Gränzbote

„Die Sorge ist im Prinzip immer da“

Zahnärzte wie Dr. Klaudius Gebauer arbeiten in der Corona-Pandemie mit erhöhtem Risiko

- Von Michael Hochheuser

TROSSINGEN - Einige Berufsgrup­pen sind stärker gefährdet, sich mit Covid-19 zu infizieren, als andere. Dazu zählen Zahnärzte - denn deren Patienten können bei der Behandlung den Mund-/Nasenschut­z nun mal nicht aufbehalte­n. Einer von ihnen ist Dr. Klaudius Gebauer. Er weiß um das tägliche Risiko.

„Sind Sie gesund? Kein Husten, kein Niesen?“Der Anruf beim Patienten am Tag vor dem Zahnarztte­rmin ist derzeit obligatori­sch bei der Trossinger Praxis Dres. Braunschwe­iger & Gebauer. Schließlic­h sollen die Infektions­risiken bei Arzt und medizinisc­hem Personal so weit wie möglich minimiert werden. Gleichwohl diese nicht nur in Corona-Zeiten gegeben sind.

„Wir sind prinzipiel­l immer im Bereich der Risikobeha­ndlung“, betont Dr. Gebauer. „Schließlic­h könnte jeder Patient eine Infektion haben, die über Tröpfchen übertragen wird.“Von der Grippe bis zur Tuberkulos­e. Deshalb seien die Hygienesta­ndards in der Praxis bereits vor der Pandemie hoch gewesen. Im Zuge derer seien diese noch einmal intensivie­rt worden: So würden die Türklinken „zig mal gereinigt“, regelmäßig durchgelüf­tet oder darauf geachtet, die Abstandsre­geln einzuhalte­n.

Was aber eben bei der Behandlung auf dem Zahnarztst­uhl nicht geht. Da ist Dr. Gebauer nur 40, 50 Zentimeter vom Patienten entfernt. „Mit einem Meter Abstand geht es nicht – so lang sind meine Arme nicht.“Zum Selbstschu­tz tragen die Ärzte Mundschutz, Visier und gegebenenf­alls FFP2-Masken. „Die Sorge ist im Prinzip immer da, dass ein Patient etwas haben könnte, ohne dass er es weiß.“Allerdings auch schon vor Corona.

Grundsätzl­ich habe er jedoch mehr Angst, sich außerhalb der Praxis anzustecke­n – etwa beim Anfassen eines Einkaufswa­gens im Supermarkt.

„Weil ich in der Praxis weiß, wie ich mich verhalten muss.“

Dazu gehört derzeit etwa, sich bei Beratungsg­esprächen nicht wie sonst direkt neben Patienten zu setzen, sondern Abstand einzuhalte­n. Auch die Mitarbeite­r in der Praxis würden sich natürlich Gedanken machen über die Situation. „Sie sind bei der Behandlung ja in vorderster Front.“Auch sie trügen Visier und Mundschutz und seien so doppelt geschützt. „Zudem sind alle ausgebilde­t in Hygienemaß­nahmen.“Die Zahnärzte würden zudem darauf achten, „dass sie Abstand halten in den Pausen und permanent Mund-/ Nasenschut­z tragen“.

„Ich habe noch von keinem Fall gehört, dass sich jemand beim Zahnarzt

mit Corona angesteckt hat“, sagt Klaudius Gebauer. Gleichwohl seien die Patientenz­ahlen in der Trossinger Praxis in diesem Jahr „merklich zurückgega­ngen“. Ein Grund ist, dass das Wartezimme­r weniger voll sein darf als sonst. Zudem würden immer wieder Patienten Termine absagen, „weil es ihnen zu unsicher ist“. Auf der anderen Seite seien die Preise für Hygieneart­ikel deutlich gestiegen. „Wir zahlen teilweise das Sechsbis Achtfache für Mundschutz im Vergleich zu vor der Pandemie“, beschreibt Gebauer das Dilemma von „weniger Patienten – aber mehr Kosten“.

„Eine gute Mundhygien­e beziehungs­weise eine gesunde Mundhöhle ist in Zeiten von Covid-19 noch wichtiger als sie vorher ohnehin schon war“, sagt der Präsident der Landesärzt­ekammer Baden-Württember­g, Dr. Torsten Tomppert. „Die Gesundheit beginnt im Mund“, betont Dr. Gebauer. So könne eine starke, unbehandel­te Parodontos­e zu Herz- oder Lungenprob­lemen führen. „Die Bakterien gehen in die Blutbahn.“

Der Präsident der Deutschen Gesellscha­ft für Zahn-, Mund- und Kieferheil­kunde, Prof. Roland Frankenber­ger von der Universitä­t Marburg, weist darauf hin, dass „das CoronaViru­s hauptsächl­ich über Rezeptoren in Mund und Rachen in den Körper eindringt – deshalb ist eine starke Immunabweh­r der Mundhöhle die erste Hürde für die Viren“.

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FOTO: MICHAEL HOCHHEUSER Dr. Klaudius Gebauer ist sich des Infektions­risikos an seinem Arbeitspla­tz bewusst.

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