte Januar ein Trainingslager auf den kanarischen Inseln auf Fuerteventura für mehrere Wochen absolvieren. Das ist jedenfalls der derzeitige Plan. Wenn das klappt, legen wir auf Fuerteventura den Fokus auf die Grundlagen. Wie es danach weitergeht, wissen wir aktuell aber noch nicht.
Was erhoffen Sie sich – unabhängig vom Wunsch einer Teilnahme an den möglichen Olympischen Spielen – von der Triathlon-Saison 2021?
Ich hoffe, dass die WM-Serie stattfinden kann und es auch allgemein wieder mehr Wettkämpfe gibt, als es in diesem Jahr der Fall war. Natürlich wünsche ich mir auch, dass wieder Zuschauer entlang der Strecke stehen und uns anfeuern dürfen. Für mich persönlich ist es extrem wichtig, dass ich im kommenden Jahr verletzungsfrei bin und dass ich die Schulterprobleme möglichst schnell und restlos wegbekomme.