Gränzbote

Schluss mit der Grübelei

Sieben Methoden, die beim Abschalten helfen – Im Notfall profession­elle Hilfe holen

- Von Elena Zelle

Haben Sie auch schon mal von der Arbeit geträumt? Von ihrem überlaufen­den Postfach oder von der Präsentati­on, die sie seit Tagen auf dem Bildschirm hinund herschiebe­n? Wenn einen der Job gerade richtig fordert, kann man selbst in vermeintli­chen Ruhephasen oft nicht mehr richtig abschalten. Manchmal verfolgt einen die Arbeit sogar im Schlaf. Das ist ziemlich stressig und auf Dauer ungesund. Aber es gibt Wege aus der Dauerschle­ife.

Ruhig bleiben: Das ist oft leichter gesagt als getan. Wenn man erst einmal angefangen hat, sich über die Arbeit Sorgen zu machen, werden diese oft wie von selbst immer größer. Dann sollte man ganz bewusst einen Schritt zurücktret­en, um die Dinge realistisc­h einzuschät­zen, rät Utz Niklas Walter, Leiter des Instituts für Betrieblic­he Gesundheit­sberatung (IFBG).

Dazu lässt sich eine Methode nutzen, die sich „Entkatastr­ophisieren“nennt: Man ordnet die Dinge, die einen umtreiben, auf einer Skala von eins bis zehn ein. Eins ist dabei kleines Problem – zum Beispiel, dass man die Waschmasch­ine nicht angestellt hat. Und zehn ist das schlimmste Problem, ein Todesfall in der Familie etwa. „Der verpasste Zug fühlt sich im ersten Moment an wie eine Acht. Aber wenn man das Ganze realistisc­h einordnet und berücksich­tigt, dass zum Beispiel in einer Stunde wieder ein Zug fährt, dann ist es vielleicht eine Drei“, erklärt Walter. „Diese Technik hilft vielen, Dinge schneller gedanklich abzuhaken.“

Ein weiterer Tipp, um ruhig zu bleiben, klingt fast zu einfach: Atmen. „Man kann die Eins-zu-EinsAtemte­chnik nutzen“, rät Walter und erklärt: „Man atmet zum Beispiel drei Sekunden durch die Nase ein und ebenso lange Sekunden durch den Mund wieder aus.“Mit etwas Übung trage das zur Stimmungsk­ontrolle bei.

Grenzen ziehen: Damit die Sorgen nicht überhandne­hmen, ist es wichtig, Grenzen zu ziehen. Gedanklich, aber auch räumlich und zeitlich, wie Utz Niklas Walter vom IFBG rät. Er empfiehlt die Grübelstuh­l-Technik: Dafür sucht man sich einen Platz in der Wohnung, den man nur aufsucht um zu grübeln. „Diese Technik soll helfen, nicht mehr überall und immer über Dinge nachzudenk­en, sondern nur noch an einem bestimmten Ort zu bestimmten Zeiten.“

Beim Nachdenken kann man sich Notizen machen, die dann beim

Grübelstuh­l liegen bleiben. Walter betont: Das Nachdenken auf dem Grübelstuh­l sollte möglichst problemlös­end, nicht sorgenvoll sein. Für diese Technik braucht man Übung. Walter empfiehlt, etwa vier Wochen zu trainieren und erst dann zu beurteilen, ob die Methode für einen selbst geeignet ist.

Eine weitere Möglichkei­t ist die sogenannte Countdown-Methode: Man nimmt sich vor, eine begrenzte Zeit, etwa fünf Minuten, bewusst zu überlegen, was einen gerade umtreibt. Danach ist Schluss mit der Grübelei.

Klarheit schaffen: Damit man nicht ständig und immer über die Arbeit nachdenkt, ist es wichtig, für klare Verhältnis­se zu sorgen. Zum Beispiel, indem man für sich feste Arbeitszei­ten festlegt. „Das muss nicht von 8 bis 16 Uhr sein“, betont Walter. „Aber das Zeitfenste­r sollte zu einem selbst, dem eigenen Biorhythmu­s und natürlich den Anforderun­gen des Arbeitgebe­rs passen und dann auch eingehalte­n werden.“

In der Mittagspau­se und auch zum späten Feierabend rät Walter, das Handy in den Flugmodus zu schalten. „Auch private Nachrichte­n können zu einem Overload führen.“

Kontakte pflegen: Wer merkt, dass er in einer Dauerschle­ife aus Stress und Sorgen festhängt, sollte das nicht mit sich alleine ausmachen, rät Karriere-Coach Ute Bölke. „Am besten spricht man mit Freunden, Kollegen und auch dem Chef darüber.“Sie empfiehlt außerdem, den Kontakt zu Menschen, die einen runterzieh­en, möglichst zu meiden – oder durch wohltuende Kontakte so gut es eben geht auszugleic­hen.

Auch Walter sagt: „Nicht jeder wird auf eigene Faust Erfolg haben.“Mitunter braucht es die Unterstütz­ung von Freunden oder dem Partner, sofern diese damit einverstan­den sind. Manchmal kann auch profession­elle Hilfe nötig sein.

Aktiv sein: Abschalten heißt nicht nur, möglichst reglos auf der Couch zu liegen und sich berieseln zu lassen. „Man sollte bewusst kleine Events mit anderen planen, bei denen man bewusst nicht über die Arbeit spricht“, rät Walter.

Außerdem rät er zu OfflineHob­bys: „Puzzeln, basteln, stricken, Brot backen, Origami – seien Sie kreativ.“Auch Coach Bölke hält Ablenkung in Form von Sport und Bewegung

für wichtig, von Spaziergan­g bis hin zu Yoga: „Es gibt tausende Möglichkei­ten.“

Rituale entwickeln: Beim Abschalten können auch Rituale helfen. Das können ganz einfache Dinge sein, wie Bölke erklärt. „Man kann sich angewöhnen, in der Pause immer ein Fenster zu öffnen: frische Luft für den Körper und den Geist.“Ebenso wichtig sei es auch, nach getaner Arbeit den Schreibtis­ch ordentlich zu hinterlass­en.

Notizen machen: Damit man nicht alles im Kopf behalten muss, sollte man sich Notizen machen. Eine To-do-Liste, die man sich vor dem Feierabend für den nächsten Tag schreibt, kann laut Bölke dabei helfen, dass man sich weniger Gedanken über diese Dinge macht. Es kann auch hilfreich sein, in sich hineinzuho­rchen und seine Sorgen aufzuschre­iben.

Der nächste Schritt ist dann, die schlechten Gedanken wie „Ich schaffe es nicht“umzuprogra­mmieren. Das bedeutet, dass man sich immer, wenn dieser Gedanke kommt, stattdesse­n zum Beispiel denkt „step by step“. So kann man sich zum Beispiel eine Sache vornehmen, die man auf jeden Fall am nächsten Tag erledigt. Dann wird Schritt für Schritt die Liste kürzer – und die Sorgen werden weniger. (dpa)

 ?? FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA ?? Aus dem Kopf aufs Papier: Wer in der Freizeit ständig über Jobproblem­e nachdenkt, kann versuchen, seine Gedanken durch Notizen zu ordnen.
FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Aus dem Kopf aufs Papier: Wer in der Freizeit ständig über Jobproblem­e nachdenkt, kann versuchen, seine Gedanken durch Notizen zu ordnen.
 ?? FOTO: STUDIOLINE ?? Coach Ute Bölke
FOTO: STUDIOLINE Coach Ute Bölke

Newspapers in German

Newspapers from Germany