Gränzbote

Schluss mit Lehrstand: Tuttlingen sucht einen Flächenman­ager

Nach Kündigung von Sandra Hööck schreibt die Stadtverwa­ltung die Stelle erneut aus, und erneut befristet

- Von Dieter Kleibauer

TUTTLINGEN - Die Stadt will auch künftig Leerstände bei Grundstück­en und in Wohnhäuser­n ermitteln und deren Besitzer ansprechen. Das Rathaus hat wieder die Stelle eines Flächenman­agers ausgeschri­eben.

Wer aufmerksam durch die Stadt geht, sieht Leerstände überall: brach liegende Grundstück­e, Wohnungen, die offenkundi­g nicht bewohnt werden – leere Fensterhöh­len, dauerhaft herunterge­lassene Jalousien, kein Name am Klingelsch­ild. Gleichzeit­ig steigen die Einwohnerz­ahlen. Neue Baugebiete aber fressen Flächen im Außenberei­ch, sind ökologisch bedenklich. Die Stadt hat dieses Problem erkannt und will mit Bürgerinne­n und Bürgern reden, die – aus welchen Gründen auch immer – Wohnraum oder Bauflächen ungenutzt lassen. Das ist die Hauptaufga­be eines Flächenman­agers – auf Immobilien­besitzer zugehen, ihnen Möglichkei­ten aufzeigen, deren Bereitscha­ft

wecken, Brachen zu nutzen, Leerstände zu aktivieren.

Den Versuch dazu gab es schon mal. Die Stadt nutzt ein Programm des Landes, solche Stellen oder besser: deren Personalko­sten zu bezuschuss­en. Die gelernte Juristin Sandra Hööck, die im Dezember 2019 ihr zunächst auf zwei Jahre befristete­s Amt aufgenomme­n hatte, wechselte bereits nach einigen Monaten zur Stadtverwa­ltung Bad Dürrheim, wo sie eine ähnliche Aufgabe versieht. Zunächst sollte ihre Position in Tuttlingen nicht wiederbese­tzt werden, nicht zuletzt aus finanziell­en Gründen in einem mittlerwei­le von Corona geschüttel­ten Finanzjahr.

Doch jetzt hat die Stadt die Tätigkeit wieder ausgeschri­eben – unter gleichen Konditione­n wie zuvor. Das heißt: eine auf zwei Jahre befristete Vollzeitst­elle, die erneut vom Land gefördert wird. Die Stadt erhält vom Land einen Fixbetrag von 60 000 Euro, erklärt Wirtschaft­sförderer Simon Gröger, dessen Amt das Flächenman­agement

zugeordnet ist.

Das entspreche bei einer Laufzeit von zwei Jahren einer Förderung von 50 Prozent, wenn man die Lohnnebenk­osten einrechnet. Allerdings reduziert sich die Fördersumm­e für die Neuausschr­eibung auf 34 Prozent, weil ein Teil des Festbetrag­s ja schon auf die Stelle der Vorgängeri­n angerechne­t worden ist – die Fördersumm­e aus Stuttgart bleibt gleich.

Das trägt die Stadt aber, weil sie die Notwendigk­eit des Flächenman­agements sieht. Simon Gröger: „Durch immer knapper werdende Wohnbauflä­chen ist es sehr wichtig, die Innenentwi­cklung gezielt voranzutre­iben, um attraktive­n Wohnraum zu schaffen.“Vorrangige Aufgaben sind die „gezielte Eigentümer­Ansprache und Beratung“, um die „Aktivierun­g von innerörtli­chen Flächenpot­enzialen für Wohnzwecke“voranzutre­iben. Als Grundlage soll eine Datenbank samt Informatio­nsplattfor­m dienen; Sandra Hööck hatte mit der Arbeit daran begonnen und hinterläss­t ihrem Nachfolger eine detaillier­te Daten-Erhebung und -Analyse der Baulücken und Leerstände

in Tuttlingen und den Stadtteile­n.

Gesucht wird nun jemand, der einschlägi­ge Erfahrunge­n aus der Immobilien­branche mitbringt; vorausgese­tzt werden auch „ausgeprägt kommunikat­ive Fähigkeite­n“– soll heißen: Menschen ansprechen können, mit ihnen zusammen Ideen entwickeln, um freie Potenziale zu nutzen, sie dabei aber auch nicht unter Druck zu setzen.

Die Gründe, Bauareale und Wohnungen nicht zu nutzen, sind vielfältig: Angst von Investitio­nen beziehungs­weise fehlende Eigenmitte­l, das Vorhalten von Immobilien als Wertanlage oder Erbe, Bedenken gegen möglicherw­eise problemati­sche Mieter, Überalteru­ng des Wohnraums, und, ja, auch Spekulatio­n, um nur einige zu nennen. Das Lexikon nennt als Gegenteil von Leerstand den Wohnraumma­ngel – hier setzt die Aufgabe des Flächenman­agements an, einen Ausgleich herzustell­en.

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SYMBOL-FOTO: ARC Rollladen unten, kein Name am Klingelsch­ild – das soll in Tuttlingen möglichst vermieden werden.

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