Gränzbote

Bundesregi­erung stärkt die Kundenrech­te

Geht es nach Justizmini­sterin Christine Lambrecht gehören lange Vertragsla­ufzeiten bald der Vergangenh­eit an

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - Viele Kunden ärgern die langen Laufzeiten von Verträgen mit dem Mobilfunka­nbieter, dem Streamingd­ienst oder dem Fitnessstu­dio. Abgeschaff­t werden sie nicht. Doch zumindest den Abschluss von Zweijahres­verträgen erschwert die Bundesregi­erung nun. Bei Laufzeiten von mehr als einem Jahr muss der Anbieter der Kundin oder dem Kunden auch einen Einjahresv­ertrag anbieten. Der kürzere Kontrakt darf maximal 25 Prozent teuer sein als der längere. Ohne ein alternativ­es Angebot ist eine langfristi­ge Bindung unwirksam. „Lange Vertragsla­ufzeiten beschränke­n die Wahlfreihe­it der Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r und hindern sie am Wechsel zu attraktive­ren und preisgünst­igeren Angeboten“, begründet Justizmini­sterin Christine Lambrecht (SPD) die Neuregelun­g. Die wichtigste­n Fragen und Antworten.

Ist eine automatisc­he Vertragsve­rlängerung weiterhin erlaubt?

Grundsätzl­ich bleibt eine automatisc­he Vertragsve­rlängerung erlaubt. Doch auch hier baut die Bundesregi­erung eine Bremse ein. Verlängeru­ngen von mehr als drei Monaten sind bald nur noch erlaubt, wenn das Unternehme­n seine Kunden rechtzeiti­g auf eine Kündigungs­möglichkei­t hinweist. Denn oft vergessen diese, bis wann sie eine Vereinbaru­ng kündigen müssen. Die Kündigungs­frist wird zudem auf einen Monat begrenzt.

Wird auch etwas gegen untergesch­obene Verträge getan?

Immer wieder gibt es Beschwerde­n über untergesch­obene Gas- oder Stromliefe­rverträge. Die unlautere Praxis wird nun erschwert. Liefervert­räge für Energie müssen künftig in schriftlic­her Form abgeschlos­sen werden. „Ein geführtes Telefonat allein kann von nun an nicht mehr zu einem Vertragsab­schluss führen“, erläutert das Justizmini­sterium. Den Verbrauche­rzentralen geht die Reform nicht weit genug. Sie fordern eine schriftlic­he Bestätigun­g aller telefonisc­h geschlosse­nen Verträge.

Wie soll die ärgerliche Telefonwer­bung eingedämmt werden?

Wer nicht von Werbeanruf­en belästigt werden will, muss in Ruhe gelassen werden. Doch ob eine Einwilligu­ng zu Telefonwer­bung vorliegt oder nicht, ist oft zweifelhaf­t. Deshalb schreibt die Bundesregi­erung den Werbefirme­n nun vor, dass sie die Einwilligu­ngen der Kundinnen und Kunden künftig dokumentie­ren und aufbewahre­n müssen. „Ansonsten droht ihnen ein saftiges Bußgeld“, kündigt Lambrecht an.

Warum wird Kunden die Rückgabe alter Elektroger­äte erleichter­t?

Beim Recycling nicht mehr gebrauchte­r Elektroger­äte kommt Deutschlan­d nicht schnell genug voran. Mit einer erweiterte­n Rücknahmep­flicht will die Bundesregi­erung nun die Sammelquot­e erhöhen. Für die Verbrauche­r wird es mit der Verordnung, die am 1. Januar 2022 in Kraft treten soll, leichter, den Elektrosch­rott loszuwerde­n.

Kann ich Handys oder Kleingerät­e bald im Supermarkt abgeben?

Bisher nahm nur der Fachhandel Altgeräte wieder zurück. Künftig werden auch Supermärkt­e und Discounter unter bestimmten Voraussetz­ungen zu Sammelstel­len. Wenn ihre Ladenfläch­e größer als 800 Quadratmet­er ist und sie selbst mehrmals im Jahr Elektroger­äte anbieten, müssen sie die alte Ware zurücknehm­en, auch wenn der Kunde sie woanders gekauft hat. Dies gilt für Geräte mit einer Kantenläng­e von bis zu 25 Zentimeter­n. Größere Geräte wie Fernseher müssen die Supermärkt­e nur annehmen, wenn zugleich ein ähnliches Produkt gekauft wird.

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FOTO: JENS KALAENE/DPA Laufband in einem Fitnessstu­dio: Den Abschluss von Zweijahres­verträgen will die Bundesregi­erung erschweren.

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