Der erste Pieks gegen Corona
Unter den ersten Personen im Landkreis: Jakob Schneider lässt sich impfen.
STUTTGART/TUTTLINGEN - Den ersten kurzen Pieks in den Oberarm mit dem Corona-Impfstoff des Mainzer Pharmaunternehmens Biontech hat der Nendinger Jakob Schneider bereits hinter sich. Damit ist der 89Jährige unter den ersten Personen aus dem Landkreis Tuttlingen, die sich gegen das Corona-Virus impfen ließen – für ihn ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk.
Unser Reporter, sein Enkel Simon Schneider, hat ihn Anfang Januar zu seiner ersten Impfung begleitet.
Zwischen den Jahren verfolgt der 89-jährige Jakob Schneider aufmerksam im Fernsehen den Start der Impfung gegen Covid-19 und erfährt von der Möglichkeit einer Terminvereinbarung im Internet. „Ich habe bereits vor Weihnachten nach der Zulassung des Biontech-Impfstoffs mit meinem Hausarzt Ulrich Kroczek aus Mühlheim gesprochen. Er hat mir die Corona-Impfung auf jeden Fall empfohlen“, erklärt Schneider. Und auch er selbst ist ein Impf-Fan. „Die Helden der Pandemie sind ganz klar die Mitarbeiter in den Pharmaunternehmen. Durch ihre entwickelten Impfstoffe haben wir die Möglichkeit bekommen, Stück für Stück die lang ersehnte Normalität zurückzubekommen. Und wenn ich dazu einen Beitrag leisten kann und ich obendrauf auch noch gegen Corona geschützt bin, muss ich nicht lange überlegen, ob ich mich impfen lasse“, betont Jakob Schneider mit Blick auf die Solidarität.
In Tuttlingen ist die Impfung erst ab 15. Januar möglich, für Schneider kommt deshalb nur das größere Impfzentrum in Stuttgart in Frage. Über die Website www.impfterminservice.de gibt Schneider, mit Hilfe seiner Familie, seine Mobilnummer ein und erhält einen sechsstelligen Code, mit dem er wiederum auf der Webseite zwei Verifizierungscodes per Mail für beide Impftermine erhält. Und den ersten bucht er direkt für Anfang Januar. „Die ganze Terminbuchung hat nur eine Minute in Anspruch genommen und war sehr einfach durchzuführen. Auch auf der
Webseite ist alles sehr gut und einfach erklärt“, resümiert Schneider auf der Fahrt nach Stuttgart.
Im Parkhaus angekommen, sind es nur wenige Meter bis zur Liederhalle, indem sich das zentrale Impfzentrum des Klinikums Stuttgart befindet. „Der Fußweg bis zum Eingang in die Halle ist sehr gut beschildert und für uns ältere Generationen sehr gut und barrierefrei zu erreichen“, urteilt der mit einer FFP2Maske ausgestattete Nendinger. Gleich am Eingang begrüßt ihn eine Mitarbeiterin und fordert ihn zur Händedesinfektion auf. Da er bereits zuhause den Aufklärungsbogen und das AnamneseFormular ausgefüllt und den Laufzettel inklusive QR-Code mit den hinterlegten Personalien ausgedruckt hat, geht vor Ort alles ganz schnell. Eine weitere Mitarbeiterin registriert eine Station weiter seine Daten mit Hilfe eines Scanners in Sekundenschnelle. Und auch sonst geht alles fix: Die Liederhalle ist für einen Massenansturm vorbereitet. Anfang Januar sind aber nur wenige Besucher dort. Vermutlich, weil noch nicht genug Impfstoff verfügbar ist – das könnte sich mit weiteren Lieferungen und weiteren ImpfstoffZulassungen in den nächsten Wochen schnell ändern.
Einen Impfpass hat Jakob Schneider nicht. Das stellt kein Problem dar. Er erhält dafür an der nächsten
Station das „Ersatzformular zur Dokumentation der durchgeführten Impfung“. Unweit davon entfernt wartet an einem Stehtisch ein Arzt für das Aufklärungsgespräch: „Ich habe mich bereits im Vorfeld bei meinem Hausarzt informiert und hatte somit keine weiteren Fragen“, sagt der Rentner. Deshalb geht es nach einem kurzen Gespräch mit dem dortigen Arzt auch schon zur wichtigsten Station – zur eigentlichen Corona-Impfung.
Lediglich vier Personen sind vor ihm an der Reihe. Wartezeit: drei Minuten. Dann ist Jakob Schneider dran. Erneut wird der QR-Code auf dem Laufzettel abgescannt, dann geht der Vorhang von Impfkabine Nummer eins auf und Impfarzt Toni Hospach ruft ihn hinein. Jetzt wird es für Jakob Schneider ernst. Er zieht den Ärmel seines T-Shirts hoch. Die Einstichstelle am linken Oberarm wird desinfiziert und ehe er an die Spritze und an den Pieks denkt, ist die Corona-Impfung auch schon wieder vorbei. Die Impfung selbst spürt er kaum. Außerdem: „Die Impfung ist sehr gut verträglich“, versichert Hospach mit Blick auf die Nebenwirkungen. Da auch keine Allergien bei dem Nendinger bekannt sind, darf Schneider direkt wieder aufstehen und gehen.
Mit der auf das Formular aufgeklebten Chargen-Nummer des gespritzten Impfstoffs und der Unterschrift
des Arztes verlässt Jakob Schneider die Impfkabine Richtung Ausgang. Zum Abschluss wird, natürlich, wieder der QR-Code auf seinem Laufzettel gescannt.
Die Gesamtdauer des Besuchs im Impfzentrum Stuttgart: zwölf Minuten. „Ich hätte nie gedacht, dass die gesamte Prozedur so schnell über die Bühne geht“, sagt Jakob Schneider auf dem Heimweg. „Das zentrale Impfzentrum ist sehr modern eingerichtet. Alles ist sehr leicht verständlich und überall ist Personal, das sehr hilfsbereit ist und meine Fragen beantworten konnte.“
Spätfolgen und schlimme Nebenwirkungen befürchtet er durch die Impfung nicht. „Ich halte die Anfahrt bis zur Impfung für viel gefährlicher als die Impfung oder den Impfstoff selbst“, findet Jakob Schneider und ergänzt: „Ich kann nur jeden dazu ermutigen, sich nach einem aufklärenden Gespräch mit dem Hausarzt impfen zu lassen. Mögliche Spätfolgen des Impfstoffs sind zwar noch unklar, aber die Spätfolgen nach einer Infektion mit Corona sind es ebenso“, meint Schneider.
Und er glaubt: „Viele werden es auf eine Konfrontation mit dem Virus ankommen lassen und auf ihr Immunsystem vertrauen. Ich tue dies in meinem Alter nicht mehr“, sagt uns Jakob Schneider abschließend, für den die erste Injektion des CoronaImpfstoffs ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk ist. Der Donauschwabe feiert am 11. Januar seinen 90. Geburtstag – und das durch die Pandemie gezwungen, ganz im Stil von Miss Sophie in der Fernsehproduktion „Dinner for One“.
„Ich habe mich bereits im Vorfeld bei meinem Hausarzt informiert“, erzählt Jakob Schneider, der als einer der ersten im Landkreis gegen Corona geimpft wurde.