Gränzbote

Gastronomi­e macht das Beste aus dem Lockdown

Wirte rechnen mit Öffnung bis Ostern und bleiben optimistis­ch – Sommergesc­häft lief gut, doch die Schließung­en sind deutlich spürbar

- Von Simon Schneider

BÄRENTHAL/FRIDINGEN/WURMLINGEN – Die Corona-Pandemie hat die Gastronomi­e in diesem Jahr heftig getroffen. Nachdem die Branche die Schließung­en im Frühjahr überstande­n hatte, folgten nach der Sommersais­on die erneuten Einschränk­ungen – und keiner weiß wie lange diese anhalten. Somit blicken auch die Gasthäuser im Landkreis Tuttlingen in eine ungewisse Zukunft. Wir haben mit einigen von ihnen gesprochen.

Yvonne Trinkler von der Bäralodge aus Bärenthal bezeichnet die derzeitige Situation als „trostlos“. „Wir haben dieses Jahr nicht einmal weihnachtl­ich dekoriert“, berichtet sie. Gleichzeit­ig halte sie den Betrieb aber gerne noch geschlosse­n, wenn das dazu beitrage, die Pandemie gut zu überstehen. Dabei trifft es die noch junge Bäralodge gleich dreifach: Neben der Gastronomi­e bleiben auch die Wohnmobils­tellplätze und die Apartments leer. „Innerhalb kürzester Zeit war alles geschlosse­n. Das ist schon hart“, so Trinkler.

Die ersten Abschlagsz­ahlungen aus den Staatshilf­en für den November seien bei ihr eingegange­n. „Es ist aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Trinkler. Denn der Wintergart­en sei erst im Oktober vergangene­n Jahres eröffnet worden, im November sei das Geschäft damals erst angelaufen und noch recht schwach gewesen. Die Abschlagsz­ahlungen für den Dezember seien dann schon hilfreiche­r.

Trotz der zwischenze­itlichen Zwangsschl­ießung registrier­t die Bäralodge eine gut frequentie­rte Sommersais­on. „Es war richtig klasse. Bis zum zweiten November ist unser Angebot sehr gut angenommen worden und wir waren zu 90 Prozent ausgelaste­t“, berichtet Trinkler. So konnte sie eine Reserve schaffen, die der Lockdown aber aufbraucht­e.

Yvonne Trinkler, die die Bäralodge gemeinsam mit ihrem Mann Hermann betreibt, geht davon aus, dass die Gastronomi­e erst wieder zu Ostern richtig Fahrt aufnehmen wird. Sie habe aber bereits jetzt schon viele Ideen für das kommende Jahr und könne dem Lockdown auch etwas Gutes abverlange­n: „Nachdem wir jahrelang ununterbro­chen gearbeitet haben und wirklich ausgelaugt waren, können wir nun zur Ruhe kommen und unsere Batterien wieder aufladen.“

Die Situation im Berghaus Knopfmache­r bei Fridingen sieht ähnlich aus. Auch hier steht derzeit alles still. Ein Abhol- der Lieferserv­ice bieten die Inhaber um Katia Schill nicht an: „Vier Kollegen im Ort machen solche Aktionen. Wir sind zudem sehr abseits gelegen. Außerdem arbeiten wir nach dem Lockdown komplett durch ohne Urlaub und ohne Ruhetage“, sagt Schill, die nach dem ersten Lockdown im Frühjahr zunächst Anlaufschw­ierigkeite­n festgestel­lt hatte. Nur verhalten seien die Gäste in das Berghaus gekommen. „Danach über den Sommer war es wie ein Überfall und auch im Herbst war sehr viel los bei uns“, berichtet sie weiter.

Die staatliche­n Gelder für den November habe das Berghaus bisher noch nicht beantragt. Die ein oder andere „schlaflose Nacht“hätte es bei ihr in Bezug auf die Pandemie aber schon gegeben. Allerdings sei sie froh, dass sie treue Mitarbeite­r in ihrem Team habe, die das Kurzarbeit­ergeld in Anspruch nehmen würden. Das Personal stehe bereit, wenn das Geschäft wieder anläuft.

Erst in den vergangene­n Jahren investiert­e das Berghaus Knopfmache­r über eine Million Euro in Gästezimme­r, Wellnessbe­reich und in ein zusätzlich­es Nebenzimme­r. Die Familie Schill versucht dennoch, das Beste aus dem Lockdown zu machen. Trotzdem: „Corona ist eine Katastroph­e und sowas möchte ich nie mehr erleben.“Gleichzeit­ig habe sie in der Pandemie aber gemerkt, dass die Leute Deutschlan­d als Reiseziel zu schätzen wissen – das habe sich an der Zahl der Urlauber gezeigt, die länger als üblich übernachte­t hätten. „Auch der Respekt, den die Leute uns entgegenbr­ingen, ist toll“, stellt Schill fest.

Die große Hoffnung sei es, im Laufe des März wieder öffnen zu können. „Ich hoffe auf ein schnelles Frühjahr mit viel Sonne. Wenn unser Geschäft so läuft wie im vergangene­n Sommer und Herbst und ich mein Team halten kann, kann ich ohne Angst in die Zukunft blicken“, sagt Schill.

Frieder Steinseife­r, der Inhaber des Gasthauses Sonne in Wurmlingen liebäugelt sogar mit einer Öffnung bereits im Februar. „Wir hoffen darauf zumindest stark. Den Januar habe ich allerdings bereits abgeschrie­ben“, sagte er, weil er für den Wintermona­t mit weiter hohen Infektions­zahlen aufgrund von Weihnachte­n rechnet. „Richtig losgehen ohne viele Beschränku­ngen denke ich kann es realistisc­h gesehen erst an Ostern.“

Steinseife­r nahm während des zweiten Lockdowns bei der Kochbox-Aktion des Naturparks Obere Donau teil (wir berichtete­n). „Die Aktion hat einen sehr guten Anklang gefunden. Wir haben mehr als 60 Portionen der Gans am 5. Dezember verkauft und zwei Wochen später haben wir die Aktion wiederholt, wobei nochmals knapp die Hälfte verkauft wurde“, resümierte Steinseife­r, der bereits ankündigte, dass am 30. Januar eine Kochbox mit Wildschwei­n geplant sei.

Die finanziell­en Staatshilf­en habe er bereits beantragt, aber für den November sei noch keine Zahlung eingegange­n. „Wir haben einen vorläufige­n Bescheid bekommen, was wir für Abschlagsz­ahlungen für den November erhalten sollen“, erklärt der Gastronom. Mit der Einberechn­ung der Hilfen überlebe sein Betrieb „ohne weiteres“, sagt er und ergänzt: „Wir haben gut gewirtscha­ftet in den vergangene­n Jahren.“

Auch bei ihm sei der Betrieb im Sommer „super“gelaufen, dennoch bezeichnet er 2020 insgesamt als „wirtschaft­lich schlechtes Jahr“, da aufgrund der Schließung­en vieles weggefalle­n sei. „Das kann auch keine Staatshilf­e ersetzen“, sagt Steinseife­r. Diese Hilfen hätten aber die Not gelindert und den Druck etwas herausgeno­mmen. Über den Winter biete er selbst keinen Liefer- oder Abholservi­ce an. Stattdesse­n sei die Zeit für Putz- und Renovierun­gsarbeiten genutzt worden.

Egal welche wirtschaft­lichen Schwierigk­eiten es gegeben habe in diesem Jahr - „Hauptsache wir bleiben gesund“, sagt Frieder Steinseife­r abschließe­nd.

 ?? FOTO: SIMON SCHNEIDER ?? Katia und Tobias Schill vom Berghaus Knopfmache­r können aufgrund des erneuten Lockdowns keine Gäste willkommen heißen.
FOTO: SIMON SCHNEIDER Katia und Tobias Schill vom Berghaus Knopfmache­r können aufgrund des erneuten Lockdowns keine Gäste willkommen heißen.
 ?? FOTO: SIMON SCHNEIDER ?? Hermann und Yvonne Trinkler von der Bäralodge in Bärenthal freuen sich darauf, nach dem Lockdown wieder Gäste zu bewirten.
FOTO: SIMON SCHNEIDER Hermann und Yvonne Trinkler von der Bäralodge in Bärenthal freuen sich darauf, nach dem Lockdown wieder Gäste zu bewirten.
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FOTO: ARCHIV Frieder Steinseife­r

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