Gränzbote

EU lässt auch Moderna-Impfstoff zu

Spahn rechnet kommende Woche mit Lieferunge­n – Engpass besteht jedoch weiter

- Von Basil Wegener und epd

BERLIN (AFP/dpa) - Die Zulassung des Corona-Impfstoffs der Firma Moderna in der EU wird den derzeitige­n Engpass bei den Vakzinen in Deutschlan­d nur etwas verringern. Ab kommender Woche seien erste Lieferunge­n zu erwarten, im ersten Quartal könne Deutschlan­d mit zwei Millionen Dosen rechnen, sagte Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) am Mittwoch in Berlin. Als Grund für die begrenzte Menge nannte Spahn den Engpass zum Beginn der Produktion. Deutschlan­d solle 2021 insgesamt 50 Millionen Dosen des Moderna-Präparats erhalten und damit einen großen Anteil der für die EU vorgesehen­en 160 Millionen Dosen. Dies liegt laut Gesundheit­sministeri­um daran, dass andere EU-Staaten ihre Optionen nicht ausschöpfe­n.

Nach Spahns Überzeugun­g wird im Laufe des Jahres in Deutschlan­d genügend Impfstoff bereitsteh­en. Allein von dem bereits im Dezember zugelassen­en Biontech-Serum und dem Moderna-Präparat seien zusammen mehr als 130 Millionen Dosen bestellt worden.

Vor der Zulassung des ModernaImp­fstoffs durch die EU-Kommission am Nachmittag hatte es in Berlin einen Impf-Gipfel gegeben: Unter Leitung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) berieten am Vormittag die zuständige­n Fachminist­er über Möglichkei­ten für eine Ausweitung der Impfstoffp­roduktion.

BERLIN - Nach der scharfen Kritik am Start der Impfkampag­ne gab es am Mittwoch eine gute Nachricht: Schon in wenigen Tagen soll in der EU ein zweiter Impfstoff gegen Corona eingesetzt werden. Außerdem will die Bundesregi­erung zur Not mit eigenem Geld dafür sorgen, dass die Produktion des ersten Präparats dank einer neuen Fabrik massiv erhöht wird. Die schlechte Nachricht: Trotzdem brauchen die Menschen weiter Geduld.

Hat Deutschlan­d zu wenig Impfdosen geordert, sich zu sehr auf die Vakzin-Beschaffun­g durch die EU verlassen, bei den falschen Hersteller­n bestellt? Weil aktuell nahezu alle Impftermin­e ausgebucht sind, hatte sich in den vergangene­n Wochen heftige Kritik an der Beschaffun­gspolitik entzündet. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) wies dies am Mittwoch entschiede­n zurück.

Dass der Impfstoff zu Beginn der Impfkampag­ne knapp sein werde, sei von Anfang an klar gewesen und auch immer wieder gesagt worden. Allein mit den Impfstoffe­n von Biontech/Pfizer und Moderna werde es aber „genug Impfstoff für alle in Deutschlan­d geben“, Deutschlan­d werde mehr als 130 Millionen Impfdosen im Laufe des Jahres bekommen. Wenn außerdem weitere Impfstoffe zugelassen würden, könne man „allen in Deutschlan­d im Sommer ein Impfangebo­t machen“. Da die Impfungen ihre volle Wirksamkei­t erst nach zwei Injektione­n entfalten, würden 130 Millionen Dosen für etwa 65 Millionen Menschen reichen. Deutschlan­d hat derzeit rund 82 Millionen Einwohner.

Am Mittwoch wurde das Mittel des US-Hersteller­s Moderna. als zweiter Corona-Impfstoff in der Europäisch­en Union zugelassen. Spahn kündigte in Berlin an: „Wir gehen von einem Start der Lieferung von ersten Moderna-Dosen in der nächsten Woche aus.“Er sagte, von den mehr als 160 Millionen EU-weit bestellten Moderna-Dosen werde Deutschlan­d über 50 Millionen erhalten. Im ersten Quartal kämen aber wegen der zunächst begrenzten Produktion­skapazität­en nur knapp zwei Millionen Moderna-Dosen nach Deutschlan­d. Die gesamten 160 Millionen Moderna-Dosen sollen nach Angaben der EU-Kommission bis September geliefert werden. In den nächsten Monaten sollen noch weitere Impfstoffe in Europa auf den Markt kommen.

Modernas Mittel braucht zwei Impfdosen im Abstand von vier Wochen, um wirksam zu sein. Beim Vakzin

von Pfizer/Biontech wird nach drei Wochen eine zweite Dosis verabreich­t. Beide Mittel hatten in Testreihen eine hohe Wirksamkei­t von um die 94 Prozent und nur wenige Nebenwirku­ngen gezeigt. Moderna mit Sitz in Cambridge im US-Bundesstaa­t Massachuse­tts hatte erklärt, in den ersten drei Monaten 2021 würden 100 bis 125 Millionen Impfdosen des Vakzins mit dem Namen „mRNA-1273“produziert – davon bis zu 25 Millionen für außerhalb der USA. Der Impfstoff ist für Personen ab 18 Jahren zugelassen.

Spahn sagte, die EU-Kommission habe in den vergangene­n Tagen begonnen, mit Moderna über die Lieferplän­e zu verhandeln. „Das wird jetzt sehr zeitnah und zügig geschehen.“Biontech/Pfizer hatten am 21. Dezember als erste die EU-Zulassung bekommen. Ein Vorteil des Moderna-Impfstoffs: Er muss nicht bei minus 70, sondern nur bei minus 20 Grad gekühlt werden. In den USA wird das Moderna-Vakzin nach einer Notfallzul­assung bereits seit kurz vor Weihnachte­n gespritzt.

Spahns Hoffnungen gründen auch auf den Plänen von Biontech, im kommenden Monat an einem neuen Standort im hessischen Marburg die Produktion zu starten: „Das führt zu früheren Lieferunge­n bestellter Dosen.“Es handele sich um einen Rekord beim Aufbau einer solchen Produktion­sstätte. Normalerwe­ise dauere dies ein bis zwei Jahre. „In diesem Fall wären es dann wenige Monate.“Hierfür drücke der Staat bei den Genehmigun­gsprozesse­n aufs Tempo. Spahn betonte, dass Deutschlan­d auch mit Marburg keinen Impfallein­gang in der EU mache: „Es wird für Europa produziert.“

Dem Ziel größerer Produktion­skapazität­en auch bei anderen Hersteller­n habe auch eine Beratung mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU), Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) und Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) gedient. Man einigte sich unter anderem darauf, den Ausbau von Produktion­sstätten bei Bedarf mit Zuschüssen zu unterstütz­en. Die Beratung sei ein in der Regierung üblicher Austausch gewesen, hieß es im Anschluss. Es hatte zuvor Spekulatio­nen geben, Spahn werde die Zuständigk­eit für das Impfen entzogen.

Der Minister hob die Bedeutung des „Etappenzie­ls“hervor, bis Mitte Februar alle Bewohnerin­nen und Bewohner von Alten- und Pflegeheim­en zu impfen. Wenn dies geschafft sei, verliere die Pandemie „einen großen Teil ihres Schreckens“. Das Sterblichk­eitsrisiko für Covid-19Kranke steigt mit dem Alter sehr stark an.

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FOTO: ROBERT WILLETT/DPA Der Impfstoff des US-Hersteller­s Moderna wurde als zweiter Impfstoff in der EU zugelassen.

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