Gränzbote

Am „Irrenhaus“gescheiter­t

Gabriel Clemens vergibt bei der Darts-WM gleich siebenmal die Chance, ins Viertelfin­ale einzuziehe­n

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LONDON (SID) - Der „German Giant“glich einem Häufchen Elend. Sein Blick war leer, der Mund zu einem Strich verzogen, als Gabriel Clemens seine Pfeile ein letztes Mal und doch viel zu früh einpackte. Und auch am Morgen nach seinem dramatisch­en Match im „Ally Pally“war der deutsche Riese noch immer nicht sonderlich gut auf sich zu sprechen. „Natürlich bin ich sauer auf mich“, ließ „Gaga“wissen.

Nein, hatte er schon gut zehn Stunden zuvor hervorgepr­esst, „so etwas darf mir nicht passieren“. Siebenmal besaß Clemens in seinem Achtelfina­le bei der Darts-WM in London die riesige Chance, eine Runde weiterzuko­mmen. Sieben Mal jedoch flog sein Matchdart beim Nervenkrie­g gegen den Polen Krzysztof Ratajski am Ziel vorbei – mit seinem letzten verfehlte er das Feld der Doppel-Eins, das sogenannte „Madhouse“(„Irrenhaus“).

Einen Wurf später nutzte Ratajski seinen zehnten Matchdart zum 4:3. Der Pole sank auf die Knie, Clemens wirkte nach der schon sechsten Niederlage im sechsten Duell gegen die zähe Nummer 15 der Weltrangli­ste für einen Moment wie gelähmt. Er könne jetzt auf Anhieb „nichts Positives“sehen, sagte er niedergesc­hlagen im ersten Interview bei Sport1, wohl wissend, welche Chance er da gleich siebenmal vergeben hatte.

„Das letzte Leg war schrecklic­h. Völlig verrückt“, sagte der überglückl­iche Ratajski: „Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals so ein Match absolviert zu haben.“Das lag freilich vor allem daran, dass sich beide Spieler schwertate­n, die lediglich acht Millimeter breiten DoppelFeld­er am äußeren Rand der Dartsschei­be zu treffen.

Die Niederlage hatte Clemens auch nach seiner letzten Nacht in London noch nicht verarbeite­t. „Ich werde das Ganze zwei bis drei Tage sacken lassen müssen“, teilte der 37 Jahre alte Saarländer mit, ein wenig Stolz ließ er jedoch auch erkennen: „Im Fußball“, schrieb er, „würde man vielleicht sagen, die Spieler haben ihr Herz auf dem Platz gelassen, und genau das habe ich auf der Bühne im Alexandra Palace getan!!!“

Gegen Ratajski habe er „alles gegeben und reingehaue­n, was möglich war“, versichert­e Clemens, und doch werden ihn diese sieben vergebenen Matchdarts wohl noch verfolgen. Nach seinem Coup gegen Titelverte­idiger Peter Wright wäre bei einem Erfolg gegen Ratajski auch das Halbfinale drin gewesen: Stephen Bunting, der nun im Viertelfin­ale auf Ratajski trifft, gehört nicht zur Weltspitze.

Clemens mag sich nun damit trösten, ein erfolgreic­hes Jahr gespielt zu haben. In der Rangliste zog er an Max Hopp vorbei und ist nun bester Deutscher. Mit dem ersten WM-Achtelfina­l-Einzug eines deutschen Dartsprofi­s könnte Clemens den Sprung unter die besten 30 der Welt schaffen. Und doch wäre in London gleich siebenmal mehr drin gewesen.

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FOTO: DPA Gabriel Clemens war bedient.

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