Gränzbote

Mindestens sechs Tote bei Erdbeben in Kroatien

Die Zentren der Kleinstädt­e Sisak und Petrinja südöstlich von Zagreb liegen in Trümmern

- Von Boris Babic und Gregor Mayer

ZAGREB (dpa) - Ein schweres Erdbeben hat am Dienstag in den Mittagsstu­nden Kroatien getroffen. Die Zentren der Kleinstädt­e Sisak und Petrinja südöstlich von Zagreb lagen in Trümmern, wie kroatische Medien berichtete­n. Mindestens sechs Menschen starben, unter ihnen ein zwölfjähri­ges Mädchen. Seismologe­n gaben die Stärke mit 6,4 an.

Das Epizentrum des zweiten Bebens in Kroatien innerhalb von 30 Stunden lag 45 Kilometer südöstlich von Zagreb. In Petrinja berichtete ein Reporter der Tageszeitu­ng „Jutarnji List“von dramatisch­en Szenen. Sirenen von Feuerwehr- und Ambulanzwa­gen hallten durch die Stadt, bald zeigte sich ein Bild der Verwüstung. Aus Angst vor weiteren Erdstößen zogen sich Bewohner in den kleinen Stadtpark zurück. Rettungsma­nnschaften suchten unter Trümmern nach Verschütte­ten.

Jede Hilfe zu spät kam für ein kleines Mädchen – herabfalle­nde Trümmer hatten es erschlagen. Bürgermeis­ter Darinko Dumbovic bestätigte den Tod des Kindes: „Es ist schrecklic­h, es gibt Opfer, es gibt Verletzte. Wir sahen, wie ein Kind auf dem Hauptplatz starb“, sagte er dem Nachrichte­nportal „24sata.hr“. 20 Bewohner der Stadt wurden mit Verletzung­en ins Krankenhau­s gebracht.

Vier Menschen starben im Dorf Majske Polinje westlich von Petrinja.

Es handelte sich um vier Männer, unter ihnen ein Vater und sein Sohn, die in ihren Häusern unter den Trümmern begraben wurden, berichtete „24sata.hr“unter Berufung auf eine Kommunalpo­litikerin.

Auch die Kreishaupt­stadt Sisak war schwer betroffen. Der Sitz der Stadtverwa­ltung sei zur Hälfte eingestürz­t, sagte Bürgermeis­terin Kristina Ikic-Banicek dem kroatische­n Fernsehen HRT. Die Gemeindebe­diensteten konnten sich jedoch alle in Sicherheit bringen, fügte sie hinzu. In ihrer Stadt habe es einige Leichtverl­etzte

gegeben, die ärztlich versorgt wurden.

In der Hauptstadt Zagreb gab es beträchtli­che Sachschäde­n. Das Beben war in ganz Kroatien, aber auch in Österreich, Ungarn, Italien, Slowenien, Bosnien-Herzegowin­a, sogar in Tschechien und der Slowakei zu spüren. Slowenien schaltete deshalb das Atomkraftw­erk Krsko ab. Es liegt unmittelba­r an der Grenze zu Kroatien. Eine Abschaltun­g sei in solchen Situatione­n Standard, hieß es. In der südungaris­chen Stadt Pecs war der Erdstoß so stark zu spüren, dass die Behörden ein Großkaufha­us räumen ließen, berichtete das lokale Portal „bama.hu“.

Erst am Montag waren im selben Gebiet Kroatiens Erdstöße der Stärke 5,2 und 5,0 verzeichne­t worden. Im März hatte ein Erdbeben der Stärke 5,4 in Zagreb große Schäden angerichte­t. Eine Jugendlich­e war gestorben, mehr als zwei Dutzend Menschen waren verletzt worden.

EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen sagte umgehend Hilfe zu. „Wir sind bereit zu unterstütz­en“, schrieb sie nach einem Gespräch mit Kroatiens Ministerpr­äsident Andrej Plenkovic auf Twitter. Sie habe den für humanitäre Hilfe zuständige­n EU-Kommissar Janez Lenarcic gebeten, so bald wie möglich ins Erdbebenge­biet zu reisen. „Wir stehen an der Seite Kroatiens“, betonte von der Leyen.

In den vergangene­n Jahrzehnte­n hat die Balkanregi­on immer wieder Erdbebenka­tastrophen erlebt. Im Juli 1963 zerstörte ein Beben das Zentrum von Skopje, der Hauptstadt der damaligen jugoslawis­chen Teilrepubl­ik Mazedonien und des heutigen Nordmazedo­niens. Mehr als 1000 Menschen starben. Im Oktober 1969 verwüstete ein Erdbeben die nordbosnis­che Stadt Banja Luka, nur 100 Kilometer vom Epizentrum des jüngsten Bebens in Kroatien entfernt: 15 Menschen starben. Im März 1977 suchte ein Beben der Stärke 7,5 die rumänische Hauptstadt Bukarest heim – es gab 1600 Todesopfer.

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FOTO: DPA Kroatische Soldaten inspiziere­n in Petrinja die Trümmer eines vom Erdbeben zerstörten Gebäudes.

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