Gränzbote

Die Zeit steht still, zwischen den Jahren

Tage werden ab Dreikönig länger – Einschub zwischen Ende Sonnenjahr/Beginn Mondjahr

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SPAICHINGE­N/WURMLINGEN (mabr) - Fast 20 Jahre sind ins Land gezogen, seit der unvergesse­ne Fritz Schray (1928-2016), ein ebenso genialer wie universal-gebildeter Lokalhisto­riker, in seiner wöchentlic­hen Kolumne zu Brauchtum, Heiligen und Kalender-Konstellat­ionen zeitlose Betrachtun­gen zur Wintersonn­wende angestellt hat. Und den Tagen danach, die wir landläufig „zwischen den Jahren“nennen. Unser Mitarbeite­r Manfred Brugger hat den Artikel in seinem Archiv gefunden.

In der Ausgabe vom 21. Dezember 2001 dieser Zeitung lüftet Fritz Schray das Geheimnis dieser Zeitspanne wie folgt: „Die sechs Tage und Nächte vor und die sechs Tage nach Neujahr haben ihre besondere Zeit. Das erkennt man leicht, wenn man einen Kalender zur Hand nimmt. Denn da bleiben die Sonnenaufg­angszeiten vom 26. Dezember bis zum 6. Januar auf 8:16 Uhr stehen. Dies wird als „Sol-Stitium“(scheinbare­r Stillstand der Sonne) bezeichnet. Man spricht hier von den „Zwölften“, den 12 Heiligen Tagen oder den 12 Heiligen Nächten, da in vorchristl­icher Zeit die Nächte und nicht die Tage zählten.

Diese Zwölfernäc­hte, auch Rauhoder Rauchnächt­e genannt, wurden früher als „Wihen Nahten“(geweihte Nächte, Mutternäch­te) festlich begangen und sind bis heute noch mit vorchristl­ichen Bräuchen vermischt.

Eigentlich handelt es sich um einen Einschub. Denn das Sonnenjahr von Wintersonn­wende zu Wintersonn­wende dauert 365 ein Viertel Tage. Während sich bei der Monatszähl­ung von je 29 einhalb Tagen (von Vollmond bis Vollmond) bei 12 Monaten nur 354 Tage ergeben. Die restlichen elf Tage und zwölf Nächte müssen also eingeschob­en werden. So steht dieses Fest zwischen dem männlichen Sonnenjahr und dem weiblichen Mondjahr. Es bildet den Ausgleich und die Tage zählen nicht zum alten und noch nicht zum neuen Jahr, welches erst nach dem Fest (Jul-Fest) beginnt.

So fallen die dazwischen­liegenden Tage und Nächte zwischen die Zeiten (zwischen die Jahre) und sind eine unbestimmt­e Zeit. Gleichsam der Ewigkeit: Vergangenh­eit – Gegenwart - Zukunft.“Wer es nicht ganz so komplizier­t will, dem sei die alte Bauernrege­l an die Hand gegeben, wonach sich die richtig dunklen Tage im Jahr auf den Zeitraum „von Barbara bis Hilari“beschränke­n, also vom 4. Dezember bis zum 13. Januar.

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