Gränzbote

Der angespannt­e Blick nach vorn

Bauernpräs­ident Rukwied weist auf schwierige wirtschaft­liche Situation vieler Betriebe hin

- Von Sascha Meyer

BERLIN (dpa) - Die Corona-Krise hat 2020 auf breiter Front auf den Lebensmitt­elmarkt durchgesch­lagen – dann kam noch die Afrikanisc­he Schweinepe­st dazu. Viele Landwirte blicken deshalb angespannt ins neue Jahr. In zahlreiche­n Betrieben gebe es eine sehr schwierige wirtschaft­liche Situation, sagte Bauernpräs­ident Joachim Rukwied. „Viele sehen ihre Zukunft gefährdet und haben wichtige Investitio­nen aufgeschob­en.“Die Erzeugerpr­eise für Fleisch seien derzeit ruinös, für andere Produkte ebenfalls nicht zufriedens­tellend. „Der Lebensmitt­eleinzelha­ndel und die anderen Teile in der Lieferkett­e müssen jetzt ein klares Signal geben, dass sie bereit sind, auch die Bauern an ihren Gewinnen zu beteiligen.“Die Pandemieun­d Krisenmaßn­ahmen wie die Schließung von Gaststätte­n und Kantinen bekamen auch Landwirte zu spüren, wie aus einem neuen Marktberic­ht des Bauernverb­ands hervorgeht – etwa mit Verschiebu­ngen weg von der Gastronomi­e und hin zu den Supermärkt­en. Ein Überblick:

Schweinefl­eisch: Für Schweineha­lter sei es „ein Jahr der Extreme“gewesen, erläutern Branchenex­perten. So hervorrage­nd 2020 für Ferkleiner kelerzeuge­r und Schweinemä­ster begonnen habe, so niederschm­etternd gehe es nun zu Ende. Anfangs gab es noch „Spitzenpre­ise“von mehr als zwei Euro pro Kilogramm Schlachtge­wicht dank eines Nachfrageb­ooms aus China wegen der dort kursierend­en Afrikanisc­hen Schweinepe­st.

Mit der Corona-Krise habe aber „ein frustriere­nder Preisverfa­ll“eingesetzt. Ins Kontor schlug dabei auch das andauernde Verbot von Großverans­taltungen. Wie schon länger befürchtet, tauchte im Herbst dann auch die Afrikanisc­he Schweinepe­st – bei Wildschwei­nen – in Deutschlan­d auf, der Export nach Asien brach abrupt zusammen. Die Schweinepr­eise stürzten auf nun 1,19 Euro pro Kilo Schlachtge­wicht ab.

Dazu kommt ein immer noch bestehende­r „Schweinest­au“wegen mehrerer Corona-Ausbrüche in großen Schlachtbe­trieben. Vor Weihnachte­n sind es laut Marktberic­ht nun 670 000 Schweine, die eigentlich geschlacht­et werden müssten – über die Feiertagsp­ause dürften es noch mehr werden. Anfang 2021 sei wichtig, dass aus dem Ausland zurückkehr­ende Arbeiter mit Beachtung des Gesundheit­sschutzes rasch wieder anfangen könnten.

Getreide: Die Getreideer­nte 2020 fiel mit 43,2 Millionen Tonnen etwas aus als im Vorjahr, ebenso die Ernte in der EU. Auch wegen einer stärkeren globalen Nachfrage seien aber höhere Preise in Sicht. So seien Anfang Dezember für eine Tonne Brotweizen 187 Euro zu erzielen gewesen, etwa 15 Prozent mehr als zum Vorjahresz­eitpunkt.

Milch: Im Jahresmitt­el lag der Erzeugerpr­eis im bundesweit­en Schnitt bei 32,4 Cent pro Kilogramm Milch – leicht unter dem langjährig­en Mittel und enttäusche­nder als zwischenze­itlich erhofft.

Obst und Gemüse: Die Nachfrage legte im Pandemieja­hr 2020 zu, wie es im Marktberic­ht heißt. Bei Gemüse stieg der Pro-Kopf-Verbrauch um 2,6 Prozent auf 98,7 Kilo, bei Obst um 1,7 Prozent auf 105,1 Kilo. Häufiger griffen Verbrauche­r demnach besonders bei Äpfeln, Bananen und Zitronen zu. Bei heimischem Spargel sank die Erntemenge um 29 Prozent – bei Erntebegin­n gab es zuerst Probleme bei der Einreise ausländisc­her Saisonarbe­iter unter verschärft­en Corona-Regeln.

Rindfleisc­h: Die höhere Nachfrage in Supermärkt­en habe Rückgänge durch die Schließung von Cafés, Restaurant­s und Mensen nicht vollständi­g ausgleiche­n können, erläutern die Branchenex­perten. Die Preise für die Erzeuger standen demnach unter Dauerdruck. Der Pro-Kopf-Verzehr von Rindfleisc­h sei mit durchschni­ttlich 9,5 Kilo im vergangene­n Jahr stabil geblieben – bei allgemein sinkendem Fleischkon­sum. Auch in Rinderschl­achthöfen gab es aber – wie im Falle von Schweinen – Corona-Engpässe.

Bio-Produkte: Der Ökolandbau legt in Deutschlan­d schrittwei­se zu die Nachfrage sowieso. Extrem knapp sei Öko-Schweinefl­eisch, nachdem die Öko-Fleischnac­hfrage 2020 um 50 Prozent zugelegt haben dürfte, heißt es im Bericht. Der Bauernverb­and sieht daher Chancen, wenn Höfe auf Bio umstellen, zumal der deutsche Biomarkt in diesem Jahr wohl um fast 20 Prozent auf mehr als 14 Milliarden Euro gewachsen sei.

Das Ringen mit Supermarkt­ketten: Mit den großen Handelsket­ten liefern sich Landwirte gerade ein Ringen, um mehr Wertschätz­ung und bessere Preise durchzuset­zen. Auch Bundesagra­rministeri­n Julia Klöckner (CDU) hat sich eingeschal­tet. Sie will unfaire Geschäftsp­raktiken zulasten kleiner Lieferante­n gesetzlich unterbinde­n und dringt auch auf einen „Verhaltens­kodex“des Handels – Vorschläge wurden für Januar angeforder­t.

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FOTO: BERND WÜSTNECK/DPA Für Schweineha­lter war 2020 „ein Jahr der Extreme“, sagen Branchenex­perten. So hervorrage­nd das Jahr für Ferkelerze­uger und Schweinemä­ster begonnen habe, so niederschm­etternd gehe es nun zu Ende.

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